Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
So klappt es mit dem Wechsel zur Teilzeit
Die meisten Angestellten haben ein Recht auf Reduzierung im Job. Doch nicht alle dürfen auch. Diese Tipps helfen
Berlin. Mehr Zeit für die Familie haben, die eigene Geschäftsidee vorantreiben oder Angehörige pflegen – das lässt sich mit Vollzeitarbeit häufig schlecht vereinbaren. Arbeitszeitmodelle wie Jobsharing oder Homeoffice bieten weit mehr Flexibilität. Besonders attraktiv für viele Erwerbstätige: Teilzeitarbeit.
2019 wollten knapp 1,5 Millionen Vollzeitbeschäftigte beruflich kürzertreten. Das geht aus einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes hervor. Nach vergangenem Jahr wird die Zahl voraussichtlich eher höher als niedriger ausfallen.
Recht auf Teilzeit
Doch nicht immer können diejenigen auch, die wollen – obschon alle Erwerbstätigen einen gesetzlichen Anspruch darauf haben. Um die Arbeitszeit wirklich verkürzen zu dürfen, müssen Führungskräfte, Vollzeitarbeitende sowie geringfügig oder befristet Beschäftigte zwei Voraussetzungen erfüllen: Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestehen. Und im Unternehmen müssen mehr als 15 Personen beschäftigt sein.
Wer beides erfüllt, reicht einfach einen entsprechenden Antrag ein – am besten schriftlich und mindestens drei Monate im Voraus. Dabei nicht vergessen anzugeben, ab wann die Teilzeit beginnt, wie hoch die künftige Arbeitszeit ausfällt und wie sich die Stunden auf die jeweiligen Wochentage verteilen.
Wer nur für eine gewisse Phase weniger arbeiten möchte, sollte direkt angeben, ab wann die volle Arbeitszeit wieder gelten soll und darüber mit seinem Chef oder seiner Chefin eine individuelle Vereinbarung treffen. Ab einer bestimmten Unternehmensgröße ist das Recht auf Rückkehr in Vollzeit sogar gesetzlich geregelt.
Vorsicht: Teilzeitfalle!
Viele meiden Teilzeit aus Angst, später nicht mehr in Vollzeit wechseln zu können. Damit Arbeitnehmende dieser Teilzeitfalle entgehen, hat der Gesetzgeber die sogenannte Brückenteilzeit eingeführt. Damit ist Teilzeit für einen befristeten Zeitraum möglich: mindestens ein Jahr, höchstens fünf Jahre. Danach kehren die Teilzeitbeschäftigten regulär zurück zur ursprünglich im Arbeitsvertrag festgelegten Stundenzahl.
Auch die Brückenteilzeit ist an zwei Voraussetzungen gekoppelt: Vollzeitarbeitende müssen länger als sechs Monate im Unternehmen angestellt sein und die Firma mindestens 45 Mitarbeiter beschäftigen. Ansonsten gelten dieselben Regeln wie bei der normalen Teilzeit. Angestellte sollten im Antrag unbedingt angeben, von wann bis wann sie weniger arbeiten möchten.
Ablehnung muss gut begründet sein Einen Teilzeitantrag mal eben ablehnen – und das grundlos – dürfen Vorgesetzte nicht. Reagiert die Personalabteilung nicht bis spätestens vier Wochen vor dem gewünschten Start auf das Schreiben, gilt die Teilzeit automatisch als genehmigt.
Sollten Vorgesetzte doch Nein sagen, müssen sie betriebliche Gründe anführen. Häufig folgen Argumente wie: Der Arbeitsmarkt sei wie leer gefegt, ein geeigneter Ersatz lasse sich nicht finden. Oder: Die Einarbeitung sei zu aufwendig und damit zu teuer.
Das sind aber nur gültige Einwände, wenn sie plausibel begründet werden können. Stellen sich Unternehmen quer, bleibt immer noch der Gang vors Arbeitsgericht. Dort müssen Firmen konkret beweisen, welche triftigen Gründe dem Teilzeitwunsch entgegenstehen – das ist ihnen teils gar nicht möglich.
Frei verhandeln
Wer in einem Unternehmen arbeitet, dass weniger als 15 beziehungsweise 45 Angestellte beschäftigt, muss nicht aufgeben. Vielleicht ist die Chefin ja grundsätzlich offen für Teilzeit. Wer trotzdem reduzieren will, sollte also versuchen, gemeinsam mit dem Arbeitgeber eine Lösung zu finden. Dann klappt es vielleicht auch ohne Rechtsanspruch. Wichtig dabei: Angestellte sollten das unbedingt mit einer Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag schriftlich festhalten lassen, was sie ausgehandelt haben. Die muss von beiden Seiten unterschrieben sein.
Teilzeit vorher durchrechnen
Wer weniger arbeitet, hat am Monatsende natürlich weniger im Portemonnaie. Ein Beispiel: Eine
Vollzeitbeschäftigte mit Kind in Steuerklasse IV kommt auf 3500 Euro brutto im Monat. Sie halbiert ihre Wochenarbeitszeit auf 20 Stunden. Ihr neues Bruttogehalt liegt bei 1750 Euro. Weil der Staat bei kleineren Gehältern aber weniger Steuern verlangt, sinkt ihr Nettogehalt nicht ganz so stark. Blieben ihr zuvor rund 2280 Euro netto, sind es nun knapp 1290 Euro – also deutlich mehr als die Hälfte. Auf den Stundensatz heruntergebrochen, hat die Teilzeitbeschäftigte sogar 13 Prozent mehr raus als in Vollzeit.
Diejenigen mit Teilzeitwunsch sollten unbedingt bedenken, dass das neue Gehalt auch in Notlagen reichen muss. Deshalb ist es ratsam, vorab durchzurechnen, ob Teilzeit wirklich drin ist, beispielsweise mit dem Teilzeitrechner des Bundesarbeitsministeriums. Und bei wem die Familienplanung ansteht, sollte nicht vergessen, dass weniger Netto auch weniger Elterngeld bedeutet.
Auch Rente im Blick haben
Wer weniger verdient, zahlt weniger in die Rentenkasse – und kriegt im Ruhestand auch weniger. Immerhin: Eltern in Teilzeit können die fehlenden Entgeltpunkte teilweise ausgleichen. Für die Kindererziehung bekommen sie knapp drei Rentenpunkte gutgeschrieben. Außerdem rechnet die Rentenversicherung einem Elternteil maximal zehn Jahre Kinderberücksichtigungszeit an. Für sich genommen begründet diese Zeit keinen Rentenanspruch. Für Angestellte, die in Teilzeit weniger als das Durchschnittseinkommen (derzeit gut 41.500 Euro) verdienen, bedeutet sie aber ein Rentenplus.
Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-stiftung.