Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Hat Trump seine Verspreche­n gehalten?

Es fällt viel Schatten auf die Bilanz des Us-präsidente­n nach vier Jahren – aber es gibt auch Lichtblick­e

- Von Dirk Hautkapp

Vier Jahre Donald Trump sind bald um. Hat der amerikanis­che Präsident, der sich heute gegen seinen Herausford­erer Joe Biden zur Wiederwahl stellt, seine Verspreche­n gehalten? Die Bilanz fällt gemischt aus: einige Lichtstrah­len, aber auch viel Schatten.

Trump hat die Zunahme der Arbeitsplä­tze aus den acht Obama-jahren (2008 bis 2016) geerbt und das Wachstum durch eine radikale Steuerrefo­rm und massenhaft­e Deregulier­ung beschleuni­gt. Ihm gelangen verbessert­e Handelsabk­ommen mit den Nachbarn Kanada und Mexiko sowie Südkorea und Japan. Bis Frühjahr 2020 gab es Rekordbesc­häftigung. Die Arbeitslos­enquote fiel mit 3,5 Prozent auf den tiefsten Stand seit 50 Jahren. Auch für einfache Arbeit wurden höhere Löhne gezahlt. Die Zahl der Empfänger von Lebensmitt­elmarken sank bis 2018 um rund sechs Millionen. An der Börse kletterte der Aktieninde­x Dow Jones bis Februar auf Rekordhöhe­n um 30.000 Punkte. Dann kam das neue Coronaviru­s. Fast alle ökonomisch­en Errungensc­haften wurden ausradiert.

Trump versprach, die Bundesgeri­chte mit konservati­ven Juristen aufzustock­en, um die aus Sicht seiner Kernwähler zu liberal geprägte Rechtsprec­hung ideologisc­h neu zu sortieren. Er hat geliefert. Fast 220 neue Richter in unteren Instanzen sowie drei Supreme-court-richter am höchsten Gericht stehen für eine herausrage­nde Bilanz, die noch Jahrzehnte wirken wird.

Gegen Widerständ­e im Kongress hat Trump die Finanzieru­ng des Baus von Zäunen an der Grenze zu Mexiko durchgeset­zt. Bisher sind circa 700 Kilometer Grenzzaun ersetzt worden, knapp 40 Kilometer sind nach Angaben des Heimatschu­tzminister­iums tatsächlic­h neu. Dadurch sollen illegale Einwanderu­ng und Drogenhand­el eingedämmt werden. Anders als von Trump behauptet, zahlt nicht Mexiko für das milliarden­schwere Projekt – sondern der Us-steuerzahl­er. Durch Abkommen mit Ländern wie Honduras, Guatemala und El Salvador wurde die Zahl der illegalen Einwandere­r um über 70 Prozent gesenkt.

Trump hat keine neuen Kriege angefangen. Angekündig­t e Truppenabz­üge wurden zum Teil durchgeset­zt. Zudem hat er Bewegung in den starren Nahost-konflikt gebracht. Unter Ausblenden der Belange der Palästinen­ser wurden diplomatis­che Beziehunge­n zwischen Israel und mehreren arabischen Ländern (Vereinigte Arabische Emirate, Bahrain) angebahnt. Trump ließ mit dem Chef des „Islamische­n Staats“, Abu Bakr al-bagdadi, und General Qassem Soleimani, dem Chef der Revolution­sgarden des Iran, zwei von den USA als Terroriste­n eingestuft­e Extremiste­n töten.

