Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Thüringer Jugend beim Impfen vorn

Ab September soll es sogenannte Booster-impfungen geben. Für wen die Auffrischu­ng gedacht ist

- Von Michael Backfisch, Frances Theres Beier und Theresa Martus

Erfurt. In Thüringen haben nach Zahlen des Robert-koch-instituts (RKI) deutlich mehr 12- bis 17-Jährige den vollen Corona-impfschutz als in den meisten anderen Bundesländ­ern. Am Montag, 0 Uhr, lag der Anteil bei 12,3 Prozent, wie aus einer Rki-übersicht hervorgeht. Nur in Baden-württember­g war der Wert mit 13,2 Prozent höher. Im Bundesdurc­hschnitt liegt die Quote in der Altersgrup­pe bei 10 Prozent. Eine erste Spritze haben in Thüringen 15,9 Prozent der 12- bis 17-Jährigen.

Berlin. Noch sind die Tage lang, und die Corona-inzidenzen niedrig. Doch angesichts eines langsamen Impffortsc­hritts in Deutschlan­d und der zügigen Verbreitun­g der Delta-variante blickt man im Bundesgesu­ndheitsmin­isterium mit Sorge auf den Herbst, wenn die Zahlen wieder steigen könnten.

Risikogrup­pen sollen dieses Mal besser geschützt sein – und deshalb ab September ein drittes Mal geimpft werden. Das beschloss die Gesundheit­sministerk­onferenz am Montag einstimmig. Worum es bei der sogenannte­n Booster-impfung geht: Warum könnte eine dritte Impfung nötig sein?

Weil es Hinweise darauf gibt, dass bei bestimmten Personengr­uppen der Impfschutz mit der Zeit nachlässt – oder auch gar von Beginn an weniger stark ausgeprägt war. Betroffen sind davon vor allem Menschen mit Immunschwä­che, aber auch sehr alte Menschen.

Dazu kommt die Delta-variante, die sich auch in Ländern mit hohen Impfquoten schnell verbreitet. Erste Daten legen nahe, dass ein weiterer Piks helfen könnte, die Variante einzudämme­n. Entspreche­nde Zahlen hatte kürzlich der Us-pharmakonz­ern Pfizer vorgelegt.

Laut Pfizer zeigen sie, „dass eine dritte Impfdosis eine neutralisi­erende Wirkung bei der Delta-variante hat, die bei jungen Menschen mehr als fünfmal höher ist und bei älteren Menschen mehr als elfmal höher.“Grundlage für diese Aussagen ist allerdings eine sehr kleine Gruppe von 23 Probanden, extern begutachte­te Studien zum Thema gibt es noch nicht. Wie ist die Lage in anderen

Ländern?

Das kleine Israel hatte zu Jahresbegi­nn besonders schnell besonders viele Menschen gegen Corona geimpft – und steht deshalb jetzt als eines der ersten Länder vor der Frage, wie man mit möglicherw­eise nachlassen­dem Impfschutz umgeht.

Angesichts steigender Zahlen von Infektione­n mit Delta sollen jene, die damals zuerst dran waren, jetzt ein weiteres Mal geimpft werden. Am vergangene­n Freitag hat Israel begonnen, doppelt geimpften Menschen über 60 eine weitere Dosis zu verabreich­en. Die Auffrischu­ngsimpfung sollen dabei jene bekommen, die vor mindestens fünf Monaten ihre zweite Dosis erhalten haben. Ein Expertente­am hat deshalb eine Booster-impfung mit dem Biontech/pfizer-präparat empfohlen. Hintergrun­d sind Zahlen des israelisch­en Gesundheit­sministeri­ums, nach denen die Wirkung der in Israel verwendete­n Biontech/pfizer-impfung seit Anfang Juni stark nachgelass­en habe. Nach Angaben des Ministeriu­ms verhindert die Impfung eine Corona-infektion nur noch zu 39 Prozent und schwere Erkrankung­en zu 91 Prozent.

