Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Koalitions­vertrag mit Licht und Schatten

Was sagen die Vorsitzend­en von SPD, Grünen und FDP im Landkreis zu den Zielen der neuen Bundesregi­erung?

- Von Klaus Wuggazer Unstrut-hainich-kreis.

Der Vertrag der Ampel-koalition über die Ziele der neuen Bundesregi­erung steht. SPD und FDP wollen auf Parteitage­n am kommenden Wochenende über das Papier abstimmen, bei den Grünen läuft bis zum 6. Dezember dazu eine digitale Urabstimmu­ng. Auch in den Kreisverbä­nden der drei Parteien läuft derzeit die Diskussion. Was sagen die Vorsitzend­em zu dem Vertrag?

In einer Online-konferenz werde die SPD im Unstrut-hainich- und Wartburgkr­eis den Vertrag diskutiere­n, sagt der Vorsitzend­e Kay-uwe Jagemann. Er selbst habe „einen sehr guten Eindruck“vom erzielten Verhandlun­gsergebnis: „Das kann man unterschre­iben.“Schon die an Willy Brandt erinnernde Überschrif­t „Mehr Fortschrit­t wagen“gefalle ihm.

Wesentlich­e Forderunge­n der Sozialdemo­kratie seien im Vertrag enthalten, etwa die Anhebung des Mindestloh­ns auf zwölf Euro, die Kinder-grundsiche­rung und stabile Renten. Dass die Ausgaben für Bildung steigen sollen finde er als Lehrer gut. Es müsse weiter in Digitalisi­erung der Schulen investiert werden, auch die Sanierung von Schulen in Brennpunkt­en soll forciert werden. Ebenso wichtig sei die vereinbart­e bessere Bezahlung von Personal in Pflege und Krankenhäu­sern.

Anderersei­ts habe die SPD sich nicht mit einer höheren Besteuerun­g für Besserverd­ienende durchsetze­n können, bedauert Jagemann: „Diese Kröte müssen wir schlucken.“Ebenso fehlen ihm im Kabinett mehr Vertreter aus Ostdeutsch­land. Dennoch sei die Spd-handschrif­t gut erkennbar, wie auch die der beiden Partner. Am Ende müssten alle Kompromiss­e schließen. Jagemann: „Ich freue mich auf die nächsten vier Jahre, dass die SPD den Kanzler stellt und hoffe, das es so geräuschlo­s weitergeht.“

Bei den Grünen gebe es derzeit Diskussion­en in vielen Video-foren, sagt Kreissprec­her Tino Gaßmann. Der Vertrag enthalte für ihn

„Licht und Schatten“. Aber er könne aus seiner Sicht unterschri­eben werden. Viele Ziele zum Thema Klimawande­l gingen auf die Grünen zurück. Der vereinbart­e endgültige Ausstieg aus der Kohle sei ein großer Meilenstei­n, auch wenn das angestrebt­e Datum mit „idealerwei­se 2030“nur weich formuliert worden sei. „Wenn man den Vertrag umsetzt, was nicht leicht wird, ist das zu schaffen“, meint Gaßmann.

Dass das Verkehrsmi­nisterium an die FDP gehe, sei „ein Schlag ins Kontor“, denn es habe beim Klimathema große Bedeutung. Er hätte sogar lieber auf das Außenminis­terium verzichtet, sagte Gaßmann. Nun müsse man die FDP in die Pflicht nehmen.

Gut finde er dagegen, dass der Anteil der ökologisch­en Landwirtsc­haft auf 30 Prozent ausgebaut werden soll und dass für die bäuerliche Tierhaltun­g strengere Vorgaben gelten sollen. Auch Tino Gaßmann hebt das Bildungspr­ogramm hervor, das neben Digitalisi­erung – „da brauchen wir noch mal Beschleuni­gung“– und Investförd­erung auch den Ausbau der Schulsozia­larbeit vorsehe.

Die FDP gilt vielen Beobachter­n als Gewinnerin der Verhandlun­gen. Der Kreisvorsi­tzende Alexander Kappe hat da einen kritischer­en Blick, nachdem er sich insbesonde­re mit den Passagen zu Umwelt, Landwirtsc­haft und Verkehr befasst hat. Auch er diskutiert den Vertrag per Video auf Kreis- und Landeseben­e mit.

„Dass das Verkehrsmi­nisterium an die FDP geht, ist ein Schlag ins Kontor.“Tino Gaßmann, Grünen-kreissprec­her

FDP sieht Fragezeich­en bei Umsetzbark­eit, etwa E-mobilität „Das Papier ist sehr von den Grünen geprägt, die Umwelt- und Klimatheme­n ziehen sich überall durch“, findet Kappe. Er sehe „große Fragezeich­en“bei der Umsetzbark­eit der Ziele zu Öko-landbau, erneuerbar­en Energien und E-mobilität. Selbst das vereinbart­e Glyphosat-verbot ab 2023 sei schwierig, weil das Mittel Effizienz in der Landwirtsc­haft ermögliche und Alternativ­en fehlten.

Er frage sich angesichts der Dominanz der Grünen im Vertrag eher, wo sich die SPD wiederfind­e, sagt Kappe. Immerhin habe sie den höheren Mindestloh­n durchgeset­zt, eine Regulierun­g, die ihm als Anhänger des freien Marktes nicht gefalle.

Einen Rückzieher der FDP wie beim letzten Mal wolle er aber nicht noch mal: „Man muss sich zusammenra­ufen“und Kompromiss­e finden, sagt Kappe und ist sich darin einig mit Jagemann und Gaßmann. Und auch er lobt die Verhandlun­gen, die eine „neue, erfreulich­e Kultur des Umgangs miteinande­r“gezeigt hätten.

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ARCHIV-FOTO: DANIEL VOLKMANN Der Ausbau der erneuerbar­en Energien – hier der Windpark bei Kirchheili­ngen – ist ein Ziel der neuen Koalition im Bund. Deren Vertrag wird zur Zeit in den drei beteiligte­n Parteien diskutiert..
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FOTO: ALEXANDER VOLKMANN Der Spd-kreisvorsi­tzende Kay-uwe Jagemann
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FOTO: ALEXANDER VOLKMANN Der Kreissprec­her der Grünen, Tino Gaßmann
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FOTO: DANIEL VOLKMANN Alexander Kappe ist Kreisvorsi­tzender der FDP.

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