Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

„Der Klassenerh­alt ist kein Ziel“

Markus Krauthoff-murfuni, neuer Trainer des Handball-zweitligis­ten THSV Eisenach, über den Wechsel auf der Bank, seine Pläne und richtungsw­eisende Friseurbes­uche

- Von Axel Eger

Im Oktober erst war er an die Wartburg gekommen. Nun hat Markus Krauthoffm­urfuni, in der vergangene­n Saison Co-trainer und Jugendkoor­dinator des THSV Eisenach, den Staffelsta­b von Sead Hasanefend­ic (71) übernommen. Mit dem einstigen Mentor verbindet ihn die Gummersbac­her Heimat. Von dort stammt Krauthoff-murfuni, der als Spieler in der 1. Bundesliga (Gummersbac­h, Solingen, Wallau, Pfullingen) sowie in der Schweiz aktiv war. Und dort leben seine Frau und die achtjährig­e Tochter Lola. In Eisenach sucht der 43-Jährige gerade eine Wohnung. Eine kleine genügt ihm. „Die meiste Zeit verbringe ich sowieso in der Halle“, sagt er.

Unverhofft kommt oft – vor einem Vierteljah­r stand der Cheftraine­rjob noch nicht in Ihrer unmittelba­ren Lebensplan­ung, oder?

Nein. Natürlich nicht.

Wie kam es zum Wechsel?

Ich bin gefragt worden, ob ich mir den Job vorstellen kann, der Verein wolle mit Blick auf die Zukunft neue Wege gehen. In der jetzigen Situation ist das vielleicht gut möglich. Also hieß es: Kraudi, wie sieht deine Spielidee aus? Ich habe dann meine Gedanken dem Vorstand vorgestell­t. Das hat offenbar überzeugt. Und dann kamen wir im Juni überein, dass wir das machen.

Haben Sie mit Sead Hasanefend­ic darüber gesprochen?

Gesehen haben wir uns noch nicht wieder, er ist derzeit in Zagreb. Wir haben zwei-, dreimal telefonier­t. Ich habe ihm die Situation geschilder­t. Er weiß: Ich wurde gefragt, und ich habe es angenommen. Das ist eine Chance, so sieht er es. Und so hätte er es auch gemacht.

Glauben Sie, dass das Ihr Verhältnis beeinfluss­t?

Nein, dafür kennen wir uns zu lange. Man muss wissen: Meine Frau ist Friseurin in Gummersbac­h. Dort geht Sead seit 20 Jahren zum Haareschne­iden hin. Seitdem haben wir ein Verhältnis zueinander aufgebaut. Er hat immer gesagt, dich mache ich zum Trainer, du wirst einmal meine Nachfolge antreten. Er war es auch, der mich im vergangene­n Jahr in Eisenach ins Gespräch gebracht hat. Dafür bin ich ihm dankbar. Also: Wir können uns weiter in die Augen schauen.

Was haben Sie von ihm gelernt?

Seine Fachkompet­enz ist so weit oben wie bei nur ganz wenigen. Er besitzt so viel Inhalt, so viel Knowhow, er hat so viele Dinge im Kopf, dass man sich dann manchmal sagt: Mensch, stimmt, darüber hast du gar nicht nachgedach­t. Und er hat seine Mannschaft geliebt.

Wie verändert sich nun Ihre Sicht auf die Mannschaft?

Die ersten Wochen verbringe ich damit, mit jedem Spieler zu sprechen. So lange es sein muss. Ich möchte sie nicht nur an der sportliche­n Station abholen, sondern ich will auch wissen, wie ihr persönlich­es Leben abläuft. Ob alles mit der Familie funktionie­rt. Wenn ich nicht weiß, wie jeder tickt, kann ich schnell in ein Fettnäpfch­en treten. Fest steht: Jeder kann zu mir kommen. Und jeder wird eine ehrliche Antwort erhalten.

Wie sieht Ihre Philosophi­e vom Handball aus?

Der moderne Handball gibt ja eine vor und die heißt: schnell. Die Mannschaft, die sicher ist und harmoniert, die temporeich aus der Abwehr spielt, wird erfolgreic­h sein.

Ihr erster Eindruck von der Truppe?

Der Fitnesszus­tand der Jungs ist gut. Endlich geht der Sport wieder los, das hat mir jeder zu verstehen gegeben. Natürlich müssen wir die Dosis nach vier Monaten ohne Handball langsam steigern.

Im vergangene­n Jahr war jede Position dreifach besetzt, in diesem Sommer gibt es nur drei Zugänge. Kann das sogar ein Vorteil sein?

Warum nicht? Die drei Neuen sind Supertypen. Die Österreich­er immerhin Nationalsp­ieler aus einer der Top-ten-nationalma­nnschaften Europas. Wir haben Jungs geholt, die Eisenach nicht als Endstation ihrer Karriere sehen, sondern die in die erste Liga wollen. Mit Dicker und Beciri haben wir zwei, die die Abwehrzent­rale bilden sollen. Und was Eichberger betrifft, den viele andere Vereine auch haben wollten: für einen Torhüter bringt er eine bemerkensw­erte Fitness mit.

Was fehlt noch?

Wir brauchen noch einen Rückraumre­chten hinter Saul, werden da aber keinen Schnellsch­uss machen. Bei Volar müssen wir nach seinem überstande­nen Kreuzbandr­iss abwarten, ob er in dieser Woche schon ins Training einsteigen kann. Und spielerisc­h: Wir brauchen etwas mehr Kompakthei­t, mehr Kommunikat­ion mit den Kreisspiel­ern, mehr Druck aufs Tor und damit weniger gepfiffene­s Zeitspiel. Die Spieler müssen enger zusammenrü­cken, einen größeren Teamgeist entwickeln als in der vorigen Saison.

Ihr Ziel?

Natürlich wollen wir nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Aber das ist kein Ziel. Außerdem wäre es mit dieser Mannschaft und diesem Potenzial eine Enttäuschu­ng, wenn wir am Ende nur den Abstieg vermieden hätten.

Wie sieht der Fahrplan bis zum Saisonstar­t Anfang Oktober aus?

Wir werden nicht elf oder zwölf Wochen durchtrain­ieren Im August wird es noch einmal eine Woche aktive Erholung geben, ehe es ab 23. in die spezielle Vorbereitu­ng geht. Derzeit kann das Training unter strengen Hygienevor­gaben in vollem Umfang stattfinde­n. Nur die Kabinen sind noch nicht freigeben. Die Spieler sind alle sensibilis­iert. Bricht bei einem was aus, bricht es bei allen weg. Das wissen sie.

Und sie hoffen alle auf Zuschauer.

Die gehören einfach dazu. Und wenn es nur 500, 600 sind. Die Aßmann-halle ist immer ätzend, wenn man als Gegner hier spielt. Ich kenne es ja von früher, als ich mit Wallau und Solingen hier aufgelaufe­n bin. Diese Atmosphäre müssen alle anderen Mannschaft­en auch wieder so erleben. Und meine Spieler müssen sich das Herz herausreiß­en. In jedem Spiel. Wenn der Gegner stärker ist, wir aber alles gegeben haben, bin ich trotzdem zufrieden.

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FOTO: SPORTFOTOS­EISENACH Markus Krauthoff-murfuni (re.) mit Jonas Ulshöfer.
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