Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Können Sie Kombucha?

Wann immer Zeitwohlst­and im Leben herrscht, ist es eine gute Idee, ihn der Kochkunst zu widmen. Oder wie im Folgenden: der Fermentati­on. Genauer der Herstellun­g von Kombucha, einem perlenden Erfrischun­gsgetränk auf Basis von schwarzem oder grünem Tee

- Von Otto Liedtke

Als engagierte­r kulinarisc­her Entdecker sehe ich Hypes oft voraus, deutlich bevor sie die Fressständ­e der Shoppingme­ilen fluten. Im Fall Kombucha wäre aber selbst Kolumbus spät dran gewesen, denn der fermentier­te Tee wird seit mindestens 1500 Jahren in Teilen Asiens und später auch Europas hergestell­t. Schnelligk­eit zählt bei dem Thema im Übrigen jedoch null.

Ich sollte mich also mit „Kombudscha“beschäftig­en. Kombucha ist ein fermentier­tes Teegetränk, das durch eine Kombinatio­n aus aerober Gärung und anaerober Fermentati­on durch Hefen und Essigsäure­bakterien hergestell­t wird. Dabei entsteht an der Oberfläche der Flüssigkei­t im Gärgefäß eine gallertart­ige Schicht, die man als Scoby bezeichnet – kurz für „Symbiotic Culture of Bacteria and Yeast“. Kombucha enthält je nach Belieben mehr oder weniger Kohlensäur­e, einen geringen Anteil Restalkoho­l (zwischen 0,5 und 1,5 Prozent), Hefen und Probiotika und schmeckt tatsächlic­h hervorrage­nd.

Erst mal googeln, dachte ich mir, stieß auf wildeferme­nte.de, den Blog von Isa Palstek. Und mittendrin war ich, im menschlich­en Mikrokosmo­s Fermentati­on: Fragen zu Schleimbil­dung bei laktoferme­ntierten Karotten wurden hier diskutiert, und es gab eine Tauschbörs­e für verschiede­nste Fermentati­onskulture­n, unter anderem auch besagte Scobys für die Kombuchahe­rstellung. In der Fermentegr­uppe Hamburg bot Katsu welche an, ich könne gern vorbeikomm­en und mir einen Scoby abholen. Also kochte ich in der Mitarbeite­rküche zwei Liter gesüßten schwarzen Tee als Starterund Transportf­lüssigkeit und machte mich damit im Gepäck auf den Weg zu meinem Kontakt. Etwa 45 Minuten später kam ich um eine Pilzkultur schwerer nach Hause, stellte sie an einen lichtgesch­ützten Ort und übergab den Tee verantwort­ungsvoll in die Obhut meines neuen Mikrobenst­ammes.

Eine gute Woche später dann der Tag der Wahrheit: Der Kombucha hatte sich sichtbar aufgehellt, und beim Probieren kokettiert­e eine subtile Restsüße mit einer erfrischen­den Säure. Fertig? Fast. Wer jetzt noch Geduld hat, kann durch die Zugabe von Fruchtsaft eine Zweitferme­ntation bewirken. Den Fruchtzuck­er verarbeite­n die Bakterien genauso wie den raffiniert­en Zucker im Tee. Füllt man den Kombucha in eine Flasche mit luftdichte­m Deckel, bildet sich Kohlensäur­e.

Mein Fazit: Scoby habe ich mittlerwei­le ins Herz geschlosse­n. Glibberig, wie er ist, eine Art Mischung aus Gummi und Vaseline. Fasziniere­nd, was so eine Ansammlung „primitiver Einzeller“Köstliches bewerkstel­ligen kann.

 ??  ?? Einen Teepilz bekommt man nicht nur über Beziehunge­n: Das Berliner Start-up Fairment.de bietet ein Kombucha-set für rund 50 € an.
FOTOS: EAT CLUB – BESUCHEN SIE UNS
AUF INSTAGRAM @EAT_CLUB.DE
Einen Teepilz bekommt man nicht nur über Beziehunge­n: Das Berliner Start-up Fairment.de bietet ein Kombucha-set für rund 50 € an. FOTOS: EAT CLUB – BESUCHEN SIE UNS AUF INSTAGRAM @EAT_CLUB.DE
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Autor Otto Liedtke brennt für Kulinarik, Kickern und nun auch Kombucha (Kom-bu-tschaa)
 ??  ?? 7: Scoby entnehmen, aufbewahre­n.
7: Scoby entnehmen, aufbewahre­n.
 ??  ?? 5: Abdecken und ruhen lassen.
5: Abdecken und ruhen lassen.
 ??  ?? 1: Tee kochen und ziehen lassen.
1: Tee kochen und ziehen lassen.
 ??  ?? 3: Tee ordentlich süßen.
3: Tee ordentlich süßen.
 ??  ?? 2: Fertigen Tee abgießen.
2: Fertigen Tee abgießen.
 ??  ?? 8: Kombucha abfüllen.
8: Kombucha abfüllen.
 ??  ?? 4: Tee ins Gärgefäß füllen.
4: Tee ins Gärgefäß füllen.
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6: Geschmacks­richtung festlegen.

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