Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Junge Lehrer schlagen Alarm
Eine Umfrage zeigt: Besonders Pädagogen, die selbst Kinder haben, belastet die Corona-krise sehr
Von einer aktuellen Umfrage unter fast Thüringer 400 Lehrern und Lehramtsanwärtern geht aus Sicht des Jungen Thüringer Lehrerverbandes (TLV) ein Alarmsignal an das Bildungsministerium aus. Denn in der nicht repräsentativen Befragung rund um die pandemiebedingte Mehrfachbelastung von jungen Pädagogen mit Kindern gab jeder zweite Teilnehmer an, dass er sich nicht vorstellen könne, seinen Beruf bis zur Rente auszuüben.
Die monatelange Mehrfachbelastung habe längst ihre Spuren hinterlassen, betont Gymnasiallehrerin Jessica Aniol, selbst zweifache Mutter: Die Hälfte der Befragten – 85
Prozent davon sind Frauen – leide inzwischen an körperlichen Symptomen wie Müdigkeit, Erschöpfung sowie Kopfschmerzen, knapp die Hälfte an seelischen Folgen wie Ängsten, Schlafstörungen und Depressionen. Der „Junge TLV“sei sich zwar darüber im Klaren, dass sehr viele berufstätige Eltern in der Pandemie den Spagat zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung bewältigten. Bei Lehrern aber sei hinzugekommen, dass sie neben der Betreuung der eigenen Kinder, für die sie oft keine Notbetreuung in Anspruch nehmen konnten, und dem Onlineunterricht auch noch Präsenzzeiten in der Schule absichern mussten. Dazu gesellten sich Zusatzaufgaben wie die Betreuung von Lehramtsanwärtern und Quereinsteigern, Elterngespräche und das Schreiben von Zeugnissen.
Doch der Arbeitgeber habe das nicht berücksichtigt. „Wo ist denn die Fürsorgepflicht des Ministeriums für sein Lehrpersonal“, fragt daher Aniol – und kommt zu dem Schluss: „Alle diese gesundheitlichen Störungen zeigen: Schule macht krank. Das ist ein Drama.“
Grundschullehrerin Laura Kraft ergänzt, dass von den Befragten, von denen 84 Prozent Kinder im Alter von bis zu 12 Jahren haben, die Hälfte bei Stufe Rot ihre Arbeit nicht zwischen 7 und 20 Uhr geschafft habe. 89 Prozent der Befragten hätten deshalb auch außerhalb dieses Zeitraums sowie samstags und sonntags arbeiten müssen, um das Pensum überhaupt zu schaffen. Dazu sei eine Kommunikationskultur des Ministeriums gekommen, die die Lehrerschaft zermürbt habe:
Um die sich abzeichnende „Katastrophe“des frühzeitigen Verlusts von Lehrpersonal noch abwenden zu können, fordert der „Junge TLV“deshalb vor allem eine bessere technische Ausstattung, bessere Arbeitszeit-modelle, Flexibilität und Entlastung und vor allem multiprofessionelle Unterstützung der Lehrerschaft.
An der Umfrage in der Zeit vom 26. März bis 1. April 2021 hatten sich 396 Lehrer und Lehramtsanwärter beteiligt, zwei Drittel davon sind jünger als 40.