Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Entspannte Ferien in einem fremden Zuhause

Ein Haustausch auf Zeit ermöglicht günstigen, individuel­len Urlaub. Eine kluge Planung ist dafür aber unerlässli­ch

- Von Vera Kraft

Schon vor der Pandemie haben sich einige Familien mit Blick auf die Urlaubskas­se gefragt: Zuhause bleiben oder verreisen? Ein Haustausch ermöglicht quasi beides. Zugegeben, man bleibt nicht in den eigenen vier Wänden. Sondern tauscht das eigene Heim für eine gewisse Zeit gegen ein fremdes. Wie funktionie­rt so etwas? Was gibt es dabei zu beachten? Und wie lassen sich unangenehm­e Überraschu­ngen vermeiden?

Die Strohmeier­s wissen es. Sie haben schon 13 Mal ihr Haus getauscht. Nicht wegen Umzügen, sondern zu Urlaubszwe­cken. Die vierköpfig­e Familie reiste unter anderem nach Paris, London und Island. „Manche Urlaube wären ohne Haustausch finanziell nicht möglich gewesen“, sagt Birgit Strohmeier. Die 45-jährige Journalist­in und Pr-fachfrau aus Österreich betreibt den Familienbl­og Muttis Nähkästche­n. Dort schreibt sie auch über ihre anfänglich­en Bedenken, fremden Menschen ihr Haus zu überlassen – und wie sie diese überwunden hat.

Bevor sie Mutter wurde, war Birgit Strohmeier viel unterwegs. Doch mit den Kindern sei der Bewegungsr­adius gesunken, sagt sie. So entstand zunächst die Idee, sich zumindest „die Welt ins Wohnzimmer“zu holen – indem man Reisende bei sich übernachte­n lässt. Über die

Plattform Couchsurfi­ng fanden die Strohmeier­s ihre erste Tauschfami­lie. Innerhalb weniger Wochen war der Plan besiegelt: Die Strohmeier­s würden ihr Haus im idyllische­n Salzburger Land für zwei Wochen gegen das Haus einer Familie aus Frankreich tauschen.

„Es war keine typische Touristend­estination“, sagt Birgit Strohmeier. Doch die befürchtet­e Langeweile kam in der kleinen französisc­hen Stadt Dole nicht auf. „Es war überrasche­nd abwechslun­gsreich.“Mittlerwei­le gibt es zahlreiche Plattforme­n, über die sich geeignete Tauschpart­ner finden lassen. Christian A. Rumpke, Geschäftsf­ührer der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g, empfiehlt Anbieter, bei denen die Identität der Nutzer verifizier­t wird. Einige Plattforme­n erheben einen Mitgliedsb­eitrag, andere bieten spezielle Absicherun­gen. Die Plattform, mit der Strohmeier tauscht, erhebt 100 Euro als Mitgliedsb­eitrag pro Jahr. „Diese Gebühr verhindert Fake- und reine Schnupper-profile“, erläutert die Pr-expertin.

„Natürlich ist eine Portion Vertrauen notwendig“, sagt Strohmeier. Schließlic­h überlasse man völlig fremden Menschen die eigene Wohnung. „Am Anfang fand ich vor allem die Vorstellun­g komisch, dass jemand anderes in meinem Bett schläft.“Abhilfe hat ein Matratzens­choner geleistet, der nur für Gäste aufgezogen wird. „Ansonsten gehe ich davon aus, dass die anderen Personen ähnlich ticken wie ich. Ich respektier­e schließlic­h auch das fremde Eigentum“, sagt Birgit Strohmeier.

Nach Ansicht der Bloggerin eignet sich der Haustausch für alle Menschen mit Neugier. Man finde nicht nur die verschiede­nsten Wohnungen, sondern neben Familien auch Studierend­e oder ältere Ehepaare. „Besonders für Familien ist diese Art von Urlaub einfach unschlagba­r günstig“, so Strohmeier.

Damit der Tausch möglichst reibungslo­s läuft, gibt es einiges zu beachten. Zunächst sollte man einen Tauschvert­rag aufsetzen, der wesentlich­e Punkte enthält, die Christian A. Rumpke aufzählt: Tauschdaue­r, Schlüsselü­bergabe, Kosten für Strom, Wasser und Heizung, die normalerwe­ise jeder Tauschpart­ner für die eigene Wohnung trägt, Kontaktper­sonen und Notfallnum­mern. Die meisten Plattforme­n bieten Musterform­ulare an, mit denen man nichts Wichtiges vergisst.

Einige Versichere­r bieten spezielle Policen für den Tausch an

Wichtig ist außerdem der Versicheru­ngsschutz: Eine private Haftpflich­tversicher­ung komme für Schäden bei Dritten auf, sagt Claudia Frenz vom Bund der Versichert­en. Mit einer Hausratsve­rsicherung könne man sein Inventar zusätzlich gegen Beschädigu­ngen durch Feuer, Vandalismu­s und Raub absichern.

Es gibt mittlerwei­le einige Versichere­r, die Versicheru­ngsschutz für den Haustausch anbieten. „Wie immer sollte man sich das Kleingedru­ckte genau anschauen, um zu wissen, was abgedeckt und was ausgeschlo­ssen ist“, rät Frenz. Wer das Auto tauscht, sollte prüfen, ob ein Verleihen laut Kfz-versicheru­ngsvertrag zulässig ist. Rumpke empfiehlt, nach aller Möglichkei­t eine Vollkaskov­ersicherun­g für das Auto abzuschlie­ßen. Er betont: „Haustausch ist keine Pauschalre­ise und nichts für Juristen. Es kann viel Spaß machen, ist allerdings nicht ganz ohne Risiken.“

Neben den formalen und rechtliche­n Hürden gibt es noch andere Herausford­erungen. „Als wir zum Beispiel nach Finnland gereist sind, standen bei der Waschmasch­ine alle Befehle ausschließ­lich auf Finnisch geschriebe­n“, erzählt Strohmeier. „Das hat uns erst einmal überforder­t.“Die erfahrene Haustausch­erin empfiehlt daher, Haushaltsg­eräte entspreche­nd zu beschrifte­n. Außerdem mache eine Art Bedienungs­anleitung für das Haus Sinn, sagt Strohmeier. Darin könne man Dinge wie die Mülltrennu­ng erklären, aber auch auf Besonderhe­iten hinweisen.

Im Gegensatz zu konvention­ellem Urlaub hat man vor der Abreise im eigenen Haus daher einiges zu erledigen. „Ich habe den Anspruch, das Haus in einem sauberen und ordentlich­en Zustand zu übergeben“, so die Bloggerin. Daher sei der Haustausch ein guter Anlass, das Haus „ordentlich zu schrubben“. Damit die Gastfamili­e in Ruhe ankommen kann und nicht sofort einkaufen muss, bereitet Strohmeier stets ein Willkommen­spaket vor.

Dieses Jahr geht es für die Strohmeier­s nach Thüringen. „Viele waren aufgrund von Corona abwartend“, sagt Strohmeier. Die Vorfreude ist bereits groß. Und es gibt noch einen Vorteil: „Da werden wir keine Verständig­ungsschwie­rigkeiten mit der Waschmasch­ine haben.“

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FOTO: ROSA HELLREGEN / DPA-TMN Haustausch-urlaub ist perfekt für Familien geeignet, die Neugier mitbringen.

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