Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Ritt in den Olymp

Pferdespor­t Julia Krajewski gewinnt als erste Frau Einzel-gold in der Vielseitig­keit

- Von Susanne Rohlfing

Drei Stunden zuvor konnte sie es kaum abwarten, wieder reiten zu dürfen. Julia Krajewski und Amande de B’neville waren im Flow, im Gold-flow. Und jetzt, als ihr Olympiasie­g im Vielseitig­keitsreite­n endlich feststeht, der erste einer Frau, kann die 32-Jährige aus Warendorf in Nordrhein-westfalen es kaum erwarten, aufs Podest zu dürfen. Sie zappelt mit den Beinen und zuppelt am Jackett. Dann ist sie endlich dran, springt mit ähnlicher Energie aufs oberste Treppchen wie ihre Stute, genannt „Mandy“, in den letzten beiden Prüfungen des Wettbewerb­s über die Hinderniss­e.

Amande, von ihrer Reiterin auch schon mal als kleine Zicke beschriebe­n, steht derweil gelassen hinter dem ihr zugewiesen­en Blumentopf, kuschelt ein bisschen mit Pflegerin Sandra Decker und wartet ab. Sie zeigt ihre Kraft erst wieder beim Ehrenritt rund um den Parcours. Es ist ja kaum Publikum da, das das Frauenpowe­r-dreamteam feiern könnte. Aber Pferd und Reiterin genießen die wilde Jagd durch die milde Nachtluft dennoch sichtlich.

„Das ist Wahnsinn, ich habe das alles noch nicht realisiert, ich bin unfassbar stolz auf mein Pferd“– so und ähnlich diktiert Julia Krajewski ihre Freude anschließe­nd ein ums andere Mal in die Mikrofone.

Mit Gold für Deutschlan­d im Vielseitig­keitsreite­n hatten ja viele gerechnet. Mit Einzel-gold für Julia Krajewski eher niemand. Nicht mal sie selbst. Unter die Top fünf habe sie kommen wollen, erzählt sie und muss immer wieder ihre Tränen trocknen. Doch Michael Jung, der Olympiasie­ger von 2012 und 2016, nach der Dressur noch in Führung liegend, verspielte seine Chance bei der Geländeprü­fung und wurde am Ende Achter. Da Sandra Auffarth, die dritte Reiterin, sich mit Viamant ebenfalls einige Fehler leistete, blieben die Deutschen in der Team-wertung ohne Medaille. Sie wurden Vierte hinter Großbritan­nien, Australien und Frankreich.

Krajewski hatte sich nach Platz vier in der Dressur mit einem makellosen Geländerit­t auf Platz zwei vorgearbei­tet. Und als der nach der Geländeprü­fung führende Brite Oliver Townend im ersten Springen patzte und sie fehlerlos blieb, fanden sich Krajewski und ihre Mandy plötzlich in der Position wieder, Gold nur noch mit einem eigenen Fehler verlieren zu können. Als Bürde empfand die Pferdewirt­schaftsmei­sterin das nicht. Im Gegenteil. „Ich werde das genießen.“Das tat sie. Stute und Reiterin blieben zum zweiten Mal fehlerlos und siegten vor dem Briten Tom Mcewen mit Toledo und dem Australier Andrew Hoy mit Vassily.

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Fehlerlos über die Hinderniss­e: Julia Krajewski auf Amande FOTO: GETTY

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