Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Hauptamt für Feuerwehr
Bachelorarbeit zeigt Managementlösungen auf
Wie lässt sich ermitteln, ab wann hauptamtliche Kräfte für eine Freiwillige Feuerwehr notwendig sind? Franz Bierschenk, der gerade in Gera seinen Vorbereitungsdienst als Brandoberinspektoranwärter
absolviert, hat dazu eine Möglichkeit entwickelt im Rahmen seiner Bachelorarbeit. Die zeigt binnen Minuten auf, wie viele Stellen notwendig sind, um Feuerwehrarbeit zu managen.
30.000 Einwohner bedeuten für die Gemeinden in Thüringen eine Schwelle. Denn sie erreichen mit dieser Anzahl an Einwohnern den Wert, der dazu verpflichtet, „hauptamtliche feuerwehrtechnische Bedienstete“einzustellen – mindestens in Staffelstärke, heißt es dazu in der Thüringer Feuerwehr-organisationsverordnung. Das bedeutet: Sechs Feuerwehrleute müssen ständig verfügbar sein, dafür sind etwa 30 Stellen nötig.
Franz Bierschenk (25) sieht diesen Wert kritisch. „Die Sprung ist zu krass, damit ihn die Kommunen ohne Probleme bewältigen können“, sagt der Brandoberinspektor-anwärter, der nach seinem Studium in Magdeburg nun bei der Berufsfeuerwehr in Gera in den gehobenen Dienst bei der Feuerwehr einsteigt und gerade seinen zweijährigen Vorbereitungsdienst absolviert.
Bierschenk hat sich in seiner Bachelorarbeit der Frage gewidmet, wie insbesondere im Bereich der freiwilligen Feuerwehren die Pflichtaufgabe des Brandschutzes besser zu managen ist. Er plädiert dafür, dass viel mehr hauptamtliche Kräfte bei den Feuerwehren eingesetzt werden müssen, auch dort, wo es keine Berufsfeuerwehren gibt. Die sind in Thüringen bei Kommunen ab 100.000 Einwohnern vorgeschrieben, es gibt aber auch kleinere Städte, die freiwillig Berufsfeuerwehren aufgestellt haben. „Brandschutz ist für dauerhaft improvisierte Lösungen aber nach wie vor nicht die richtige Spielwiese“, sagt er.
Oft fehlt das Wissen darüber, wie groß der Aufwand tatsächlich ist
Zu oft sind die Aufgaben, die bei der Feuerwehr anfallen, zu umfangreich, als dass diese von einem oder mehreren Ehrenamtlichen allein in der Freizeit erledigt werden können. Eine Hilfskonstruktion kann dann sein, dass der Feuerwehrchef bei der Kommune angestellt ist.
Vielfach fehlt aber schlicht das Wissen darüber, wie groß der Aufwand für das Ehrenamt tatsächlich ist und ab wann sich eine hauptamtliche Einstellung nicht nur lohnt, sondern zwingend notwendig wäre. Bierschenk, der selbst seit 2010 Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Heiligenstadt in seiner eichsfeldischen Heimat ist, hat deshalb im Rahmen seiner Arbeit ein Programm entwickelt, mit dem diese Stellenbemessungen anhand einfacher Kennzahlen erfolgen können.
Ein Beispiel: Für die Wartung von Atemschutzgeräten gelten bestimmte Intervalle. Nimmt man die Anzahl der vorhandenen Geräte und trägt sie in das Formular ein, dann wird berechnet, wie groß der Personalaufwand auf das Jahr gesehen ist, um dieser Aufgabe nachzukommen.
Der Vorteil sei, sagt Bierschenk, dass die Kennzahlen individuell auf die Freiwilligen Feuerwehren angepasst werden können. Da die Prüfund Wartungsvorschriften aber bundesweit einheitlich sind, lassen sich die allermeisten Werte auf Thüringen
gut übertragen. Mit nahezu 30.000 Einsatzkräften machen die Freiwilligen den Löwenanteil der Feuerwehrleute in Thüringen aus.
Mit Blick auf die Einwohnerzahlen hat der Eichsfelder schnell festgestellt, dass es schon ab einer Gemeindegröße von 5000 Bewohnern kritisch wird, die anfallenden Aufgaben ausschließlich ehrenamtlich zu erledigen.
Spätestens bei einer Kleinstadt mit etwa 15.000 Einwohnern wäre seiner Ansicht nach der Punkt erreicht, an dem hauptamtliches Personal zwingend vorgeschrieben sein sollte – zum Beispiel in Form von Gerätewarten und Sachbearbeitern. Da die bisher tagsüber aber nicht zu Einsätzen mit ausrücken können, wäre aus seiner Sicht hier eine Änderung der geltenden Regelungen notwendig.
Ein weiterer Ansatz, um das Problem zu lösen: „Der Feuerwehrleiter könnte ab einer bestimmten Einwohnerschwelle eine Art Wahlbeamter
für die Kommune sein.“Dieser würde dann von den Mitgliedern der Feuerwehr bestimmt und für diese Zeit von seinem eigentlichen Beruf freigestellt.
Verwaltungsfachangestellte mehr für Brandschutz sensibilisieren
Daneben hofft Bierschenk, dass die Ausbildung der Verwaltungsfachangestellten in Thüringen mit Blick auf den Brandschutz verbessert wird. Auch das war Teil der Arbeit. „Die Sensibilisierung für das Thema Brandschutz ist wichtig, damit später an den anderen Schnittstellen in der Verwaltung die Kolleginnen und Kollegen das auf dem Schirm haben“, sagt er.
Ein Beispiel: Es könne, so Bierschenk, von Vorteil sein, wenn in einer Kommune ein Baugebiet geplant werde und dabei die Löschwasserversorgung direkt mitgedacht wird.
Dass die Einstellung von mehr hauptamtlichen Feuerwehrkräften
Geld kostet, ist kein Geheimnis. „Für die Pflichtaufgaben müssen die Kommunen entsprechend ausgestattet werden“, sagt der Eichsfelder. Da sei es von Vorteil, dass der Kommunale Finanzausgleich ohnehin gerade reformiert werde.
Kleineren Feuerwehren, die ihre eigene Organisationsstruktur nicht so einfach überprüfen können, stellt er sein Programm kostenfrei zur Verfügung. „Es geht auch darum, das gegenseitige Verständnis zwischen Verwaltung und Feuerwehr zu stärken“, sagt Bierschenk. Seine Erfahrung sei, dass kleinere Feuerwehren die Probleme größer einschätzen als große Feuerwehren. Das Ergebnis einer Umfrage im Rahmen seiner Arbeit stützt diese These. 131 Wehrleitungen aus ganz Thüringen haben sich daran beteiligt.