Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Über Mütter
Ebbe herrscht im Schnapsdepot, einsilbig sitzen wir beim Pfefferminztee. Schließlich ächzt Bill: „Sonntag ist Muttertag.“– „Juhuu“, antwortet Dickie kühl, „da werd‘ ich blumige Grüße per Wottsäpp schicken. Fleurop ist teuer.“Allseits breites Grinsen. Wir denken an unsere neun Saloonkinder und deren Mütter, an Milli auf den Wördschinns, Mona in Montevideo und an Shen-te in ihrer kalten Urne in den Bergen von Sezuan.
„Den Tag haben doch die Gärtner kreiert“, behauptet Dick, „zur Förderung der Absatzwirtschaft.“Und Bill haut in die Kerbe: „Erst Frauentag, dann Müttertag! Wo bleibt da die Gleichberechtigung?“– „Es gibt ja auch ‘nen Vatertag“, tröste ich. Bill widerspricht: „Männertag, meinst du!“
Jack beschwichtigt: „Das heißt Christi Himmelfahrt. Man sieht daran, was für’n Quatsch das ist. Es muss nicht alles gleichberechtigt sein im Leben.“Dann hält unser Alter einen salbungsvollen Vortrag: Dass wir unseren Müttern alles verdanken. „Den Vätern auch!“protestiert Dick. Dass wir den Müttern so fest vertrauen, weil sie immer für uns gesorgt haben. „Von den Alimenten, die die Väter zahlen“, faucht Dick. Und dass für all das – für die Liebe, die Zuneigung, das Urvertrauen – die Dankbarkeit so schwer zu artikulieren ist. „Haha“, spottet Bill. „Also lasst Blumen sprechen!“
Nach einer Weile insistiert er: „Trotzdem ist der Männertag mir lieber.“Und Dick: „Weil alle Väter mitgemeint sind, die noch keine Unterhaltsklage am Hals hatten.“– „Nein“, sage ich, „weil ja alle einen Vorwand zum Saufen brauchen!“
„Arm dran“, meint Jack, „wer so was nötig hat.“Er stellt aus den verborgenen Vorräten eine Flasche Buschfire auf den Tisch. – Wir jubeln. Wir saufen. Jack ist doch die Mutter unserer Kompanie.