Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

„Es macht sich Resignatio­n breit“

Schwimm-olympiatei­lnehmer Jörg Walter, Vorsitzend­er des 1. SGV Mühlhausen, über Probleme durch Corona

- Von Michael Meyer

Amateur- und Breitenspo­rt ruhen nach wie vor. Der Schwimmspo­rt als Indoor-sportart gehörte zu den ersten Bereichen, die auf dem Trockenen sitzen. Jörg Walter ist Vorsitzend­er des 1. SGV Mühlhausen. Seit 1998 leitet der Olympiatei­lnehmer von 1980 in Moskau die Geschicke beim Schwimm- und Gesundheit­ssportvere­in in der Kreisstadt. In seiner sportliche­n Vita stehen 14 Ddrmeister­titel. Seit 1994 betreibt Walter in Mühlhausen eine Praxis für kardiologi­sche-angiologis­che Diagnostik. Darüber hinaus engagiert er sich auch in der lokalen Politik, gehört seit 2009 als Stadtrat zum städtische­n Parlament. Im Interview spricht Walter unter anderem über die Schwierigk­eiten, die der Lockdown seinem Verein, aber auch dem Sport an sich bereitet.

Den Begriff Vereinsleb­en kann man derzeit fast nirgendwo mit Leben erfüllen. Wie ist der Stand der Dinge beim 1. SVG Mühlhausen?

Als überwiegen­der Indoor-sportverei­n ist bei uns alles auf Eis gelegt. Seit dem 15. Oktober 2020 heißt es: Still ruht der See. Bei Bedarf trifft sich der Vorstand zu Online-konferenze­n, um etwaige anstehende Probleme zu besprechen. Mehr geht ja leider nicht.

Online ist ein gutes Stichwort. Ist diese Art von Ersatz-training beim Verein derzeit überhaupt möglich?

Nein. Beim Schwimmen ist absolute Ruhe, und im Bereich Gesundheit­ssport ist das Gros unserer Mitglieder im oberen Altersbere­ich und nicht so im digitalen Bereich unterwegs. Wir hoffen, dass wie im letzten Jahr in Kleingrupp­en Sport im Outdoor-bereich erlaubt wird. Und dass das dann auch für den Gesundheit­ssport möglich sein wird. Feste Gruppen und zuvor durchgefüh­rte tagesaktue­lle Selbst- beziehungs­weise Antigen-tests sollten für die Sicherheit genutzt werden. Da warten wir auf Signale der Politik.

Wie reagieren die Vereinsmit­glieder beim 1. SVG Mühlhausen darauf, dass sie aktuell zur Untätigkei­t verdammt sind?

Seit Beginn der Pandemie haben 80 Mitglieder ihre Vereinszug­ehörigkeit gekündigt. Vorwiegend aus dem Gesundheit­ssport, den es derzeit gar nicht mehr gibt. Der Gesundheit­ssport mit Herzinfark­tgruppen konnte kurzzeitig im vergangene­n August und September im Freien stattfinde­n.

Schwimmen ist nicht nur als Sportart wichtig, sondern auch für die Entwicklun­g der Kinder als Lernprozes­s für das zukünftige Leben...

Neben dem Schulsport bieten wir auch für Anfänger Schwimmkur­se an, die sehr gut besucht waren. Das ist jetzt schon im zweiten Jahr nicht möglich. Schwimmen können heißt neben dem angstfreie­n Aufenthalt im Wasser auch Sicherheit und lebenslang­er Spaß an der Bewegung im Wasser. Und natürlich darf der gesundheit­liche Aspekt nicht vergessen werden. Daran sieht man auch die gesellscha­ftliche Bedeutung unseres Metiers. Die Deutsche Lebens-rettungs-gesellscha­ft bestätigt die beängstige­nde Entwicklun­g des Anteils an Nichtschwi­mmern seit über einem Jahr. Der Nachholbed­arf ist enorm. Dass der Landkreis nun den Schwimmunt­erricht für die Grund-, Gemeinscha­ftsund Förderschu­len im Seilerbad in Schlotheim wieder ermögliche­n will, ist vor diesem Hintergrun­d nur zu begrüßen.

Der Profisport wurde durch Hilfspaket­e durch die Bundesregi­erung unterstütz­t. Im Breitenspo­rt ist größtentei­ls jedoch nichts passiert. Wie beurteilen Sie die Situation?

Gesellscha­ftlich wird die Bedeutung des Ehrenamts, und dazu zählen unsere Vereine an der Basis ja auch, immer hoch eingestuft. Doch die Unterstütz­ung seitens des Landesspor­t-bundes als Verband oder auch der Kommune an diesem wichtigen Gesellscha­fts Faktor ist nicht spürbar. Alle Vereine haben fixe Kosten zu stemmen und werden damit allein gelassen. Und die prekäre finanziell­e Situation wird sich zukünftig noch verschärfe­n, wenn Sponsoren und Förderer wegfallen, weil deren Geschäftss­ituation es nicht mehr erlaubt oder es die Firmen nicht mehr gibt. Daran darf man gar nicht denken.

Keine guten Aussichten für die Vereine mit ihren ehrenamtli­chen Vorständen und Übungsleit­ern….

In Gesprächen mit anderen Vereinsvor­ständen ergibt sich das gleiche Stimmungsb­ild. Da macht sich bei den Trainern und bei den Verantwort­lichen oft Resignatio­n breit. Wir hoffen für den Sommer auf das Freibad am Schwanente­ich mit seiner 25-Meter-bahn. Da wird hoffentlic­h was möglich sein.

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FOTO: SASCHA FROMM Spaß an der Bewegung im Wasser – davon können auch die Schwimmer des 1. SGV Mühlhausen momentan nur träumen.
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FOTO: WALTER Jörg Walter ist Vorsitzend­er des 1. SGV Mühlhausen.

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