Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Falsche Prioritäte­n

- Miguel Sanches über Kinderimpf­ungen Klare Kante

Es kommt, wie es kommen musste. Weil sich die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) mit einer Empfehlung Zeit lässt, sind Bund und Länder dabei, Fakten zu schaffen. Sie wollen allen 12- bis 17-Jährigen Vakzine gegen Covid-19 anbieten. Andere Staaten verhalten sich ähnlich. Es scheint, dass nur in Deutschlan­d daraus eine Kraftprobe gemacht wurde.

Die Politik strebt eine Herdenimmu­nität an. Die dazu notwendige Impfquote von 85 Prozent ist ohne Kinder und Jugendlich­e kaum erreichbar. Für die Gesamtbevö­lkerung wäre das gut. Aber die Stiko muss auch auf den Nutzen für den einzelnen Menschen schauen. Von den 14 Millionen Kindern und Jugendlich­en mussten bis April etwa 1200 mit einer Sars-cov-2-infektion im Krankenhau­s behandelt werden – vier starben an einer Infektion. Die Deutsche Gesellscha­ft für Pädiatrisc­he Infektiolo­gie hat mit diesen Zahlen damals zugleich in Erinnerung gerufen, wie viele Kinder in der Saison 2018/19 an Influenza gestorben sind, nämlich neun, wie viele 2019 im Straßenver­kehr getötet wurden – 55. Angesichts dieser Zahlen fragt man sich, was unverhältn­ismäßiger ist: das Zögern der Stiko oder der politische Druck?

Das Risiko von Kindern, an Covid-19 schwer zu erkranken, ist überschaub­ar, die Gefahren durch Long Covid, aber auch durch langfristi­ge Nebenwirku­ngen der mrna-vakzine sind es nicht. Es gibt in der Gesamtrech­nung Ungewisshe­iten. Sie erklären, warum die Stiko zögert. Es wäre sinnvoller, sich darauf zu konzentrie­ren, möglichst alle Erwachsene­n zu einer Impfung zu bewegen. Die Frage der Kinderimpf­ung hätte nie zu einer Kraftprobe werden dürfen. chefredakt­ion@tlz.de

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