Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Um 0.00 Uhr beginnt die Freiheit
In der Nacht zum Sonntag tritt die Corona-verordnung für vollständig Geimpfte und Genesene in Kraft. Am Anfang gilt sie für knapp zehn Millionen Bürger
Berlin.
Ein Frühstück mit zehn Freunden? Ein Picknick mit der Großfamilie? Eine Wanderung durch die laue Mainacht? Ab Sonntag ist das für alle Geimpften auch in Regionen mit hohen Inzidenzen wieder möglich. Nachdem auch der Bundesrat am Freitag zugestimmt hat, können Immunisierte jetzt wieder deutlich mehr Freiheiten genießen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Ab wann gelten die Regeln – und für wen genau?
Die neue Verordnung tritt um 0.00 Uhr am Sonntagmorgen in Kraft. Das heißt: Dort, wo aktuell eine strikte Ausgangssperre ab 24 Uhr herrscht, können Geimpfte und Genesene am Wochenende auch noch nach Mitternacht ohne triftigen Grund (auch zu mehreren) draußen unterwegs sein.
Bis Freitag waren mehr als sieben Millionen Menschen vollständig geimpft, dazu kommen mehr als drei Millionen Genesene. Als vollständig geimpft gelten alle, deren zweite Impfung 14 Tage zurückliegt. Als Genesene gelten alle, die nachweisen können, dass sie eine Covid-erkrankung überstanden haben und der zugrunde liegende PCR-TEST mindestens 28 Tage und maximal sechs Monate zurückliegt.
Menschen, deren Erkrankung länger als ein halbes Jahr zurückliegt, gelten hier nicht mehr als Genesene. Sobald sie jedoch einmal geimpft sind, erhalten sie denselben Status wie vollständig Geimpfte.
Wie weist man nach, dass man ausreichend geimpft ist?
Aktuell kann man dazu seinen Impfpass benutzen oder das Impfzertifikat, das Ärzte und Impfzentren ausstellen können. Sobald der digitale Impfpass eingeführt ist, können alle bisher Geimpften ihren Status nachtragen lassen.
Ob das nur dort geschehen darf, wo auch geimpft wurde (beim Arzt oder Impfzentrum), oder auch bei Apotheken – das soll in den nächsten Wochen geklärt werden
Was dürfen Geimpfte jetzt?
Keine Ausgangssperre, keine Kontaktbeschränkungen: Wer vollständig geimpft oder genesen ist, kann sich im privaten Rahmen ohne Einschränkungen treffen. Dort, wo sich aktuell nur fünf Personen über 14 Jahre aus einem Haushalt mit einer weiteren Person treffen dürfen, werden Geimpfte künftig nicht mehr mitgezählt. Theoretisch sind damit private Partys mit unbegrenzter Personenzahl möglich. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat allerdings eher vorsichtige Freiheiten im Blick: „Konkret bedeutet das, dass ein alter Mensch in Pflegeheimen in Zukunft nicht mehr alleine in seinem Zimmer essen muss, sondern mit anderen wieder im Speisesaal. Oder dass drei, vier Geimpfte auch mal zusammensitzen können, auch privat.“
Für die bislang knapp zehn Millionen Geimpften und Genesenen gilt zudem: Überall dort, wo ein negatives Testergebnis für den Zutritt zu Geschäften, Friseuren oder Zoos nötig ist, müssen sie nur noch ihren Impfstatus nachweisen. Wer nur einmal geimpft ist, muss sich weiterhin in solchen Fällen „freitesten“. Die Sorge, dass ein solcher Test durch die Immunreaktion aufgrund der ersten Impfung fälschlicherweise positiv ausfallen könnte, ist laut RKI unbegründet.
Wie wird das kontrolliert?
„Das wird verdammt schwer, es zu kontrollieren“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Freitagmorgen im Deutschlandfunk. Für eine Übergangszeit sei es unumgänglich, dass Geimpfte ihren Impfpass oder eine Bestätigung ihres Arztes mitführten. Im öffentlichen Raum würden die neuen Regelungen wie bisher durch Polizei und Ordnungsämter kontrolliert. Das wird nicht leicht: Viele Beamtinnen und Beamte müssen zunächst einmal lernen, echte von gefälschten Impfdokumenten zu unterschieden. Polizeigewerkschafter fordern zudem eine Pflicht zum Mitführen des Impfpasses für Geimpfte.
Wie bekommt man jetzt schnell seine Impfung?
In der Regel werden aktuell Termine für die dritte Prioritätsgruppe vergeben. Spätestens im Juni soll die Priorisierung dann komplett aufgehoben werden. Gleichzeitig dürfte es dann auch für Kinder ab zwölf Jahren zugelassene Impfstoffe geben. Über 18-Jährige, die nicht so lange warten wollen, können sich ab sofort mit dem Vakzin von Astrazeneca impfen lassen – hier ist die Impfreihenfolge jetzt bundesweit aufgehoben. Voraussetzung ist eine ärztliche Risikoberatung.
Neu ist auch: Wer jetzt eine Impfung mit Astrazeneca plant, muss nicht mehr zwölf Wochen auf die Zweitimpfung warten, sondern kann den zweiten Termin schon nach vier Wochen bekommen – die Ema-zulassung erlaubt das. Dazu muss man jedoch wissen: Je länger bei diesem Vakzin der Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung ist, desto besser ist der Schutz. Lothar Wieler, Chef des Robert-koch-instituts (RKI), erklärte am Freitag, er selbst werde die Frist nicht verkürzen: „Ich werde mich erst nach zwölf Wochen impfen lassen.“
„Das wird verdammt schwer, es zu kontrollieren.“Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin