Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Aus dem Schatten geworfen
Vahid Azad könnte für die Thuringia Bulls im Bundesliga-finale der Schlüssel werden
Er ist eine imposante Erscheinung auf dem Basketballfeld. Vahid Azad, der iranische Center der Thuringia Bulls, ist bei fast jedem Rollstuhlbasketballspiel körperlich der Größte. Das sieht man dann am deutlichsten, wenn der Ball nicht im Korb gelandet ist und sich der 33Jährige den Rebound schnappt, während die anderen, eine Etage tiefer, meist leer ausgehen.
Trotzdem stand Azad, seit er vor fünf Jahren nach Elxleben wechselte, immer ein wenig im Schatten seines nicht minder imposanten Nebenmannes Alex Halouski. Denn das, was am meisten auffällt, sind Punkte. Und diesbezüglich hat der gebürtige Belarusse, inzwischen der Star der deutschen Nationalmannschaft, fast immer die Nase vorn, teamintern und in der gesamten Bundesliga. Für den Teamerfolg der letzten Jahre war Azad zweifellos genauso wichtig, nicht von ungefähr avancierten die Bulls mit dem „zweiköpfigen Monster“Halouski/ Azad unter den Körben zum besten Team Europas. Doch die meisten Würfe im Offensivkonzert der Elxlebener waren stets dem ersten Geiger Halouski vorbehalten.
Das änderte sich am vergangenen Wochenende beim Champions Cup um die europäische Krone. Da war es Azad, dem mit 15 der linke Unterschenkel amputiert wurde und der kurz darauf mit Rollstuhlbasketball begann, der – neben seiner bekannten Stärke als Rebounder – die meisten Punkte erzielte: 31 im Viertelfinale gegen Rahden, 25 im Halbfinageworden, le gegen Bilbao (wie auch Halouski), 20 bei der knappen Finalniederlage gegen den RSV Lahn-dill.
Azad hat erkannt, dass er sich mehr Würfe zutrauen muss, damit der Fokus der gegnerischen Verteidiger
nicht zu sehr auf Halouski liegt. Im Bundesliga-halbfinale und dann beim Champions Cup gelang es den Bulls besser, den Ball schnell zu bewegen und Azad in Position zu bringen. „Ich bin selbstbewusster
habe gemerkt, dass ich dem Team noch besser helfen kann, wenn ich häufiger werfe“, sagt der Hüne aus Zanjan, der in der Türkei und in Spanien langsam zum Weltklassespieler heranreifte, sich aber erst jetzt, im fünften Jahr bei den Bulls, auf dem Zenit seines Schaffens wähnt. Das sieht auch Teammanager Lutz Leßmann so: „Vahid ist auf dem Höhepunkt.“
Gut möglich, dass ein kleiner, elf Monate alter Sonnenschein die letzten Prozente Selbstvertrauen beim Papa herausgekitzelt hat. Sein Töchterchen Baran, dass ihm seine Frau Tina geschenkt hat, bringt ihm nach eigenen Worten „ein neues Lebensgefühl, Motivation und Kraft“.
Familie Azad wohnt im Fit-in Elxleben, der Spielstätte der Bulls. Eigentlich sind den Azads Elxleben und auch Erfurt zu klein, irgendwann würden sie gern in eine größere Stadt ziehen. Rollstuhlbasketballprofi Azad kann sich vorstellen, später, nach der Sportkarriere, einen kleinen Laden zu eröffnen, wenn es mit der deutschen Staatsbürgerschaft klappen sollte.
Vorher will er aber mit seinen Bulls, bei denen er nach einigen Wechseln seine sportliche Heimat gefunden hat, noch so manchen Titel holen. Am besten schon im Mai, wenn sie im Finale gegen Dauerrivale Lahn-dill, der sich nach dem europäischen Titel auf Wolke sieben befindet, zum fünften Mal deutscher Meister werden wollen. Mit Trumpfkarte Vahid Azad, der sich aus dem Schatten geworfen hat.
Spiel 1 der Finalserie findet heute, 18 Uhr, in Elxleben statt (kostenloser Livestream auf live.thbulls.com)