Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Zukunftsvisionen aus der Vergangenheit
Mit „Welcome 2 America“erscheint ein neues Prince-album
Es ist ohne Frage ein Paradoxon, dass 2021 ein neues Album von Prince erscheint. Doch eines, das sich auflösen lässt. Die Erben und Nachlassverwalter, unter dem Namen The Prince Estate firmierend, heben einen Schatz nach dem anderen aus dem einst gut gehüteten Tresor, bekannt als The Vault, des Musikers, der unerwartet im Jahr 2016 verstorben war.
„Welcome 2 America“sollte 2011 erscheinen, kurz vor dem Veröffentlichungstermin zieht Prince jedoch die Platte zurück. Im Titelsong, ein Spoken-wordtrack, sagt der Musiker vor zehn Jahren die teils zersetzende Wirkmacht von Social Media und mobiler Geräte voraus sowie die Zunahme von Massenmedien, Überwachung, die Verschärfung gesellschaftlicher und sozialer Unterschiede und des Rassenkonflikts. Der Künstler als Visionär und Wahrsager.
Die zwölf Songs auf dem Album gehören zu den zugänglicheren von Prince. „Born 2 die“ist purer Neo-soul, „1000 Lightyears from Home“der süßliche Traum-von-einer-besseren-weltgospel, Kategorie „Imagine“. Bon Jovi oder Pink hätten aus „Hot Summer“einen, genau, Sommerhit gemacht, „Yes“irritiert mit Gitarrenriffs à la Rammstein und „When she comes“ist nicht doppeldeutig, sondern genau so schlüpfrig gemeint. Eigentlich ein Unding für einen Zeugen Jehovas – es ist einer der besten Songs des Albums.
Der Funk ist zwar allgegenwärtig, aber die Produktion bleibt an vielen Stellen eine Spur zu glatt. Und doch gelingt Prince dank der stilistischen Vielfalt immer wieder eine Überraschung: Einige Songs klingen überhaupt nicht typisch für ihn.
Irritierenderweise spielte er bereits vor der geplanten Veröffentlichung eine Tour unter dem Albumtitel. Einer der Auftritte liegt als Blu-ray der Deluxe-edition von „Welcome 2 America“bei neben dem Studioalbum (CD und Vinyl) und vieler Beigaben. Verpackt ist die Box in kunstvoll gestalteter Goldfolie.
Doch wie Prince einmal sinngemäß sang: Es ist nicht alles Gold was glänzt. Ob die Welt eine andere wäre, wenn er seine prophetischen und heilenden Songs schon vor zehn Jahren der Welt geschenkt hätte? Wahrscheinlich nicht. Doch man weiß nie, was Worte und Noten mit Menschen machen. Also: Es gibt immer Hoffnung.