Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Streit über Kinderimpfung spitzt sich zu
Bund und Länder wollen Heranwachsenden ab 12 Jahren ein Angebot machen. Der Druck auf die Stiko-experten steigt
Berlin.
Es ist entschieden: Bund und Länder haben sich am Montag darauf geeinigt, allen Kindern und Jugendlichen ein Impfangebot zu machen. Das hat den Streit über die Frage von Kinderimpfungen verschärft.
Künftig sollen also 12- bis 17-Jährige Corona-impfungen mit Biontech und Moderna in Impfzentren und von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten erhalten können. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte hingegen Impfungen nur für Kinder und Jugendliche mit besonderem Risiko empfohlen – bei Vorerkrankungen oder mit vorerkrankten Angehörigen, die sich selbst nicht impfen lassen können.
Derzeit gebe es noch zu wenige Daten zu möglichen gesundheitlichen Folgeschäden für 12- bis 17Jährige, sagte der Stiko-vorsitzende Thomas Mertens im Radiosender NDR Info. „Wir sagen, wir können nicht eine generelle Empfehlung aussprechen, solange wir diesbezüglich nicht die notwendige Datensicherheit haben.“Die Stiko verweist zudem darauf, dass Kinder und Jugendliche ohne Vorerkrankungen bei einer Corona-infektion meist einen milden oder asymptomatischen Krankheitsverlauf erleben.
Irritiert ist man bei der Stiko über den Druck aus der Politik. So hatte unter anderem Bundestagspräsident
Wolfgang Schäuble (CDU) das Gremium für seine Zurückhaltung kritisiert. „Wenn die europäische Zulassungsbehörde zwei Coronaimpfstoffe für sicher und wirksam auch für Kinder ab zwölf Jahren erklärt, spricht aus meiner Sicht sehr viel dafür, die Vakzine auch für diese Gruppe breit zu nutzen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der Spd-gesundheitsexperte Karl Lauterbach sieht die Stiko bei dieser Frage in einer „Außenseiterposition“. Studien hätten ergeben, dass eine Durchseuchung mit der Deltavariante gefährlicher sei als die Impfung von Kindern, sagte er dem Deutschlandfunk. Druck kommt auch von anderer Seite. Die Sächsider sche Impfkommission (Siko), wie die Stiko ein ehrenamtliches Beratergremium, empfiehlt seit Montag Corona-impfungen für Kinder ab zwölf Jahren. Sie beruft sich auf Daten aus den USA und Israel.
Deutsche Städtetag hat sich inzwischen für verstärkte Impfangebote an Schulen ausgesprochen. „Die Städte bieten an, mit mobilen Impfteams in die Schulen zu gehen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy unserer Redaktion. Es sei wichtig, Präsenzunterricht gut abzusichern. Auch die Grünen fordern den Einsatz von Impfteams an Schulen. „Kinder und Jugendliche müssen endlich in den Mittelpunkt der Corona-strategie“, sagte die Grünen-chefin im Bundestag, Katrin Göring-eckardt. Impfungen seien der wichtigste Teil im Kampf gegen Corona. Es brauche nun auch unkonventionelle Angebote für alle, die das wollen.