Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
„Es macht sich Resignation breit“
Schwimm-olympiateilnehmer Jörg Walter, Vorsitzender des 1. SGV Mühlhausen, über Probleme durch Corona
Amateur- und Breitensport ruhen nach wie vor. Der Schwimmsport als Indoor-sportart gehörte zu den ersten Bereichen, die auf dem Trockenen sitzen. Jörg Walter ist Vorsitzender des 1. SGV Mühlhausen. Seit 1998 leitet der Olympiateilnehmer von 1980 in Moskau die Geschicke beim Schwimm- und Gesundheitssportverein in der Kreisstadt. In seiner sportlichen Vita stehen 14 Ddrmeistertitel. Seit 1994 betreibt Walter in Mühlhausen eine Praxis für kardiologische-angiologische Diagnostik. Darüber hinaus engagiert er sich auch in der lokalen Politik, gehört seit 2009 als Stadtrat zum städtischen Parlament. Im Interview spricht Walter unter anderem über die Schwierigkeiten, die der Lockdown seinem Verein, aber auch dem Sport an sich bereitet.
Den Begriff Vereinsleben kann man derzeit fast nirgendwo mit Leben erfüllen. Wie ist der Stand der Dinge beim 1. SVG Mühlhausen?
Als überwiegender Indoor-sportverein ist bei uns alles auf Eis gelegt. Seit dem 15. Oktober 2020 heißt es: Still ruht der See. Bei Bedarf trifft sich der Vorstand zu Online-konferenzen, um etwaige anstehende Probleme zu besprechen. Mehr geht ja leider nicht.
Online ist ein gutes Stichwort. Ist diese Art von Ersatz-training beim Verein derzeit überhaupt möglich?
Nein. Beim Schwimmen ist absolute Ruhe, und im Bereich Gesundheitssport ist das Gros unserer Mitglieder im oberen Altersbereich und nicht so im digitalen Bereich unterwegs. Wir hoffen, dass wie im letzten Jahr in Kleingruppen Sport im Outdoor-bereich erlaubt wird. Und dass das dann auch für den Gesundheitssport möglich sein wird. Feste Gruppen und zuvor durchgeführte tagesaktuelle Selbst- beziehungsweise Antigen-tests sollten für die Sicherheit genutzt werden. Da warten wir auf Signale der Politik.
Wie reagieren die Vereinsmitglieder beim 1. SVG Mühlhausen darauf, dass sie aktuell zur Untätigkeit verdammt sind?
Seit Beginn der Pandemie haben 80 Mitglieder ihre Vereinszugehörigkeit gekündigt. Vorwiegend aus dem Gesundheitssport, den es derzeit gar nicht mehr gibt. Der Gesundheitssport mit Herzinfarktgruppen konnte kurzzeitig im vergangenen August und September im Freien stattfinden.
Schwimmen ist nicht nur als Sportart wichtig, sondern auch für die Entwicklung der Kinder als Lernprozess für das zukünftige Leben...
Neben dem Schulsport bieten wir auch für Anfänger Schwimmkurse an, die sehr gut besucht waren. Das ist jetzt schon im zweiten Jahr nicht möglich. Schwimmen können heißt neben dem angstfreien Aufenthalt im Wasser auch Sicherheit und lebenslanger Spaß an der Bewegung im Wasser. Und natürlich darf der gesundheitliche Aspekt nicht vergessen werden. Daran sieht man auch die gesellschaftliche Bedeutung unseres Metiers. Die Deutsche Lebens-rettungs-gesellschaft bestätigt die beängstigende Entwicklung des Anteils an Nichtschwimmern seit über einem Jahr. Der Nachholbedarf ist enorm. Dass der Landkreis nun den Schwimmunterricht für die Grund-, Gemeinschaftsund Förderschulen im Seilerbad in Schlotheim wieder ermöglichen will, ist vor diesem Hintergrund nur zu begrüßen.
Der Profisport wurde durch Hilfspakete durch die Bundesregierung unterstützt. Im Breitensport ist größtenteils jedoch nichts passiert. Wie beurteilen Sie die Situation?
Gesellschaftlich wird die Bedeutung des Ehrenamts, und dazu zählen unsere Vereine an der Basis ja auch, immer hoch eingestuft. Doch die Unterstützung seitens des Landessport-bundes als Verband oder auch der Kommune an diesem wichtigen Gesellschafts Faktor ist nicht spürbar. Alle Vereine haben fixe Kosten zu stemmen und werden damit allein gelassen. Und die prekäre finanzielle Situation wird sich zukünftig noch verschärfen, wenn Sponsoren und Förderer wegfallen, weil deren Geschäftssituation es nicht mehr erlaubt oder es die Firmen nicht mehr gibt. Daran darf man gar nicht denken.
Keine guten Aussichten für die Vereine mit ihren ehrenamtlichen Vorständen und Übungsleitern….
In Gesprächen mit anderen Vereinsvorständen ergibt sich das gleiche Stimmungsbild. Da macht sich bei den Trainern und bei den Verantwortlichen oft Resignation breit. Wir hoffen für den Sommer auf das Freibad am Schwanenteich mit seiner 25-Meter-bahn. Da wird hoffentlich was möglich sein.