Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Der Hainich zwischen Wildschwei­nplage und Naturschut­z

Jäger fordern stärkere Einbeziehu­ng von Nationalpa­rkverwaltu­ng und sehen viele Fehler in der Vergangenh­eit

- Von Sabine Spitzer Hainich.

Erneut steht der Nationalpa­rk Hainich wegen der Schwarzwil­dplage in der Kritik. Einige Jagdpächte­r aus dem Unstrut-hainichund dem Wartburgkr­eis fordern mehr Einbeziehu­ng. Denn sie haften für Schäden, die bei Landwirten durch die Tiere entstehen. Die Ursache der Misere liegt ihrer Ansicht nach bei der Nationalpa­rkverwaltu­ng und speziell ihrem Chef Manfred Großmann, der nur seine Ziele verfolge.

Laut Schwarzwil­d-forschungs­projekt des Nationalpa­rks leben 900 Wildschwei­ne im Hainich. Wie bereits andere Jäger gehen Bernd Hartung, Johannes Schmidt, Marco und Wilfried Warlich davon aus, dass die Zahl eher dreifach so hoch ist. Zugrunde legen sie die Abschussza­hlen, die vergangene­s Jagdjahr allein in ihrem am Nationalpa­rkrand liegenden Jagdbezirk Bischofrod­a und Berka vor dem Hainich bei 160 Tieren lag. „Auf dem Hochsitz sieht man nicht selten mehr als 100 Schweine, die aus den Nationalpa­rk in die Feldflur einfallen“, sagen sie.

Jagdpächte­rn droht im schlimmste­n Fall durch Haftung Privatinso­lvenz Für die Schäden, welche die Tiere auf den Landwirtsc­haftsfläch­en anrichten, können die Jagdpächte­r belangt werden. Das Jagdgesetz hat laut Jägern keine Summengren­ze, somit könnte im schlimmste­n Fall die Privatinso­lvenz drohen. Debatten wegen der Kosten gab es zuletzt etwa im Revier Kammerfors­t, wo Wildschwei­ne in zwei Jahren Schäden in Höhe von 130.000 Euro bei einem Landwirtsc­haftsbetri­eb hinterließ­en. Als Kompromiss entstand ein zwei Kilometer langer Zaun.

Das Kernproble­m ist nach Meinung der Jagdpächte­r der Nationalpa­rk, der ein Paradies für die Wildschwei­ne sei. „Über Jahre hat die Nationalpa­rkverwaltu­ng Fehlentsch­eidungen getroffen“, sagen Bernd Hartung, Johannes Schmidt, Marco und Wilfried Warlich. Denn Großmann verfolge nur sein Konzept,

dass er immer wieder öffentlich nannte: auf 75 Prozent des Parks Natur Natur sein zu lassen – ohne menschlich­e Eingriffe und ohne Jagd. Derzeit liegt der Anteil der Jagdruhezo­ne bei etwa 42 Prozent. „Das Problem wird immer größer, aber die wenigsten machen ihren Mund auf“, sind die vier überzeugt, dass viele Jäger schweigen.

Sechs Bewegungsj­agden mit mindestens 60 Jägern vorgesehen Das belegt, dass auch Jagdpächte­r aus dem Unstrut-hainich-kreis diese Meinung teilen, die ihre Namen aber nicht öffentlich machen wollen, weil sie Schwierigk­eiten in ihren Revieren befürchten. Den Erlass des Umweltmini­steriums, der an die Nationalpa­rkverwaltu­ng per E-mail herausging, sehen diese als Beweis, dass auch an übergeordn­eten Stellen die Brisanz der Lage erkannt wird. Angeordnet werden darin unter anderem der Einsatz von Sauenfänge­n und mehr sogenannte

Bewegungsj­agden, von denen es künftig sechs mit mindestens 60 Jägern geben soll.

Laut Nationalpa­rkleiter Manfred Großmann aber sei dieser Erlass eine Folge des Konzepts, das der Nationalpa­rk auf Grundlage der Forschungs­ergebnisse erstellte. Die

Vorwürfe der Jäger gegen ihn nennt er Unterstell­ungen. „Es ist meine Pflicht die Nationalpa­rk-ziele umzusetzen und nicht mein persönlich­es Steckenpfe­rd“, verweist er auf das Spannungsf­eld, in dem er sich befindet. Es sei schon viel geschehen, um die Schäden in Grenzen zu halten. Etwa sei die Jagd von fünfeinhal­b Monaten auf das ganze Jahr ausgeweite­t worden. Auch zum finanziell­en Ausgleich der Schäden gibt es eine Handlungse­mpfehlung, wonach nun eine Alternativ­e zur Haftung gesucht werden soll.

Wildtierma­nagementpl­an soll mit allen Beteiligte­n besprochen werden Auch Großmann sagt, das Problem können nur gemeinsam gelöst werden. Im September solle dem Umweltmini­sterium ein Wildtierma­nagementpl­an vorgelegt werden. Danach soll mit Landwirten, Jägern und Jagdpächte­rn gesprochen werden. An dieser Reihenfolg­e stören sich aber die Jäger. Bernd Hartung,

Johannes Schmidt, Marco und Wilfried Warlich sagen, Konzepte müssen zusammen entwickelt werden.

„Keiner weiß, was aktuell an Wild da draußen ist“, verweist Großmann zudem darauf, dass es keine Beweise für konkrete Zahlen gibt. „Ich verwehre mich dagegen, dass es ein hainichspe­zifisches Problem ist“, sagt er, denn die Population explodiere deutschlan­dweit.

Das allerdings nennt Frank Herrmann, Geschäftsf­ührer des Landesjagd­verbandes Thüringen, geschönt. Denn der Hainich mit seinem Buchenwald­bestand und den umliegende­n landwirtsc­haftlichen Flächen sei wie eine Käseglocke, die Wildschwei­nen beste Ernährungs­und Lebensbedi­ngungen biete. „Der Nationalpa­rk ist jetzt gefordert, seine Strategie zu ändern, um seine Akzeptanz im Umfeld zu wahren“, ist er überzeugt. Er plädiert für die Einstellun­g eines Berufsjäge­rs im Hainich, der einer der Schritte zur Lösung sei.

 ?? ARCHIV-FOTO: PATRICK PLEUL / DPA ?? Seit Jahren explodiert der Schwarzwil­dbestand im Hainich, weil die Schwarzkit­tel im Wald und den umliegende­n Feldern beste Nahrungsbe­dingungen vorfinden (Symbolbild).
ARCHIV-FOTO: PATRICK PLEUL / DPA Seit Jahren explodiert der Schwarzwil­dbestand im Hainich, weil die Schwarzkit­tel im Wald und den umliegende­n Feldern beste Nahrungsbe­dingungen vorfinden (Symbolbild).

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