Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Standfest sein
Vor dem Fenster meines Arbeitszimmers stehen zwei Fische, etwa 50 Meter entfernt. Aber da stehen sie wirklich. Sie erinnern an die Fischteiche, die hier, am Mühlhäuser Petriteich, einst existiert haben. Da, wo unser Pfarrhaus gebaut wurde, war auch Wasser. Ursprünglich ein Teil der alten Stadtbefestigung, war er dann für die Fischzucht bestimmt. Petriteich, weil hinter dem Haus die Petrikirche steht. Benannt nach Petrus. Der war Fischer am See Genezareth. Irgendwie passt das alles.
Die beiden Fische stehen also da. Zwischen Pumpkeulen, oder Rohrkeulen, je nach dem. Denn die Stengl tragen die Fische.
Vor unserem Haus wurde ein Spielplatz gebaut. Das Planungsbüro hat überlegt, gesponnen, verworfen, weitergedacht und am Ende einen Vorschlag gemacht. Mit manchen schönen Spielgeräten, die mit einem Teich in Verbindung zu bringen sind.
Da gibt es ein Ruderboot, einen Frosch, im Sommer eine Wasserfläche zum Spielen, Sand – und eben Fische. Sie sind vielleicht drei Meter hoch und schwimmen über unseren Köpfen. Für die Kinder und alle, die gelenkiger sind als ich, bieten Seile und Kletterhilfen Möglichkeiten, in den Bauch der Fische zu kommen. Alles in allem sehr pfiffig. – Manch andere Menschen unserer Zeit waren auch verwirrt über die Ideen.
Manche sind es immer noch und werden es bleiben. Da sind zwei standfeste Fische. Kinder können spielen. Fantasie wird angeregt, und schön sieht es auch aus.
500 Jahre zurück. Am 4. Mai wurde Martin Luther bei Steinbach entführt. Er war auf dem Weg von Worms nach Wittenberg. 1521 wurde dort Weltgeschichte geschrieben. Am 16. April erreicht Martin Luther die Stadt. Er ist zum Reichstag gekommen. Vor Kaiser Karl V., den Kurfürsten und all den Mächtigen und Wichtigen dieser Zeit soll er Auskunft geben: über seine Lehre, seine Ideen, seinen Glauben. Eigentlich soll er aber nur widerrufen, was er geschrieben und gesagt hat. Luther bittet um Bedenkzeit. – Am 18. April, einem Donnerstag, kommt es dann zum großen Auftritt. Luther weigert sich zu widerrufen und spricht vor Kaiser, Kurfürsten und anderen Wichtigen die berühmt gewordenen Worte „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders!“
Dieser Auftritt gehört zu den Wegscheiden der Geistesgeschichte Europas und weit darüber hinaus. Hier steht ein Mensch vor den Mächtigen seiner Zeit. Er widersteht ihren Einschüchterungen und folgt seinem Gewissen.
Das hat Schule gemacht. Zivilcourage aus der Freiheit eines Christenmenschen – 500 Jahre später ist das aktueller denn je. Deshalb: Bleiben Sie standfest.