Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Kostenfrage bei Kali unklar
Regierung berät Änderungsgesetz. K+s-konzern will Lauge in Altgrube lagern
Die Thüringer Landesregierung will eine erneute Änderung des Kali-staatsvertrags mit Hessen auf den Weg bringen. Dafür soll am Dienstag ein entsprechendes Änderungsgesetz beschlossen und danach in den Landtag eingebracht werden. Bereits vergangenen Donnerstag hatten die Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) und Bodo Ramelow (Linke) für Hessen und Thüringen die Änderung zum Staatsvertrag unterzeichnet.
Der Kalikonzern K+S stellte den entsprechenden Antrag im Mai, weil das Unternehmen künftig aufbereitete Salzlauge im Südwestfeld der Grube Springen in Thüringen einlagern möchte. Ende 2021 läuft für den Konzern die Genehmigung zum unterirdischen Verpressen von Kali-produktionsrückständen aus.
Eine mögliche Alternative dazu ist das Einlagern der aufbereiteten Lauge in der Ddr-altgrube. Dafür soll eine rund 200 Meter breite Sicherheitstrennwand zwischen den Kali-gruben Wintershall in Hessen und Springen für zwei Rohrleitungen mit jeweils 30 Zentimetern Durchmesser durchbohrt werden. Das ist nur mit Zustimmung beider Länder möglich. Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) befürwortet den Plan von K+S und empfiehlt dem Landtag die Annahme des Änderungsgesetzes. Mit der künftig geplanten Technologie
sei es möglich, die Versalzung der Werra deutlich zu reduzieren und das Verpressen von Kalilauge ganz einzustellen, argumentiert sie. Das ermögliche im Kalirevier zudem den Erhalt von Arbeitsplätzen. Thüringen geht derzeit davon aus, dass K+S die Kosten für das „Einstapeln“der hochkonzentrierten Lauge in der Grube Springen übernimmt.
Aus Sicht der Umweltministerin werden dabei Produktionsrückstände entsorgt. Der Kali-konzern dagegen führt nach eigenen Angaben Gespräche mit Thüringen, um eine „faire Kostenaufteilung“zu erreichen. Für dieses Projekt ist die Rede von Summen zwischen 500 und 600 Millionen Euro.
Der hessische Düngemittelhersteller K+S will zwei Löcher mit einem Durchmesser von jeweils 50 Zentimetern in eine 200 Meter dicke Trennwand zwischen den Kaligruben Winterhall (Hessen) und Springen (Thüringen) bohren.
Nadelstiche, sagt Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne). Doch diese gut 30 Kilometer lange Trennwand darf nicht ohne Zustimmung der Länder Hessen und Thüringen durchlöchert werden.
Der Kalikonzern K+S benötige die beiden Bohrungen für zwei Rohrleitungen, zur „ortsnahen und umweltverträglichen Entsorgung konzentrierter Salzlösung aus der Kali-produktion“, erklärte ein Unternehmenssprecher am Montag dieser Zeitung. Damit könne ein wichtiger Schritt zur Entlastung der Werra geleistet und für den Kalibergbau verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Denn für K+S läuft die Genehmigung zum unterirdischen Verpressen flüssiger Produktionsrückstände Ende kommenden Jahres aus. Zudem drängen die Anrainerländer von Werra und Weser darauf, ab 2022 das Einleiten von Fabrikabwässern stufenweise zu reduzieren, bis es ab 2028 gänzlich verboten ist. Ministerin Siegesmund sieht in diesem „Masterplan Salz“der Flussgemeinschaft Weser auch einen Erfolg Thüringer Umweltpolitik.
