Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Thüringer Jugend beim Impfen vorn
Ab September soll es sogenannte Booster-impfungen geben. Für wen die Auffrischung gedacht ist
Erfurt. In Thüringen haben nach Zahlen des Robert-koch-instituts (RKI) deutlich mehr 12- bis 17-Jährige den vollen Corona-impfschutz als in den meisten anderen Bundesländern. Am Montag, 0 Uhr, lag der Anteil bei 12,3 Prozent, wie aus einer Rki-übersicht hervorgeht. Nur in Baden-württemberg war der Wert mit 13,2 Prozent höher. Im Bundesdurchschnitt liegt die Quote in der Altersgruppe bei 10 Prozent. Eine erste Spritze haben in Thüringen 15,9 Prozent der 12- bis 17-Jährigen.
Berlin. Noch sind die Tage lang, und die Corona-inzidenzen niedrig. Doch angesichts eines langsamen Impffortschritts in Deutschland und der zügigen Verbreitung der Delta-variante blickt man im Bundesgesundheitsministerium mit Sorge auf den Herbst, wenn die Zahlen wieder steigen könnten.
Risikogruppen sollen dieses Mal besser geschützt sein – und deshalb ab September ein drittes Mal geimpft werden. Das beschloss die Gesundheitsministerkonferenz am Montag einstimmig. Worum es bei der sogenannten Booster-impfung geht: Warum könnte eine dritte Impfung nötig sein?
Weil es Hinweise darauf gibt, dass bei bestimmten Personengruppen der Impfschutz mit der Zeit nachlässt – oder auch gar von Beginn an weniger stark ausgeprägt war. Betroffen sind davon vor allem Menschen mit Immunschwäche, aber auch sehr alte Menschen.
Dazu kommt die Delta-variante, die sich auch in Ländern mit hohen Impfquoten schnell verbreitet. Erste Daten legen nahe, dass ein weiterer Piks helfen könnte, die Variante einzudämmen. Entsprechende Zahlen hatte kürzlich der Us-pharmakonzern Pfizer vorgelegt.
Laut Pfizer zeigen sie, „dass eine dritte Impfdosis eine neutralisierende Wirkung bei der Delta-variante hat, die bei jungen Menschen mehr als fünfmal höher ist und bei älteren Menschen mehr als elfmal höher.“Grundlage für diese Aussagen ist allerdings eine sehr kleine Gruppe von 23 Probanden, extern begutachtete Studien zum Thema gibt es noch nicht. Wie ist die Lage in anderen
Ländern?
Das kleine Israel hatte zu Jahresbeginn besonders schnell besonders viele Menschen gegen Corona geimpft – und steht deshalb jetzt als eines der ersten Länder vor der Frage, wie man mit möglicherweise nachlassendem Impfschutz umgeht.
Angesichts steigender Zahlen von Infektionen mit Delta sollen jene, die damals zuerst dran waren, jetzt ein weiteres Mal geimpft werden. Am vergangenen Freitag hat Israel begonnen, doppelt geimpften Menschen über 60 eine weitere Dosis zu verabreichen. Die Auffrischungsimpfung sollen dabei jene bekommen, die vor mindestens fünf Monaten ihre zweite Dosis erhalten haben. Ein Expertenteam hat deshalb eine Booster-impfung mit dem Biontech/pfizer-präparat empfohlen. Hintergrund sind Zahlen des israelischen Gesundheitsministeriums, nach denen die Wirkung der in Israel verwendeten Biontech/pfizer-impfung seit Anfang Juni stark nachgelassen habe. Nach Angaben des Ministeriums verhindert die Impfung eine Corona-infektion nur noch zu 39 Prozent und schwere Erkrankungen zu 91 Prozent.
Auch Großbritannien setzt jetzt auf Booster-impfungen: Laut britischen Medienberichten sollen ab Anfang September 32 Millionen Menschen im Königreich eine weitere Impfung bekommen. Was ist in Deutschland geplant?
Ab September sollen besonders gefährdete Gruppen wie Menschen mit Immunschwäche, Pflegebedürftige und Hochbetagte ein weiteres Mal geimpft werden. Das entschieden die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Montag. In Pflegeeinrichtungen sollen diese Impfung mobile Impfteams übernehmen, wer zu Hause wohnt, soll sich beim behandelnden Arzt impfen lassen.
Neben den Risikogruppen sollen auch all diejenigen, die bislang mit den Vektor-impfstoffen von Astrazeneca oder Johnson & Johnson geimpft wurden, im Herbst mit einem mrna-vakzin nachgeimpft werden. Das könne in den Impfzentren, bei Betriebsärzten oder in den Hausarztpraxen erfolgen.
Mit der Möglichkeit einer Auffrischimpfung im September wolle man die besonders gefährdeten Gruppen bestmöglich schützen, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Denn für sie ist das Risiko eines nachlassenden Impfschutzes am größten.“ Was sagt die Stiko?
Bei den Experten und Expertinnen der Ständigen Impfkommission zeigt man sich zurückhaltend: Das Gremium beschäftige sich zwar intensiv mit Auffrischimpfungen, sagte Stiko-chef Thomas Mertens am Freitag. Das 18köpfige Gremium, das beim Robert-kochinstitut angesiedelt ist, brauche für eine Empfehlung aber eine Datengrundlage. Diese gebe es noch nicht.
Dabei gehe es um zwei Aspekte: ob die messbare Immunantwort im Labor nachlasse und ob trotz Impfung vermehrt Infektionen mit Erkrankung aufträten. Laboruntersuchungen zu Antikörperspiegeln existierten bereits. Diese erlaubten aber nicht die direkte Schlussfolgerung, dass auch die Schutzwirkung beim Menschen nachlasse, erläuterte Mertens. Zwingend nötig ist die Stiko-empfehlung für eine dritte Impfung nicht – laut BMG wäre eine Auffrischung im Rahmen der geltenden Zulassung. Wird es wieder so lange Wartezeiten geben?
Zum Start der Impfkampagne in Deutschland war der Ärger groß – Millionen Menschen, die besonders dringend geschützt werden mussten, stand viel zu wenig Impfstoff gegenüber. Inzwischen ist Deutschland mit mehr als genug Impfstoff versorgt. Allein für das dritte Quartal 2021 sollen 70,5 Millionen Dosen mrna-impfstoff bereitstehen. Wann kommt der Booster für alle?
In Deutschland geht es zunächst einmal um eine Auffrischung des Impfschutzes vor allem für besonders gefährdete Personen. Ob absehbar auch andere Gruppen eine weitere Spritze bekommen sollen, ist bislang unklar.
Beim Deutschen Städte- und Gemeindebund rechnet man allerdings fest damit, dass es so kommen wird. „Da wir leider davon ausgehen müssen, dass wir bei der Pandemieeindämmung und -bekämpfung noch lange nicht am Ziel sind, ist es richtig, zumindest mittelfristig für alle Geimpften eine Auffrischungsimpfung vorzusehen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Gerd Landsberg, unserer Redaktion. Dann müssten im reduzierten Umfang auch die Impfzentren erhalten bleiben.
„Es ist richtig, zumindest mittelfristig für alle Geimpften eine Auffrischungsimpfung vorzusehen.“Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer Städte- und Gemeindebund