Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Wie das Stillen in Thüringen gefördert werden soll
An einer neuen Strategie des Bundes haben zwei Expertinnen aus dem Freistaat mitgearbeitet. Gera als Vorreiter im Land
Eltern dafür sensibilisieren, dass das Stillen die beste Ernährung für ihr Baby ist – so lautet das Ziel der Nationalen Strategie zur Stillförderung. Konzipiert wurde diese von 150 Experten. Seit Juli sind die Ergebnisse nun online frei zugänglich. Anhand von acht Handlungsfeldern führt das Papier auf, wie Deutschland stillfreundlich werden kann. Das umfasst unter anderem den Ausbau der Beratung und Aufklärung über die Vorteile von Muttermilch und mehr stillfreundlichen Raum in der Öffentlichkeit zu schaffen.
Dem Strategiepapier gingen Untersuchungen unter anderem vom Robert-koch-institut voraus, die zeigen, dass 87 Prozent der befragten Mütter nach der Geburt anfingen zu stillen. Jedoch bekamen fortan nur 68 Prozent der Babys ausschließlich Muttermilch.
Vier Monate nach der Geburt wurden noch 40 Prozent der Kinder voll gestillt. Gründe, warum nicht gestillt oder früh aufgehört wird, liegen nicht immer an körperlichen Bedingungen, wie der fehlenden Milchproduktion. So zeigten die Studien, dass beispielsweise Bildungsstatus, Alter der Mutter oder Rauchen in der Schwangerschaft Faktoren sind, ob überhaupt mit dem Stillen begonnen wird. Hinzu komme, dass Werbung für Milchersatzprodukte suggeriere, Muttermilch vollumfänglich ersetzen zu können.
„Häufig fehlt es an schneller, unkomplizierter Stillunterstützung und wohnortnahen Anlaufstellen. Hierfür muss sich der Bund stark machen, indem er den Aufbau von Hilfsstrukturen unterstützt. Häufig scheitern junge Mütter aber auch an den still-unfreundlichen Gegebenheiten und der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz“, sagt Kerstin Marx. Sie begleitet bei der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen (Agethur) fachlich das Thema Ernährung in jungen Familien. Gemeinsam mit einer Kollegin unterstützte sie die Entwicklung des Strategiepapiers. Sie macht jedoch auch deutlich, dass es im Papier Angaben zur finanziellen Unterstützung der Konzepte fehlen.
Die Landesgesundheitskonferenz Thüringen, unter Federführung der Agethur, erweiterte in diesem Jahr ihre Zielbereiche um das Thema Gesundheit rund um die Geburt. Laut Marx können somit Aktionen zur Stillförderung geplant, vernetzt und sichtbar gemacht werden. „Aus Sicht der Agethur braucht es aber auch in Thüringen noch mehr Verbindlichkeiten und Ressourcen zur Umsetzung von Stillförderung, damit Kommunen, die auf dem Weg sind oder sich dieses Thema erschließen wollen, besser unterstützt werden können.“Ein Vorreiter ist Gera. Hier bekommen Eltern an 40 Orten von Aufklebern gezeigt, wo sie stillen oder wickeln können. Ob im Haushaltsjahr 2022 Projekte zur Stillförderung vom Land finanziell gefördert werden, ist laut Thüringer Gesundheitsministerium noch offen.