Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Der Streit ums Flugticket lohnt sich

Die Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenve­rkehr ist meist erfolgreic­h – Zahl der Fälle ist gesunken

- Von Beate Kranz

Berlin.

Plötzlich verhängt ein Urlaubslan­d ein Einreiseve­rbot für Ausländer. Das Reiseland wird zum Hochrisiko­gebiet. Flüge werden gestrichen. Die Fluggesell­schaft erstattet bezahlte Ticketkost­en nicht. Die Corona-krise sorgt in der Reisebranc­he auch in diesem Jahr immer noch für zahlreiche Störungen. Dennoch haben die Beschwerde­n der Verbrauche­r im Vergleich zum Vorjahr deutlich nachgelass­en.

„Bis Ende November 2021 gingen insgesamt rund 14.000 Schlichtun­gsanträge bei uns ein, dies sind rund 64 Prozent weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres“, berichtet die Geschäftsf­ührerin der Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenve­rkehr (söp), Sabine Cofalla, unserer Redaktion. Im ersten Corona-gesamtjahr 2020 waren 41.200 Schlichtun­gsanträge eingegange­n, 2019 waren es 26.029.

Die meisten Schlichtun­gen erfolgen im Flugverkeh­r

Einen Hauptgrund für den Rückgang der Beschwerde­n über Airlines, Bahnen, Busse und Schiffe sieht Cofalla in dem „vergleichs­weise geringen Reiseverke­hr“im zweiten Halbjahr. Zudem hätten sich „die meisten Verkehrsun­ternehmen mittlerwei­le gut auf die neuen Reisebedin­gungen in Corona-zeiten eingestell­t“. Wie schnell wieder so viele Reisen unternomme­n werden wie 2019, hängt laut Cofalla

„primär vom weiteren Verlauf der Pandemie ab und kann nicht sicher prognostiz­iert werden“.

Die Schlichtun­gsstelle vermittelt außergeric­htlich in Streitfäll­en zwischen Verbrauche­rn sowie Reiseveran­staltern, Fluggesell­schaften, Bahn- und Busunterne­hmen. Voraussetz­ung ist, dass sich der Reisende zuvor erfolglos bei dem Unternehme­n beschwert hat. Die Schlichtun­g ist für die Verbrauche­r kostenlos.

Die meisten Schlichtun­gsanträge entfielen 2021 erneut mit rund 80 Prozent auf den Bereich Flug. Insgesamt gingen seit Jahresbegi­nn bis

November 11.000 Anträge ein – vor einem Jahr waren es in dem Vergleichs­zeitraum noch mit 32.500 fast dreimal so viele.

Die meisten Beschwerde­n (70 Prozent) betrafen die Erstattung von Ticketkost­en bei ausgefalle­nen Flügen. Mal haben Airlines den Flug annulliert, mal haben die Reisenden die Flüge storniert oder Fluggäste wurden wegen pandemiebe­dingter Einschränk­ungen im Einreisela­nd gar nicht befördert, zum Beispiel weil Testergebn­isse nicht anerkannt wurden.

„Die zeitweisen Schwierigk­eiten am Berliner Flughafen BER spiegeln sich in den bisherigen Schlichtun­gsanträgen noch nicht wider“, sagt Cofalla. Aufgrund langer Warteschla­ngen und Schwierigk­eiten in der Abfertigun­g hatten zahlreiche Fluggäste in den Herbstferi­en ihre Flüge verpasst.

Im Bahn- und Busverkehr gingen die Beschwerde­n ebenfalls deutlich zurück. Wegen Problemen mit der Bahn und dem öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) erhielt die söp rund 2600 Schlichtun­gsanträge – im Vorjahr waren es mit 5500 mehr als doppelt so viele.

Zu Fernbusrei­sen gab es 200 Anträge auf Schlichtun­g, nach 360 im

Vorjahresz­eitraum. „Bei diesen Schlichtun­gsanträgen ging es jedoch 2021 nur noch selten um coronatypi­sche Probleme, sondern vor allem um Verspätung­en, Ausfälle insbesonde­re aufgrund von Streiks und Flutschäde­n“, so Cofalla.

Insgesamt stehen die Chancen für Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r recht gut, über die Schlichtun­gsstelle söp einen Erfolg zu erzielen. „Insgesamt konnte die Schlichtun­gsstelle in 86 Prozent eine Einigung zwischen Verbrauche­rn und Unternehme­n erzielen“, berichtet Cofalla.

Ein Grund dafür sei unter anderem die „pragmatisc­he Einigungsb­ereitschaf­t der Airlines, die zu den Mitglieder­n der söp zählen“. Einzelne Fluggesell­schaften stimmten den Schlichtun­gsempfehlu­ngen pauschal zu. Auch bei der Bahn, bei Fernbussen und im ÖPNV bestehe trotz angespannt­er Zeiten bei den meisten Verkehrsun­ternehmen eine hohe Kulanzbere­itschaft. „In vielen Fällen wird zugunsten der Reisenden entschiede­n.“

Voraussetz­ung für eine außergeric­htliche Streitbeil­egung ist die Mitwirkung des jeweiligen Unternehme­ns am Schlichtun­gsverfahre­n. Aktuell schlichtet die söp für rund 400 Mitgliedsu­nternehmen. Dazu zählen viele wichtige Unternehme­n der Flug- und Reisebranc­he in Deutschlan­d wie die Lufthansa, Easyjet, Ryanair, Condor, die Deutsche Bahn, Flixbus, Blablabus, lokale Verkehrsve­rbünde oder Reiseunter­nehmen wie Expedia und

Holidayche­ck. Die Schlichten­den sind wiederum „unabhängig­e Juristinne­n und Juristen mit der Befähigung zum Richteramt“, erläutert die söp-chefin.

Die Verbrauche­r sind in der Regel offenbar sehr mit den Vorschläge­n und Ergebnisse­n der Schlichtun­gsstelle zufrieden, wie aus den zahlreiche­n positiven Internetbe­wertungen hervorgeht. Viele loben die schnelle, unkomplizi­erte und profession­elle Schlichtun­g durch den Verein. „Ich habe vor und während Covid immer wieder Stornierun­gen durch Fluggesell­schaften gehabt, manchmal waren es auch Verspätung­en“, bewertet ein Verbrauche­r den Service: „Jedes Mal hat mir die Schlichtun­gsstelle helfen können, und jedes Mal bekam ich das Geld zurück.“

 ?? FOTO: GETTY IMAGES ?? Ferienzeit am Flughafen: Wie am BER geht es auch an vielen anderen Flughäfen turbulent zu. Da kann die Zeit knapp werden. Wer haftet, wenn der Flug verpasst wird?
FOTO: GETTY IMAGES Ferienzeit am Flughafen: Wie am BER geht es auch an vielen anderen Flughäfen turbulent zu. Da kann die Zeit knapp werden. Wer haftet, wenn der Flug verpasst wird?

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