Trump hat die Corona-epidemie verharmlos­t, durch Missmanage­ment verschlimm­ert und so nach Ansicht von Seuchenexp­erten

zum Tod von bisher 230.000 Menschen beigetrage­n. Der Präsident hat Ratschläge seiner Experten (etwa den Maskenschu­tz) konterkari­ert, unsichere Heilmethod­en beworben und Strategien torpediert, die früh eine Ausbreitun­g des Erregers hätten eindämmen können. Der von ihm noch vor der Wahl avisierte Impfstoff bleibt aus. Die Infektions­zahlen steigen seit Wochen an – zuletzt auf 100.000 am Tag. Epidemiolo­gen befürchten bis Februar weitere 100.000 Tote. Amerikas Wirtschaft erholt sich nur schleppend. Zwölf Millionen Arbeitslos­e und Hunderttau­sende Familien, die auf Essensspen­den angewiesen sind, warten auf ein Hilfspaket der Regierung.

Das Außenhande­lsdefizit ist schon vor Corona gestiegen, nicht wie versproche­n gesunken.

Beschäftig­ung und Produktion in der Stahl-, Aluminium-, Kohle- und Auto-industrie sind nicht durch Rückholung von Firmen aus dem Ausland substanzie­ll gewachsen. Trumps Ankündigun­g, die Wirtschaft jährlich um bis zu sechs Prozent wachsen zu lassen, blieb unerfüllt. 2019, vor Corona, stieg das BIP um 2,3 Prozent. Die Staatsvers­chuldung wuchs in seiner Amtszeit auf 27 Billionen Dollar, mehr als große Industries­taaten wie China, Deutschlan­d und Japan zusammenge­rechnet im Jahr erwirtscha­ften. Die Steuerrefo­rm führte nicht dazu, dass Us-firmen mehr Arbeitsplä­tze schaffen. Viele Konzerne kauften lieber eigene Aktien zurück.

Durch massives Drängen und Drohen hat der Präsident wie versproche­n etliche Mitglieder der Nato zu höheren Ausgaben (rund 130 Milliarden Dollar) für das westliche Verteidigu­ngsbündnis gebracht, darunter auch Deutschlan­d. Allerdings ist das Verhältnis zu den Bündnispar­tnern extrem erschütter­t.

Durch zwei Begegnunge­n mit Diktator Kim Yong-un weckte Trump die Erwartung auf eine Annäherung mit Nordkorea. Pjöngjang will aber nicht auf Atomwaffen verzichten. Trump hat den Atomdeal mit Teheran einseitig aufgekündi­gt und das Mullah-regime mit massiven Sanktionen belegt. Gestärkt wurden religiöse Hardliner. Trotz des Mordes an dem Us-journalist­en Jamal Khashoggi stärkte Trump seine Verbindung zu dem autokratis­chen Führer Saudi-arabiens, Kronprinz Mohammed bin Salman. Obwohl Trump gegenüber Präsident Wladimir Putin Schmusekur­s fährt, ist die Beziehung zu Russland gestört. Abrüstungs­verträge sind gekündigt oder auf Eis gelegt. Moskau mischt sich weiter in Us-wahlen ein. Das Verhältnis zu China ist durch Trumps Kampf mit der Strafzollk­eule beschädigt. Den Löwenantei­l der Kosten für den von ihm mit Peking angezettel­ten Wirtschaft­skrieg trägt der Us-steuerzahl­er durch höhere Verbrauche­rpreise.

Innenpolit­ik:

Innenpolit­isch hat Trump eine Vielzahl von Skandalen verursacht. Russland-affäre, Ukraine-affäre, Amtsentheb­ungsverfah­ren lauten die Stichworte. Verständni­svolle Aussagen über Neonazis (Charlottes­ville), Schweigege­ldzahlunge­n an einen Pornostar (Stormy Daniels) und dubiose Finanzverh­ältnisse (Steuererkl­ärung) haben zusammen mit über 22.000 dokumentie­rten Falschauss­agen und Lügen immer wieder für Negativsch­lagzeilen gesorgt.

Unter Trump ist die Zerrissenh­eit der USA extrem vorangesch­ritten. Es gibt mehr Gewalt, mehr Hassverbre­chen, mehr Polarisier­ung. Auch weil der Präsident die Rolle des Brückenbau­ers und Versöhners nie einnehmen wollte.

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