Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
So gelingt der Einstieg an der Börse
Was Aktien-anfänger beachten müssen, welche Risiken es gibt und wie man günstig kaufen und verkaufen kann
Berlin.
Kaum Zinsen und dann noch Strafzinsen für das Ersparte bei vielen Geldinstituten – Sparer sehen sich nach Alternativen um. Innerhalb eines Jahres hat Deutschland 2,7 Millionen Aktionäre dazugewonnen. Doch beim Wechsel vom Festgeld zum Aktiendepot muss einiges beachtet werden. Wie können sich Einsteiger orientieren? Antworten auf wichtige Fragen.
Soll ich im Alter noch Aktien kaufen? Das hängt von den persönlichen Umständen ab. „Da kann die Situation eines 50-Jährigen und eines 70Jährigen deckungsgleich sein“, sagt Christian Schley. Der Leiter einer Hamburger Sparkassenfiliale rät dazu, sich vor einer Anlage Gedanken über die Ziele der nächsten Jahre zu machen und im Beratungsgespräch die persönliche Risikobereitschaft zu ermitteln. Denn Kursrückgänge von bis zu 40 Prozent innerhalb eines Jahres müssen in Krisenzeiten verkraftet werden.
Verbraucherschützer raten zu einem Anlagehorizont von mindestens fünf bis zehn Jahren. „Das Geld, das man in Aktien investieren will, muss man übrig haben und für mehrere Jahre nicht benötigen“, sagt Doris Kappes von der Verbraucherzentrale Hamburg. Niemals sollte man sein gesamtes frei verfügbares Geld in Aktien investieren.
Was brauche ich für den Aktienkauf? Wer Aktien, festverzinsliche Anleihen oder Investmentfonds kaufen will, benötigt ein Depot. Dort werden die Wertpapiere verbucht. Ausschüttungen aus Fonds, Dividenden oder Zinsen von Anleihen werden auf ein Verrechnungskonto oder das Girokonto überwiesen. Ein Depot ist schnell eingerichtet, erst recht, wenn man bei der Bank schon Kunde ist. Aber bevor man sich entscheidet, ob man bei seiner Hausbank bleibt oder zu einem neuen Anbieter wechselt, sollte man Kosten und Service vergleichen.
Welche Unterschiede gibt es?
Es gibt drei Gruppen von Anbietern. Orders in klassischen Bankfilialen sind teuer, dafür können sich Anleger beraten lassen. Direktbanken wie Comdirect oder ING bieten zumindest eine Hilfestellung zur Auswahl von Investmentfonds und börsengehandelten Indexfonds, sogenannten Exchange Traded Funds (ETF), mit denen man sich kostengünstig ein Depot zusammenstellen lassen kann.
Die dritte Gruppe sind sogenannte Smartphone-broker wie Trade Republik oder Justrade. Wie der Name schon sagt, wird übers Smartphone gehandelt. Die Preise für Transaktionen liegen – unabhängig vom Volumen – bei einem oder null Euro. Jedoch ist die Auswahl an Handelsplätzen beschränkt. Nutzeorder und Nutzer müssen genau wissen, welche Wertpapiere sie kaufen wollen. Beratung gibt es nicht.
Was kostet Wertpapierhandel?
Ganz allgemein kann man davon ausgehen, dass eine Filialbank beim Aktienkauf ein Prozent der Ordersumme als Gebühr verlangt. Dazu kommen Gebühren für den jeweiligen Börsenplatz, an dem der Auftrag ausgeführt wird. Direktbanken begnügen sich häufig mit 0,25 Prozent der Ordersumme, verlangen aber einen Grundpreis von knapp fünf Euro. Bei Smartphone-brokern kann zum Teil kostenlos gehandelt werden, Depotgebühren entfallen meist. Die Stiftung Warentest hat Filialund Direktbanken getestet. Demnach liegen die Preise für eine
über 6000 Euro bei Filialbanken zwischen 65 Euro bei der Commerzbank im Klassikdepot und 25 Euro bei der Santander Consumer Bank. Bei Direktbanken wie Comdirect oder ING liegen die Kosten bei 20 Euro. Besonders günstig ist Smartbroker mit gut fünf Euro.
Als günstigsten Anbieter für ein Depot im Wert von 50.000 Euro, mit dem zwölf Käufe und Verkäufe pro Jahr gemacht werden, ermittelte die Stiftung Warentest unter den Filialbanken die Santander Consumer Bank mit einem Preis von rund 260 Euro pro Jahr. Die Deutsche Bank verlangt 640 Euro. Bei der Comdirect muss mit 200 Euro kalkuliert werden. Günstigster Anbieter unter den Direktbanken ist Smartbroker mit Kosten von 55 Euro im Jahr für das mittelgroße Depot über 50.000 Euro. Angesichts der Preisunterschiede lohnt ein Vergleich der Kosten, aber sie sind auch vom persönlichen Anlageverhalten abhängig.
Was ist wichtig für die Aktienanlage? Entscheidend ist eine Streuung der Aktien über Branchen und Länder. 10 bis 15 verschiedene Aktien reichen für den Anfang aus, und sie sollten vom Kapitaleinsatz her möglichst gleich gewichtet werden. Noch wichtiger als die Anzahl ist die Qualität der Aktien. Anleger sollten sogenannte Blue Chips kaufen. Das sind umsatzstarke Aktien großer Unternehmen mit bekannrinnen ten Namen wie Siemens, VW, Münchener Rück, BASF, Unilever und Johnson & Johnson. Sie sind in wichtigen Börsenindizes wie dem Deutschen Aktienindex (DAX) vertreten und werden von großen Anlegern bevorzugt. Über die Geschäftsentwicklung wird sehr transparent berichtet, und Blue Chips sind jederzeit an den Börsen handelbar. Außerdem überzeugen sie mit regelmäßigen Dividenden.
Aber Vorsicht vor heißen Tipps im Internet. Dort verabreden sich Anleger, um die Kurse von bestimmten Aktien, die eigentlich nicht sehr aussichtsreich sind, nach oben zu treiben. So schnell wie die Kurse steigen, können sie wieder fallen.
Wie kaufe ich Aktien, wer berät mich? Kaufaufträge müssen über die Bank erteilt werden, bei der man sein Depot hat. Es kann vorkommen, dass Filialbanken nicht begeistert sind, wenn Kunden einzelne Aktien erwerben wollen, weil die Beratung mit viel Aufwand verbunden ist. Wer sich selbst informieren will, findet Empfehlungen in Finanzmagazinen und im Internet. Auf www.finanzen.net kann man zu jeder Aktie Einschätzungen der Analysten abrufen. Auch auf www.fool.de gibt es Anlage-ideen. Wem das zu kompliziert ist, der kann von kostengünstigen Indexfonds profitieren und muss selbst keine Aktien auswählen.