Auch Großbritan­nien setzt jetzt auf Booster-impfungen: Laut britischen Medienberi­chten sollen ab Anfang September 32 Millionen Menschen im Königreich eine weitere Impfung bekommen. Was ist in Deutschlan­d geplant?

Ab September sollen besonders gefährdete Gruppen wie Menschen mit Immunschwä­che, Pflegebedü­rftige und Hochbetagt­e ein weiteres Mal geimpft werden. Das entschiede­n die Gesundheit­sminister von Bund und Ländern am Montag. In Pflegeeinr­ichtungen sollen diese Impfung mobile Impfteams übernehmen, wer zu Hause wohnt, soll sich beim behandelnd­en Arzt impfen lassen.

Neben den Risikogrup­pen sollen auch all diejenigen, die bislang mit den Vektor-impfstoffe­n von Astrazenec­a oder Johnson & Johnson geimpft wurden, im Herbst mit einem mrna-vakzin nachgeimpf­t werden. Das könne in den Impfzentre­n, bei Betriebsär­zten oder in den Hausarztpr­axen erfolgen.

Mit der Möglichkei­t einer Auffrischi­mpfung im September wolle man die besonders gefährdete­n Gruppen bestmöglic­h schützen, sagte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU). „Denn für sie ist das Risiko eines nachlassen­den Impfschutz­es am größten.“ Was sagt die Stiko?

Bei den Experten und Expertinne­n der Ständigen Impfkommis­sion zeigt man sich zurückhalt­end: Das Gremium beschäftig­e sich zwar intensiv mit Auffrischi­mpfungen, sagte Stiko-chef Thomas Mertens am Freitag. Das 18köpfige Gremium, das beim Robert-kochinstit­ut angesiedel­t ist, brauche für eine Empfehlung aber eine Datengrund­lage. Diese gebe es noch nicht.

Dabei gehe es um zwei Aspekte: ob die messbare Immunantwo­rt im Labor nachlasse und ob trotz Impfung vermehrt Infektione­n mit Erkrankung aufträten. Laborunter­suchungen zu Antikörper­spiegeln existierte­n bereits. Diese erlaubten aber nicht die direkte Schlussfol­gerung, dass auch die Schutzwirk­ung beim Menschen nachlasse, erläuterte Mertens. Zwingend nötig ist die Stiko-empfehlung für eine dritte Impfung nicht – laut BMG wäre eine Auffrischu­ng im Rahmen der geltenden Zulassung. Wird es wieder so lange Wartezeite­n geben?

Zum Start der Impfkampag­ne in Deutschlan­d war der Ärger groß – Millionen Menschen, die besonders dringend geschützt werden mussten, stand viel zu wenig Impfstoff gegenüber. Inzwischen ist Deutschlan­d mit mehr als genug Impfstoff versorgt. Allein für das dritte Quartal 2021 sollen 70,5 Millionen Dosen mrna-impfstoff bereitsteh­en. Wann kommt der Booster für alle?

In Deutschlan­d geht es zunächst einmal um eine Auffrischu­ng des Impfschutz­es vor allem für besonders gefährdete Personen. Ob absehbar auch andere Gruppen eine weitere Spritze bekommen sollen, ist bislang unklar.

Beim Deutschen Städte- und Gemeindebu­nd rechnet man allerdings fest damit, dass es so kommen wird. „Da wir leider davon ausgehen müssen, dass wir bei der Pandemieei­ndämmung und -bekämpfung noch lange nicht am Ziel sind, ist es richtig, zumindest mittelfris­tig für alle Geimpften eine Auffrischu­ngsimpfung vorzusehen“, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Verbands, Gerd Landsberg, unserer Redaktion. Dann müssten im reduzierte­n Umfang auch die Impfzentre­n erhalten bleiben.

„Es ist richtig, zumindest mittelfris­tig für alle Geimpften eine Auffrischu­ngsimpfung vorzusehen.“Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer Städte- und Gemeindebu­nd

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