Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Prozess des Zerfalls
„Get Back“: Zu Album und Film-doku gibt es jetzt das Buch über das letzte große Projekt der Beatles
Bereits mit dem Anthologyprojekt Mitte der Neunziger versuchten die verbliebenen drei (Ex-)beatles sich an einer Art Gesamtkunstwerk. Zur mehrteiligen Film-doku gab es drei Musikalben und ein Buch, so groß und schwer, das für ein halbwegs komfortables Lesevergnügen eigentlich ein eigenes Pult verlangte.
Nun, ein viertel Jahrhundert später, wagen sie wieder den ganz großen Wurf anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des „Let it be“-albums – wegen Corona ein Jahr verspätet.
Die Veröffentlichungsoffensive besteht aus einem Dreiklang: eine Film-doku (auf „Disney+“), das remasterte Album mit vielen Outtakes und einem dieses Mal nicht ganz so dicken, aber doch wieder stattlich schweren und umfangreichen Buch. Der Titel: „Get Back“.
Er sei anfangs skeptisch gewesen, ob ein Buch funktioniere, ohne Bewegtbilder, schreibt Peter Jackson („Herr der Ringe“), Regisseur der dazugehörigen „Get Back“-doku, im Vorwort. Doch er änderte seine Meinung: Es sei eine andere Art, diese Geschichte zu erzählen, „und zwar eine ebenso fesselnde.“
Außer den Kameras liefen 1969 zwei Tonbänder mit, als die Beatles versuchten, ihre Band zu retten. Der Plan: Sich bei Proben in den Twickenham-filmstudios und im bandeigenen Tonstudio für eine geplante Tv-show und ein Konzert (das erste seit 1966) filmen zu lassen. Aus beidem wurde nichts (außer dem legendären Auftritt auf dem Dach des Apple-gebäudes). Aber der Prozess des Zerfalls wurde für die Nachwelt festgehalten: 150 Stunden Gespräche auf Magnetbändern.
Die ungeschönten Mitschriften dieser Dialoge machen den Großteil des Buches aus neben einer Einleitung des Schriftstellers Hanif Kureishi. Die Dialoge lesen sich zuweilen wie das Script eines Theaterstücks. Ein leicht chaotisches zwar, aber mit Abgängen (George Harrison verlässt kurz die Band) und Auftritten (Keyboarder Billy Preston).
Und ja, auch hier werden Mythen widerlegt, etwa, dass Yoko Ono der treibende Keil der Trennung oder die Band heillos zerstritten war. Man bekommt sogar eine Ahnung, wie ein Beatles-song entsteht, etwa bei „Get Back“, wo sich die Musiker über Tage Ideen und Textzeilen quasi zuwerfen. Lohnenswert ist der Band aber allein wegen der vielen Bilder mit Fotos von Linda Mccartney, Ethan A. Russel und von den restaurierten Filmaufnahmen.
The Beatles, Peter Jackson, Hanif Kureishi: The Beatles: Get Back, Droemer HC, 240 Seiten, 44 Euro