Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Wahnsinn nach dem Regenchaos
Silber für Diskuswerferin Pudenz. Erste Medaille seit Wyluddas Gold 1996
Tokio.
Nach ihrem Silber-coup klatschte Diskuswerferin Kristin Pudenz begeistert in die Hände und vergoss Tränen der Rührung. Die 28-Jährige hat völlig überraschend Silber und den deutschen Leichtathleten die erste Medaille in Tokio beschert. Pudenz landete am Montag mit der persönlichen Bestleistung von 66,86 Metern im fünften Versuch auf dem zweiten Platz.
„Ich kann’s immer noch nicht richtig fassen. Mal gucken, wie lange das dauert, bis ich dann denke: Ja, du hast gerade die Silbermedaille“, sagte Pudenz, die sich vorsichtig nur einen Platz unter den ersten Acht vorgenommen hatte.
Pudenz, die in diesem Jahr immer wieder Probleme mit der Achillessehne hatte, bescherte den deutschen Diskuswerferinnen die erste Medaille seit dem Gold-wurf von Ilke Wyludda 1996 in Atlanta.
„Echt? Wahnsinn!“, meinte Pudenz überrascht über die historische Dimension ihres Erfolgs. Wyludda war von dem Pudenz-coup gar nicht so verblüfft. „So überraschend war das für mich nicht“, sagte die 52-Jährige aus Halle, die Pudenz’ Vater aus aktiven Zeiten gut kennt. „Kristin hat in diesem Jahr eine hervorragende Entwicklung hingelegt. Ich hoffe, dass sich die Situation bei den Frauen jetzt stabilisiert und es etwas vorwärts geht.“
Olympiasiegerin im von einer rund einstündigen Regenpause beeinträchtigten Wettbewerb wurde die Us-amerikanerin Valarie Allman (68,98), auf Rang drei kam Yaime Perez aus Kuba (65,72). „Ich habe versucht, ruhig zu bleiben und die Pause zum Runterkommen zu nutzen“, meinte Pudenz über die Unterbrechung, in der sie sich einen Snack gönnte. Danach war das Motto: „Alles oder nichts.“
Im regennassen Käfig rutschte zuvor die Portugiesin Liliana Ca bei ihrem dritten Versuch aus, dann setzte noch heftigerer Regen ein. Der Wettbewerb wurde für rund eine Stunde unterbrochen. Anschließend legte Pudenz ihre silberne Diskus-show hin.
Die Niederländerin Sifan Hassan hat mit dem Olympiasieg über 5000 Meter Teil eins ihrer dreifachen
Gold-mission von Tokio erfüllt. Die 28-Jährige setzte sich in 14:36,79 min vor Kenias Weltmeisterin Hellen Obiri (14:38,36) klar durch.
Am Morgen schon lieferte die gebürtige Äthiopierin Hassan im Vorlauf über 1500 m eine Demonstration ihrer außergewöhnlichen Stärke ab. Eingangs der letzten Runde stürzte die Weltmeisterin, holte dann mehr als 50 Meter Rückstand auf die Spitze auf und gewann das Rennen noch. „Ich habe am Morgen all meine Energie verbraucht. Es war schrecklich, als ich gestolpert bin“, sagte Hassan: „Ich war so müde. Ohne Kaffee wäre ich nie Olympiasiegerin geworden.“
Dramatisch verlief auch der Weitsprung. Im letzten Versuch flog der griechische Europameister Miltiadis Tentoglou, bis dahin Vierter, auf 8,41 m, egalisierte damit die Weite des führenden Kubaners Juan Miguel Echevarria. Weil Tentoglou aber mit 8,15 den um sechs Zentimeter besseren zweitbesten Versuch gegenüber Echevarria vorzuweisen hatte, lag der Grieche an der Spitze. Echevarria wollte im letzten Versuch noch kontern, verletzte sich aber beim letzten Anlauf.