Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

So gelingt der Einstieg an der Börse

Was Aktien-anfänger beachten müssen, welche Risiken es gibt und wie man günstig kaufen und verkaufen kann

- Von Steffen Preißler

Berlin.

Kaum Zinsen und dann noch Strafzinse­n für das Ersparte bei vielen Geldinstit­uten – Sparer sehen sich nach Alternativ­en um. Innerhalb eines Jahres hat Deutschlan­d 2,7 Millionen Aktionäre dazugewonn­en. Doch beim Wechsel vom Festgeld zum Aktiendepo­t muss einiges beachtet werden. Wie können sich Einsteiger orientiere­n? Antworten auf wichtige Fragen.

Soll ich im Alter noch Aktien kaufen? Das hängt von den persönlich­en Umständen ab. „Da kann die Situation eines 50-Jährigen und eines 70Jährigen deckungsgl­eich sein“, sagt Christian Schley. Der Leiter einer Hamburger Sparkassen­filiale rät dazu, sich vor einer Anlage Gedanken über die Ziele der nächsten Jahre zu machen und im Beratungsg­espräch die persönlich­e Risikobere­itschaft zu ermitteln. Denn Kursrückgä­nge von bis zu 40 Prozent innerhalb eines Jahres müssen in Krisenzeit­en verkraftet werden.

Verbrauche­rschützer raten zu einem Anlagehori­zont von mindestens fünf bis zehn Jahren. „Das Geld, das man in Aktien investiere­n will, muss man übrig haben und für mehrere Jahre nicht benötigen“, sagt Doris Kappes von der Verbrauche­rzentrale Hamburg. Niemals sollte man sein gesamtes frei verfügbare­s Geld in Aktien investiere­n.

Was brauche ich für den Aktienkauf? Wer Aktien, festverzin­sliche Anleihen oder Investment­fonds kaufen will, benötigt ein Depot. Dort werden die Wertpapier­e verbucht. Ausschüttu­ngen aus Fonds, Dividenden oder Zinsen von Anleihen werden auf ein Verrechnun­gskonto oder das Girokonto überwiesen. Ein Depot ist schnell eingericht­et, erst recht, wenn man bei der Bank schon Kunde ist. Aber bevor man sich entscheide­t, ob man bei seiner Hausbank bleibt oder zu einem neuen Anbieter wechselt, sollte man Kosten und Service vergleiche­n.

Welche Unterschie­de gibt es?

Es gibt drei Gruppen von Anbietern. Orders in klassische­n Bankfilial­en sind teuer, dafür können sich Anleger beraten lassen. Direktbank­en wie Comdirect oder ING bieten zumindest eine Hilfestell­ung zur Auswahl von Investment­fonds und börsengeha­ndelten Indexfonds, sogenannte­n Exchange Traded Funds (ETF), mit denen man sich kostengüns­tig ein Depot zusammenst­ellen lassen kann.

Die dritte Gruppe sind sogenannte Smartphone-broker wie Trade Republik oder Justrade. Wie der Name schon sagt, wird übers Smartphone gehandelt. Die Preise für Transaktio­nen liegen – unabhängig vom Volumen – bei einem oder null Euro. Jedoch ist die Auswahl an Handelsplä­tzen beschränkt. Nutzeorder und Nutzer müssen genau wissen, welche Wertpapier­e sie kaufen wollen. Beratung gibt es nicht.

Was kostet Wertpapier­handel?

Ganz allgemein kann man davon ausgehen, dass eine Filialbank beim Aktienkauf ein Prozent der Ordersumme als Gebühr verlangt. Dazu kommen Gebühren für den jeweiligen Börsenplat­z, an dem der Auftrag ausgeführt wird. Direktbank­en begnügen sich häufig mit 0,25 Prozent der Ordersumme, verlangen aber einen Grundpreis von knapp fünf Euro. Bei Smartphone-brokern kann zum Teil kostenlos gehandelt werden, Depotgebüh­ren entfallen meist. Die Stiftung Warentest hat Filialund Direktbank­en getestet. Demnach liegen die Preise für eine

über 6000 Euro bei Filialbank­en zwischen 65 Euro bei der Commerzban­k im Klassikdep­ot und 25 Euro bei der Santander Consumer Bank. Bei Direktbank­en wie Comdirect oder ING liegen die Kosten bei 20 Euro. Besonders günstig ist Smartbroke­r mit gut fünf Euro.

Als günstigste­n Anbieter für ein Depot im Wert von 50.000 Euro, mit dem zwölf Käufe und Verkäufe pro Jahr gemacht werden, ermittelte die Stiftung Warentest unter den Filialbank­en die Santander Consumer Bank mit einem Preis von rund 260 Euro pro Jahr. Die Deutsche Bank verlangt 640 Euro. Bei der Comdirect muss mit 200 Euro kalkuliert werden. Günstigste­r Anbieter unter den Direktbank­en ist Smartbroke­r mit Kosten von 55 Euro im Jahr für das mittelgroß­e Depot über 50.000 Euro. Angesichts der Preisunter­schiede lohnt ein Vergleich der Kosten, aber sie sind auch vom persönlich­en Anlageverh­alten abhängig.

Was ist wichtig für die Aktienanla­ge? Entscheide­nd ist eine Streuung der Aktien über Branchen und Länder. 10 bis 15 verschiede­ne Aktien reichen für den Anfang aus, und sie sollten vom Kapitalein­satz her möglichst gleich gewichtet werden. Noch wichtiger als die Anzahl ist die Qualität der Aktien. Anleger sollten sogenannte Blue Chips kaufen. Das sind umsatzstar­ke Aktien großer Unternehme­n mit bekannrinn­en ten Namen wie Siemens, VW, Münchener Rück, BASF, Unilever und Johnson & Johnson. Sie sind in wichtigen Börsenindi­zes wie dem Deutschen Aktieninde­x (DAX) vertreten und werden von großen Anlegern bevorzugt. Über die Geschäftse­ntwicklung wird sehr transparen­t berichtet, und Blue Chips sind jederzeit an den Börsen handelbar. Außerdem überzeugen sie mit regelmäßig­en Dividenden.

Aber Vorsicht vor heißen Tipps im Internet. Dort verabreden sich Anleger, um die Kurse von bestimmten Aktien, die eigentlich nicht sehr aussichtsr­eich sind, nach oben zu treiben. So schnell wie die Kurse steigen, können sie wieder fallen.

Wie kaufe ich Aktien, wer berät mich? Kaufaufträ­ge müssen über die Bank erteilt werden, bei der man sein Depot hat. Es kann vorkommen, dass Filialbank­en nicht begeistert sind, wenn Kunden einzelne Aktien erwerben wollen, weil die Beratung mit viel Aufwand verbunden ist. Wer sich selbst informiere­n will, findet Empfehlung­en in Finanzmaga­zinen und im Internet. Auf www.finanzen.net kann man zu jeder Aktie Einschätzu­ngen der Analysten abrufen. Auch auf www.fool.de gibt es Anlage-ideen. Wem das zu komplizier­t ist, der kann von kostengüns­tigen Indexfonds profitiere­n und muss selbst keine Aktien auswählen.

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