Mitten im Wald

Liebe Leserinnen, liebe Leser. Wir saßen unweit des Rennsteigs und genossen in aller Stille den Blick in die Ferne. Zwei Bänke und ein Tisch: Was wollen Wanderer mehr, die Getränke und Brotzeit im Rucksack mit sich führen?!

Da kam ein Paar älteren Semesters des Wegs und war augenscheinlich enttäuscht, dass wir schon „ihren“Platz eingenommen hatten. Jedenfalls machte der

Mann deutlich, dass sie hier ebenfalls rasten wollten. Gern. Wir rückten ein wenig zusammen.

Platz genug war ja.

Die Stille war dahin. Zunächst ging es freundlich ums Wetter, um Blaubeeren und die Frage, ob es wohl ein gutes Pilzjahr würde.

Als das abgehandelt war, fing der Mann an zu monologisieren. Coronaleugner seien doch eigentlich Impfskeptiker. Er kenne die Gefahren des Impfens. Zudem legte er noch das Bekenntnis ab, sich nicht impfen zu lassen.

Seine Frau sagte dazu die ganze Zeit gar nichts. Und wir schauten uns den Mann genauer an. Es handelte sich argumentativ wohl um eine Thüringer Kopie des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger, der eben das, was unsere zufällige Wanderbekanntschaft verbreitete, ein paar Tage zuvor im Radio gesagt und dann an mehreren Stellen wiederholt hatte. Der Wandersmann verschwieg natürlich die Quelle. Und er wollte an keiner Stelle auch nur der Form halber unsere Meinung wissen. Wahrscheinlich deutete er unser anhaltendes Schweigen als eine

Art Zustimmung. Mir sind solche Personen wegen ihres Furors mitten im Wald dann doch ein wenig unheimlich … g.sommer@tlz.de