Sie unterstützt deshalb den Antrag des Kali-konzerns auf Änderung des Staatsvertrags, damit unter Tage die beiden Rohrleitungen verlegt werden können. Aus ihrer Sicht ist das von K+S beantragte „Einstapeln“der zähflüssigen Salzlösung aber reine Entsorgung von Industrierückständen, weshalb Thüringen daraus keine Kosten entstehen dürfen. Nichts anderes habe K+S beantragt, betont die Ministerin. Der K+s-konzern spricht von einem „ersten Schritt“, für den ein Betriebsplan zum „Einstapeln“im Südwestfeld der Grube Springen zur Genehmigung eingereicht wurde. Vorerst wird bis 2025 geplant, dann sollen diese Arbeiten abgeschlossen sein.
Im Detail unterscheiden sich allerdings die Sichtweisen von Anja Siegesmund und K+S. Der Kaliproduzent spricht von einer Winwin-situation für das Unternehmen und den Freistaat. Mit der Einlagerung würden zwei Ziele verfolgt: „Die dauerhafte Entsorgung von Salzlösungen aus der Kaliproduktion“, wie der Unternehmenssprecher betont. Aber auch „die Sanierung von Altlasten aus Ddr-zeiten“.
Letzteres ist finanziell gesehen ein heißes Thema. Während für die Entsorgung der Kali-konzern aufkommen müsste, könnte bei den Sanierungskosten Thüringen mit im Boot sitzen. Derzeit würden Gespräche mit dem Land geführt, bei denen es auch um eine faire Kostenteilung gehe, heißt es bei K+S. „Nach Abschluss der Einstapelung werden die Altlasten saniert sein, so dass darüber hinaus Thüringen keine Ewigkeitskosten entstehen."
Genaue Angaben zu den Kosten für das Projekt liegen derzeit nicht vor. Allerdings ist immer wieder die Rede von geschätzten 500 bis 600 Millionen Euro. K+S betont, keine Angaben dazu machen zu können, weil die Planung der technischen Details noch nicht abgeschlossen sei.
Der Kalikonzern errichtete bereits 2018 am Standort im hessischen Hattorf eine sogenannte Kkf-anlage, um konzentrierte
Salzlauge aus den Kaliabwässern zu gewinnen. Für das anstehende Projekt in der Grube Springen käme noch eine zweite Anlage hinzu, um die Lauge mit konzentrierter Magnesiumchlorid-lösung zu sättigen.
Der Zeitplan der Thüringer Landesregierung für das Genehmigungsverfahren ist ambitioniert. Nach der Kabinettszustimmung am Dienstag soll der Landtag, wenn möglich, noch in diesem Jahr ebenfalls die Änderung des Kali-staatsvertrages billigen. Anja Siegesmund ist bewusst, dass sich im kommenden Frühjahr das Parlament in Selbstauflösung befinden könnte, falls Rot-rot-grün und CDU wie vereinbart Neuwahlen ermöglichen.
Parallel dazu muss das Genehmigungsverfahren vorangetrieben werden. Wichtig dafür sind unter anderem Gutachten, ob das geplante Vorhaben auch sicher ist und beispielsweise nicht die Stabilität der alten Grube gefährdet. Spätestens Anfang des dritten Quartals 2021 müssten alle Genehmigungen vorliegen, um grünes Licht zu geben. Denn das „Einstapeln“der Lauge in die Grube Springen soll am 1. Januar 2022 beginnen.
Doch neben Kosten und Sicherheit gibt es noch einen weiteren Aspekt, den die Landesregierung im Blick behalten muss. Befürwortet wird das Verfahren immer auch mit dem Verweis auf die Arbeitsplätze im Kalirevier.
Rund 4400 Arbeitsplätze sind es auf Thüringer Seite. Allerdings fallen spätestens 2032 rund 800 davon weg, weil der Betrieb in Unterbreizbach geschlossen werden soll. Eine verbindliche Zusage zum Erhalt von Arbeitsplätzen als Gegenleistung für die Änderung des Kalistaatsvertrags gebe es seitens des Düngemittelherstellers aber nicht, räumte am Montag das Umweltministerium ein.