Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
„Wir sind nicht sensibel genug mit diesem Thema umgegangen“
Pädagogische Hilfe mit wissenschaftlicher Begleitung für die Kindertagesstätte „Anne Frank“in Elxleben. Umbenennungsabsicht wird nicht weiterverfolgt
Als eine Konsequenz aus der Diskussion um eine Umbenennung der Kita „Anne Frank“in Elxleben (Landkreis Sömmerda) wollen Kita und die Gemeinde als Trägerin eine Kooperation mit der Universität Gießen eingehen. Professor Sascha Feuchert hatte sich schnell entschlossen, der Kita fachliche Unterstützung anzubieten, nachdem er von den Plänen erfuhr.
Der Germanist forscht zur Holocaustliteratur und einer kindgerechten Vermittlung des Themas. Mit dem Kinderkanal in Erfurt arbeitet er gerade an einem Film über Anne Frank. Im Dialog mit Kita-mitarbeiterinnen werde man nach Wegen suchen, wie man das Thema in die pädagogische Arbeit einfließen lassen kann, ohne Kinder zu überfordern. „Wenn daraus ein Konzept entsteht, das auch von anderen Kitas nutzbar ist, könnte aus dieser Diskussion sogar etwas Positives für die Erinnerungskultur entstehen“, so der Wissenschaftler.
„Wir nehmen dieses Angebot dankbar an“, erklärt Elxlebens Bürgermeister Heiko Koch (CDU). Für den Januar bereite man eine erste Videokonferenz vor, neben den Kita-mitarbeiterinnen sollen auch Eltern eingebunden werden. „Wir sind nicht tiefgründig und nicht sensibel genug mit diesem Thema umgegangen“, räumte Koch ein. Noch am Dienstag hatte er entschieden, die Frage einer Umbenennung der kommunalen Kita nicht im Gemeinderat zu behandeln. „Die Kita wird ihren Namen behalten“.
Hinter dieser Entscheidung stehe auch die Kita-leitung. Sie war am Mittwoch für Anfragen nicht erreichbar. Bedauerlicherweise habe man das Signal, das eine Trennung vom Namen „Anne Frank“ausgesendet hätte, nicht im Blick gehabt, so Koch. Das sei ihm nach den vielen Gesprächen bewusst geworden, die er führte.
Darunter auch mit dem Chef der Cdu-landtagsfraktion, Mario Voigt. Dieser spricht von einem „vernünftigen Gespräch“, der Bürgermeister habe mit dieser Entscheidung und im Gespräch mit der Kitadie
Leitung die Debatte „umsichtig eingefangen“. Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, zeigte sich erleichtert über die schnelle Reaktion aus der Gesellschaft und vor allem über die rasche parteiinterne Klärung mit dem Bürgermeister.
Der Name „Anne Frank“sei für Kinder schwer greifbar: So hatten
Kita-mitarbeiterinnen den nun ad acta gelegten Vorstoß für eine Umbenennung in „Elchzwerge“erklärt und von einer mehrheitlichen Unterstützung in der Elternschaft gesprochen. Für ihn sei das eine unhaltbare Begründung, erklärt Martin Ziegler von der Cdu-fraktion im Gemeinderat Elxleben. „Unglücklich und nicht weitsichtig“nennt er den Vorgang, die Zustimmung aus der Elternschaft habe ihn verwundert: „So einen Namen legt man nicht einfach ab.“Er habe sich noch am Montag mit den Mitgliedern seiner Partei im Gemeinderat verständigt, die im Gremium die Mehrheit hat. „Unsere Fraktion hätte eine Umbenennung abgelehnt.“
„Für uns ist dieser Vorgang Anstoß,
sich nicht nur in der Kita mit der Geschichte von Anne Frank zu beschäftigen“, sagt Bürgermeister Koch. Eine richtige Konsequenz, findet Martin Ziegler. Anscheinend gebe es da einigen Informationsbedarf. Wenn Kita und Gemeinde es wünschen, stehe er und die Landesgemeinde für Gespräche zur Verfügung, erklärt Reinhard Schramm.
Ein Angebot für pädagogische Hilfe kommt auch vom Annefrank-zentrum in Berlin. Ein altersgerechter Umgang mit dem Thema sei auch in einer Kita möglich, sagt Direktorin Veronika Nahm. Die Zeit des Holocaust präge unsere Gesellschaft nach wie vor. „Kinder stellen Fragen, weil sie beobachten, was um sie herum passiert.“
„Ein altersgerechter Umgang mit dem Thema ist auch in einer Kita möglich.“Veronika Nahm, Direktorin im Anne-frank-zentrum Berlin