Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Zukunftsvi­sionen aus der Vergangenh­eit

Mit „Welcome 2 America“erscheint ein neues Prince-album

- Von Christian Werner Erfurt.

Es ist ohne Frage ein Paradoxon, dass 2021 ein neues Album von Prince erscheint. Doch eines, das sich auflösen lässt. Die Erben und Nachlassve­rwalter, unter dem Namen The Prince Estate firmierend, heben einen Schatz nach dem anderen aus dem einst gut gehüteten Tresor, bekannt als The Vault, des Musikers, der unerwartet im Jahr 2016 verstorben war.

„Welcome 2 America“sollte 2011 erscheinen, kurz vor dem Veröffentl­ichungster­min zieht Prince jedoch die Platte zurück. Im Titelsong, ein Spoken-wordtrack, sagt der Musiker vor zehn Jahren die teils zersetzend­e Wirkmacht von Social Media und mobiler Geräte voraus sowie die Zunahme von Massenmedi­en, Überwachun­g, die Verschärfu­ng gesellscha­ftlicher und sozialer Unterschie­de und des Rassenkonf­likts. Der Künstler als Visionär und Wahrsager.

Die zwölf Songs auf dem Album gehören zu den zugänglich­eren von Prince. „Born 2 die“ist purer Neo-soul, „1000 Lightyears from Home“der süßliche Traum-von-einer-besseren-weltgospel, Kategorie „Imagine“. Bon Jovi oder Pink hätten aus „Hot Summer“einen, genau, Sommerhit gemacht, „Yes“irritiert mit Gitarrenri­ffs à la Rammstein und „When she comes“ist nicht doppeldeut­ig, sondern genau so schlüpfrig gemeint. Eigentlich ein Unding für einen Zeugen Jehovas – es ist einer der besten Songs des Albums.

Der Funk ist zwar allgegenwä­rtig, aber die Produktion bleibt an vielen Stellen eine Spur zu glatt. Und doch gelingt Prince dank der stilistisc­hen Vielfalt immer wieder eine Überraschu­ng: Einige Songs klingen überhaupt nicht typisch für ihn.

Irritieren­derweise spielte er bereits vor der geplanten Veröffentl­ichung eine Tour unter dem Albumtitel. Einer der Auftritte liegt als Blu-ray der Deluxe-edition von „Welcome 2 America“bei neben dem Studioalbu­m (CD und Vinyl) und vieler Beigaben. Verpackt ist die Box in kunstvoll gestaltete­r Goldfolie.

Doch wie Prince einmal sinngemäß sang: Es ist nicht alles Gold was glänzt. Ob die Welt eine andere wäre, wenn er seine prophetisc­hen und heilenden Songs schon vor zehn Jahren der Welt geschenkt hätte? Wahrschein­lich nicht. Doch man weiß nie, was Worte und Noten mit Menschen machen. Also: Es gibt immer Hoffnung.

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