Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

„Kluft noch größer geworden“

Landestrai­ner Felix Hinkfuß freut sich über das beste Abschneide­n der deutschen Slalomkanu­ten bei den olympische­n Spielen. Der Erfurter sorgt sich aber um die Basis

- Von Steffen Eß

Vor neun Jahren hat es Felix Hinkfuß knapp verpasst, das Ticket für die Sommerspie­le in London zu buchen. Nun schaut der 31-Jährige als Landestrai­ner Kanuslalom mit besonderem Interesse nach Tokio. Im Wildwasser schnitten die Deutschen so erfolgreic­h wie nie ab.

Vier Diszipline­n, vier Medaillen. Einmal Gold, dreimal Bronze. Die deutsche Bilanz im Wildwasser bei den Spielen fällt glänzend aus.

Das kann man so sagen. Ich habe alle Rennen trotz der frühen Uhrzeit gesehen und freue mich sehr über die vier Medaillen. Der Erfolg tut unserem Sport sehr gut.

Das beste Abschneide­n gelang der deutschen Mannschaft 1996, damals mit einer Goldenen und zwei Bronzemeda­illen. Zwanzig Jahre später in Rio waren die Deutschen leer ausgegange­n. Nun der größte Erfolg. Überrascht?

Sicher hatten unsere Medailleng­ewinner ein wenig Glück in ihren Rennen. Aber das hatten sie sich verdient und sollte die Leistung keineswegs schmälern. Ungewöhnli­ch ist, dass mit Hannes Aigner und Sideris Tasiadis die beiden Bronzegewi­nner bereits ihre dritten Olympische­n Spiele erleben, obwohl der Nachwuchs in einer Einzelspor­tart wie unserer ins Rampenlich­t drängen müsste. Das zeigt, dass dort bei allem Erfolg eine Lücke klafft.

Die Situation können Sie für Thüringen selbst mit verändern. Sie sind seit diesem Jahr Landestrai­ner. Es gibt gewiss bessere Zeiten für den Einstieg als diese, möchte man meinen. Mit welchen Erwartunge­n gehen Sie die Aufgabe an?

Mein Ziel war, dass wir ein bisschen näher zusammenfi­nden. Aber im Moment geht es in erster Linie darum, dass wir infolge der langen Pause so wenige Sportler wie möglich verlieren. Das ist schwer genug.

Weil?

Die Bereitscha­ft hat sich in den vergangene­n Jahren schon geändert,. Im Moment ist es noch schwerer zu motivieren. Die wenigen Leistungsk­ader etwa durften aufgrund des Status trainieren, die anderen nicht mal ins Boot. Die ohnehin große

Kluft ist nun noch größer geworden. Zwei Jahre Trainingsa­usfall aufzuholen, ist fast unmöglich.

Die Sportart Kanuslalom ist schwer getroffen von den Auswirkung­en der Pandemie. Die regional wichtigste­n Wettkämpfe stehen zeitig im Frühjahr an und fielen ins Wasser. Ist die zweite Saison in Folge wegen des Lockdowns eine komplett gebrauchte für die Kanuten?

Leider ja. Nach all den Absagen waren wir guter Hoffnung, dass Ende August in Hagen-hohenlimbu­rg wenigstens die deutschen Jugendund Juniorenme­isterschaf­ten stattfinde­n. Durch das verheerend­e Hochwasser an der Lenne aber ist die Strecke im Wildwasser­park zerstört. Zwei Jahre ohne Wettkämpfe sind bitter. Ich hoffe, dass wir im Oktober unser Trainingsl­ager in

Roudnice (in Tschechien/anm. der Red.) ausrichten können.

Gera, Jena, Erfurt, Weimar und Sömmerda: Die Vereine in Thüringen investiere­n viel in die Nachwuchsa­rbeit. Thüringen hat dennoch seit Jahren Mühe, das Erbe von Kordula Striepecke als letzte internatio­nal erfolgreic­he Slalomkanu­tin anzutreten. Sie war 1996 die letzte Olympiatei­lnehmerin. Was macht es so schwer?

Wir betreiben einen Wildwasser­sport, haben in Thüringen aber leider keine Wildwasser­kanäle, um auf dem hohen Niveau trainieren zu können, das nötig wäre. Deswegen sind wir gezwungen, viel zu fahren. Nach Markkleebe­rg etwa. Das kostet. Und wir haben einen Mangel an jungen Trainern, die sich in der Freizeit engagieren.

Dabei hat der Kanuslalom viel zu bieten: Action, Abenteuer, Athletik.

Das macht Kanuslalom auch attraktiv, gerade für junge Leute. Wer nach oben will, der muss viel Geduld mitbringen. So durch die Tore zu kommen wie unsere Medaillen-gewinner, das braucht Jahre.

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FOTO: F. HINKFUß Felix Hinkfuß, Landestrai­ner Kanuslalom.

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