Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Hoch zu Stahlross ins Schloss
Wir radeln die Kleine Ettersbergrunde bei Weimar – trotz Startschwierigkeiten
Das Schwierigste ist das Hinkommen – wenigstens unter der Woche. Denn die Weimarer Stadtbuslinie 4 nimmt – auch wenn sie kaum besetzt ist – nur am Wochenende Fahrräder ganztags mit nach Ettersburg, wochentags erst nach 18 Uhr.
Da auch im Überlandbus in Richtung Sömmerda auf Fahrradbeförderung „kein Rechtsanspruch besteht“, planen wir kurzerhand um: Statt am Ettersburger Schloss starten wir unsere Tour am Obelisken an der Ettersburger Straße. Was bedeutet: Wir schieben unser (stromloses) Bike zunächst stadtauswärts immer schön bergauf, bis wir nach etwa 5,2 Kilometern den Steinpfeiler erreichen.
Doch für diese Mühe werden wir entschädigt: Der gut ausgeschilderte Waldweg durch die Prinzenschneise, auf den wir rechts einbiegen, ist schnurgerade und führt beständig leicht bergab. Gut zwei Kilometer rollen wir dahin – wobei an Tümpeln und Schautafeln, die Interessierten Flora und Fauna im Naturschutzgebiet näherbringen.
Der Weg endet an der Bundesstraße 85 zwischen Schöndorf und Großobringen. Eigentlich müssten wir uns jetzt nach rechts wenden, um über Altschöndorf nach Wohlsborn zu strampeln. Weil der Aufstieg aber schon viel Zeit gekostet hat, sparen wir uns das und biegen gleich nach links auf den Radweg in Richtung Großobringen ab. Unter den Rädern die Asphaltdecke, vor uns die Kirchturmspitze des 850Einwohner-dorfes radeln wir an Dinkel-feldern vorbei. Vom Wandel in der Landwirtschaft kündet aber auch eine Blühfläche der Agrargenossenschaft Großobringen.
In Großobrigen bestaunen wir die um 1431 gebaute Dorfkirche St. Peter und Paul mit ihren romanischen Rundbogenfenstern und Nischen, aber genauso den tadellos gepflegten Kirchhof. Dann überqueren wir die Ampelkreuzung an der Bundesstraße und radeln die zwei
Kilometer bis nach Kleinobringen. Kurz hinterm Ortseingang grüßt uns ein mannshoher Nussknacker, den Norbert Flohr gebaut und auf eine Bank vor sein Grundstück gesetzt hat.
Dann geht’s weiter ins nur rund einen Kilometer entfernte Heichelheim. Genau zur richtigen Zeit – die Mägen knurren – kommen wir an der Thüringer Kloß-welt an.
Wir verdrücken, keine Frage, Klöße und Gulasch und drehen eine Runde durch den Werksverkauf. In dem bietet nicht nur Kloßhersteller Ablig Feinfrost seine Produkte an Von Filinchen bis zu Hainich-konserven sind hier viele Ost-marken vertreten. Doch für den Großeinkauf bleibt keine Zeit. Draußen ziehen dunkle Wolken auf – und wir wollen noch kurz zu Heichelheims Wahrzeichen. Die Windmühle – lange Zeit beliebtes Ausflugslokal – ist jetzt Eigentum einer Genossenschaft, die sie als „Lebenslernort“etablieren will. Zum Stausee geht es nur noch über einen Feldweg rechts am Mühlengelände vorbei. Hier gilt: Nur gucken, nicht baden.
Zurück an der Mühle, schlagen wir den fast komplett zugewachsenen Feldweg Richtung Ettersburg ein. Wenigstens die Spitze der Schlosskirche ermöglicht Orientierung. Dann links auf die Landstraße und gleich wieder rechts Richtung Schloss. Der asphaltierte Schlussanstieg verlangt uns noch einmal alles ab.
Zurück geht’s erneut im Sattel, weil – siehe oben – mit dem Bus kein Fortkommen ist. Unterhalb des Schlosses finden wir nach einigen Kehren den Weg durch den Wald zur Blutstraße, der zwei Kilometer fast durchweg bergan geht.