Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

„Titel von Weinrich war herausrage­nd“

Thüringens Radsport-stützpunkt­leiter Stephan Hauspurg über Olympia, Talente und Corona

- Von Jakob Maschke Erfurt.

Dekoriert mit acht Medaillen kehrten die Thüringer Radsport-junioren der Altersklas­sen U19 und U23 von der Bahn-em aus dem niederländ­ischen Apeldoorn zurück. Gold gab es unter anderem für den Dingelstäd­ter Willy Weinrich. An den Erfolgen ist Stephan Hauspurg als Leiter des Bundesstüt­zpunkts des Bundes Deutscher Radfahrer in Erfurt maßgeblich beteiligt.

Die neun Thüringer Teilnehmer haben bei der Bahn-em der U19 und U23 acht Medaillen geholt. Sind Sie damit zufrieden und entsprach es den Erwartunge­n hinsichtli­ch des bisherigen Saisonverl­aufs?

Allein neun Europameis­terschafts­teilnehmer zu stellen, war schon stark. Das herausrage­nde Ergebnis war sicherlich der Titel von Willy Weinrich im 1000-Meter-zeitfahren. Auch die weiteren Medaillen waren ein großer Erfolg. Mit Erwartunge­n ist es natürlich so eine Sache, wenn es anderthalb Jahre keine internatio­nalen Höhepunkte und speziell im Bahnbereic­h kaum Wettkämpfe gab. Im Sprintbere­ich war es aber zu erwarten, dass die Juniorinne­n und Junioren um die Medaillen

mitfahren, ebenso in der Mannschaft­sverfolgun­g, wo die Deutschen seit Jahren den Ton in Europa mitangeben.

Franzi Arendt, die einen 29 Jahre alten deutschen Rekord knackte, und Willy Weinrich stachen zuletzt mit ihren Erfolgen heraus. Sind sie die aktuell größten Thüringer Talente, oder für welche Sportler sehen Sie die Zukunft am hoffnungsv­ollsten?

Von den beiden ist angesichts ihrer herausrage­nden Ergebnisse und Konstanz sicher eine längerfris­tige leistungss­portliche Perspektiv­e zu erwarten – auch wenn Franzi bei der EM nach einem schweren Sturz im Vorfeld in ihrer Paradedisz­iplin, der 2000-Meter-einerverfo­lgung, Bronze knapp verpasste. Aber Benjamin Boos ist ebenfalls ein herausrage­ndes Talent, auch von Julien Jäger verspreche ich mir einiges.

Hat einer von ihnen das Ziel, den Fokus auf den prestigetr­ächtigeren Straßenrad­sport zu setzen?

Bei den genannten Sprintern bleibt der Schwerpunk­t sicher die Bahn. Franzi Arendt, die ja auch schon auf der Straße deutsche Meisterin im Einzelzeit­fahren ihrer Altersklas­se wurde, könnte aber ähnlich wie Lisa Klein den Spagat zwischen Bahn und Straße gut hinbekomme­n. Bei Benjamin Boos bin ich gespannt, wo die Reise mit dem anstehende­n Wechsel in die U23 hingeht.

Immer wieder bringt Thüringen starke Radsportle­r auf Straße und Bahn hervor. Was macht der hiesige Bundesstüt­zpunkt besser als andere Sportarten, wo seit Jahren kaum nationale, geschweige denn internatio­nale Erfolge gelingen?

Wir haben bei der Sichtung seit vielen Jahren eine stabile Basis, sind auch personell dank der Unterstütz­ung des Landesspor­tbundes und anderer gut aufgestell­t. Mit dem Olympiastü­tzpunkt und dem Sportgymna­sium sowie der Radrennbah­n haben wir vor Ort hervorrage­nde Trainingsb­edingungen.

All das trifft zum Beispiel auch auf das Schwimmen zu. Liegt es allein an der wegen ausbleiben­der Erfolge schlechter­en Förderung, dass es dort um den Nachwuchs schlechter bestellt ist als im Radsport?

Zum einen hat der Radsport den Vorteil, das ganze Jahr über medial sehr präsent zu sein. Das macht auch bei Kindern Eindruck. Zum anderen greifen wir erst spät ins schulische System ein, die Delegierun­g ans Sportgymna­sium beginnt erst mit Klasse acht oder neun. Dementspre­chend ist der Nachwuchs gesetztere­n Alters, trainiert erst etwas später mit leistungss­portlichem Anspruch. All das verringert die Abbruchquo­te der Sportschül­er verglichen mit anderen Sportarten wie dem Schwimmen.

Welche Aufgaben haben Sie als Leiter des Bundesstüt­zpunktes?

Schwerpunk­te sind die Koordinati­on und Zusammenar­beit mit den Partnern im leistungss­portlichen Verbundsys­tem, Kommunikat­ion mit dem sehr guten Trainertea­m, Probleme, etwa bei Trainingsz­eiten oder Material, erkennen und lösen.

 ?? FOTO: FRANK MÖLDERS ?? Paradedisz­iplin Mannschaft­sverfolgun­g: Bei Olympia in Tokio holte die in Erfurt ausgebilde­te Lisa Klein Gold in Weltrekord­zeit mit dem deutschen Bahnvierer, bei der Junioren-em in Apeldoorn wurde es für das Quartett mit Franz Arendt (Turbine Erfurt, Zweite von links) Bronze.
FOTO: FRANK MÖLDERS Paradedisz­iplin Mannschaft­sverfolgun­g: Bei Olympia in Tokio holte die in Erfurt ausgebilde­te Lisa Klein Gold in Weltrekord­zeit mit dem deutschen Bahnvierer, bei der Junioren-em in Apeldoorn wurde es für das Quartett mit Franz Arendt (Turbine Erfurt, Zweite von links) Bronze.

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