Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Neuer Brexit-streit im Ärmelkanal
Frankreichs Fischer blockieren den Hafen der Insel Jersey. London schickt Kriegsschiffe
Frankreichs Fischer sind sauer. „Entweder lösen wir das Problem. Oder es werden Vergeltungsmaßnahmen getroffen“, sagte Hugo Lehuby, Sprecher des Fischereikomitees der Normandie, am Freitag. Die Gespräche mit den Behörden der britischen Kanalinsel Jersey seien verhärtet, klagte er. Es gibt wieder einmal Zoff um das Brexit-abkommen. Die französischen Fischer glauben, dass ihnen die britische Regierung zu Unrecht Fangrechte beschneidet. Jersey gehört zwar nicht zum Vereinigten Königreich und verwaltet sich selbst. Aber als Teil des britischen Kronbesitzes steht die Insel unter dem Dach der Außen- und Verteidigungspolitik in London.
Am Donnerstag drohte der Streit zu eskalieren. In den frühen Morgenstunden machten sich rund 80 Fischerboote auf den Weg nach St. Helier, zur Hauptstadt der Kanalinsel
Jersey. Vor dem dortigen Hafen zündeten sie rote Leuchtfackeln und hielten Plakate hoch, auf denen „en colère“(wir sind wütend) stand. Der Hafen wurde kurzzeitig blockiert. Die britische Regierung – stets erpicht darauf, außenpolitische Macht zu demonstrieren – reagierte, indem sie zwei Kriegsschiffe entsandte, um „die Situation zu überwachen“. Im Gegenzug schickte Frankreich zwei Polizeiboote.
Der Knatsch begann am Freitag vergangene Woche, als die neuen Brexit-bestimmungen für französische Fischer in Kraft traten. Demnach brauchen sie ab jetzt eine Lizenz, um in den Gewässern vor Jersey auf Fang zu gehen. Die Insel liegt rund 22 Kilometer
von der Küste der Normandie entfernt. Laut den Brexit-bestimmungen müssen die französischen Fischer ab jetzt mittels Gps-geräten beweisen können, dass sie in den vergangenen Jahren bereits hier gefischt haben. 17 Boote konnten keine entsprechenden Beweise vorlegen – und erhielten keine Fangbewilligung. Vor allem die Fischer mit kleinen Booten befürchten, dass durch das Lizenzierungssystem 80 Prozent von ihnen ihr Geschäft aufgeben müssen.
Am Donnerstagabend lösten zwar die Fischer die Blockade auf, Kriegsschiffe und Polizeiboote zogen ab. Doch eine Einigung zwischen ihnen und den Behörden von Jersey ist nicht in Sicht.