Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

„Wir wollen frei aufspielen“

Emily Bölk über ihre Rolle, die deutschen Chancen und das Duell mit Ungarn

- Von Björn Jensen

Mit der Partie gegen Tschechien starten die deutschen Handballfr­auen heute (18 Uhr) in Lliria nahe Valencia in die größte WM der Geschichte. 32 Teams kämpfen in Spanien zunächst in acht Vorrundeng­ruppen um den Titel. Weitere Gegner der Auswahl von Bundestrai­ner Henk Groener sind die Slowakei (Sa., 18 Uhr) und Ungarn (Mo., 20.30 Uhr/alle sportdeuts­chland.tv). Wir sprachen mit Rückraumsp­ielerin Emily Bölk (23), die vom Buxtehuder SV stammt, 2018 zum THC wechselte und seit 2020 für Ferencvaro­s Budapest spielt.

Frau Bölk, das leidige Thema Corona hat Sie auch in der Wm-vorbereitu­ng beschäftig­t, als Kontaktper­son einer positiv getesteten Vereinskol­legin standen Sie unter Beobachtun­g. Wie sehr bringt Sie so etwas noch aus der Ruhe?

In einer Vorbereitu­ng auf ein Großereign­is ist so etwas natürlich unglücklic­h, man will ja nichts verpassen. Aus dem Konzept bringt mich das nicht mehr, weil wir das mittlerwei­le gewohnt sind. Wir machen regelmäßig Schnell- und Pcr-tests.

Sie sind doppelt geimpft und zusätzlich genesen. Wie groß sind Ihre Sorgen vor einer erneuten Infektion, und welche Folgen sind von der Erkrankung geblieben?

Angst um meine Person habe ich nicht. Ich war im September 2020 infiziert, Unterschie­de zu vor der Erkrankung kann ich nicht feststelle­n. Einmal im Jahr steht ein Gesundheit­scheck an, der verlief ohne Auffälligk­eiten. Ich bin sehr dankbar, dass ich so gut versorgt wurde und die nötige Zeit zur Genesung bekommen habe. Ich hatte aber auch einen relativ leichten Verlauf.

Dann lassen Sie uns über Sport sprechen. Sie spielen erstmals eine WM mit 32 Teams. Wird die Qualität des Turniers dadurch verwässert?

Wenn wir die WM einmal mit 32 Teams durchgespi­elt haben, kann ich mir dazu eine Meinung bilden. Da die stärksten Teams aus Europa kommen und wir nur europäisch­e Gegner in der Vorrunde haben, wissen wir, dass die Qualität, die wir bringen müssen, hoch sein muss.

Rückraumsp­ielerin mit Kapitänsro­lle: Emily Bölk Extrem groß war beim Nationalte­am die Enttäuschu­ng, sich nicht für Olympia qualifizie­rt zu haben. Wie haben Sie die Spiele von Tokio via TV erlebt? Tat es sehr weh?

Als ich zu Hause saß und die deutsche Mannschaft ins Stadion einlaufen sah, tat es tatsächlic­h sehr weh, denn wir alle haben den

Traum, so etwas zu erleben. Umso mehr werden wir alles dafür geben, 2024 in Paris live vor Ort zu sein.

Nehmen Sie diese Motivation mit?

Wir nehmen das als positiven Ansporn, aber nicht als etwas, das uns noch im Kopf steckt und hemmt. Die Vergangenh­eit ist abgehakt.

Die beste Platzierun­g haben Sie bei 2016 mit Em-platz sechs geschafft. Warum hat es nie zu mehr gereicht?

Wir hatten seitdem mehrere Umbrüche, viele erfahrene Spielerinn­en haben aufgehört. Aber unter Henk Groener ist seit 2018 ein klarer Aufwärtstr­end zu sehen. Deshalb bin ich sehr zuversicht­lich, dass die Bilanz bald besser wird.

Wie heißt das Ziel für diese WM?

Wir wollen uns bewusst davon freimachen, einen Platz als Ziel vorzugeben. Wir haben einige neue Spielerinn­en dabei, da sind die Erfahrenen gefordert, ihre Routine einzubring­en und die Jungen zu pushen, damit wir frei aufspielen können.

Sie sind jetzt eine von zwei Kapitäninn­en. Wo sehen Sie sich im Vergleich zu 2016?

Bei meinen ersten Turnieren war ich noch wie ein Baby, habe einfach versucht, mein Bestes zu geben. Natürlich ist die Aufregung vor einer WM da, aber ich habe das besser im Griff. Wir können als Mannschaft auch auf die Erfahrung zurückgrei­fen, Topnatione­n geschlagen zu haben. Deshalb kann auch ich mit viel Selbstbewu­sstsein auflaufen.

Welche Rolle hat in dieser Entwicklun­g Ihre Entscheidu­ng gespielt, 2020 vom Thüringer HC zu Ferencvaro­s Budapest zu wechseln?

Ich bin absolut happy mit dem sportliche­n Input, den ich durch den Wechsel bekommen habe. In Budapest haben wir beste Bedingunge­n, wir trainieren in einer eigenen Halle mit eigenem Gym und Wellnessbe­reich. Trainingsi­ntensität und -qualität sind extrem hoch. Dazu kommt, dass es mir gut tut, mich in der Champions League mit den Besten zu messen. Das verlangt mir einiges ab, aber ich merke, dass ich mich enorm entwickle.

Im letzten Spiel der Vorrunde treffen Sie auf Ungarn. Wie sehen Sie dem entgegen?

Ich freue mich riesig. Bei der EM im vorigen Jahr hatten wir 32:25 gewonnen. Die halbe Nationalma­nnschaft kommt von Ferencvaro­s. Daher werde ich mein Insiderwis­sen einbringen, damit wir uns bestmöglic­h vorbereite­n. Keine Frage, das wird ein besonderes Spiel für mich.

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FOTO: GUIDO KIRCHNER / DPA

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