Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Verbrauche­rschützer dürfen gegen Facebook klagen

Eugh-gutachten liefert Vorentsche­idung zum Umgang mit Datenschut­zverstößen großer Tech-konzerne

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Luxemburg.

In der Frage, ob Verbrauche­rverbände bei Datenschut­zverstößen bei Internetri­esen wie Facebook anstelle betroffene­r Nutzer vor Gericht ziehen dürfen, zeichnet sich ein Urteil zugunsten der Verbrauche­rzentralen ab. Der Gutachter am Europäisch­en Gerichtsho­f (EUGH) kam jedenfalls zu dem Schluss, dass die Verbände klageberec­htigt sind, auch wenn sie keinen konkreten Auftrag von Betroffene­n haben. Das geht aus den am Donnerstag veröffentl­ichten Empfehlung­en an den EUGH hervor. Die Gutachten sind nicht bindend, oft folgen ihnen die Luxemburge­r Richter aber.

Der EUGH muss sich mit der Frage beschäftig­en, weil der deutsche Bundesgeri­chtshof (BGH) sich in dieser Sache unsicher war, ob eine Klagebefug­nis nicht gegen die Europäisch­e Datenschut­z-grundveror­dnung (DSGVO) verstoße. Im konkreten Fall ging es um die Gestaltung des „App-zentrums“von Facebook, wo kostenlose Spiele von Drittanbie­tern präsentier­t werden.

Der Dachverban­d der Verbrauche­rzentralen hatte kritisiert, dass Facebook im Appzentrum gegen den Datenschut­z verstoßen habe. Zumindest in der Version von 2012 hätten Nutzerinne­n und Nutzer mit ihrem Klick auf „Sofort spielen“automatisc­h der Übermittlu­ng verschiede­ner Daten an den Spielebetr­eiber zugestimmt. Sie berechtigt­en die Anwendunge­n auch zu posten – „Statusmeld­ungen, Fotos und mehr“.

Der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (vzbv) war deshalb zunächst erfolgreic­h gegen Facebook vorgegange­n: Das

Netzwerk informiere nicht ausreichen­d darüber, welche Daten weitergege­ben würden und was damit passiere, urteilte 2017 das Berliner Kammergeri­cht. Der Fall landete im Mai 2020 beim BGH. Dort sah Richter Thomas Koch einen relativ eindeutige­n Verstoß von Facebook gegen das Datenschut­zrecht. Der Nutzer bleibe im Unklaren, was mit seinen Daten geschehe, sagte Koch im Mai 2020. Offen blieb aber die Frage, ob Verbände wie der vzbv überhaupt klageberec­htigt sind.

Facebook vertrat in dem Verfahren die Ansicht, die DSGVO berechtige allein die Datenschut­zbeauftrag­ten, Verstöße zu ahnden. Der Anwalt der Verbrauche­rzentralen widersprac­h dieser Auffassung. Allein gegen Facebook hätten die Verbrauche­rzentralen seit 2009 acht Verfahren geführt, sagte der Leiter des Teams Rechtsdurc­hsetzung beim vzbv, Heiko Dünkel. „Die Betroffene­n selber sind in der Regel nicht in der Lage, ihre Rechte bei massenhaft­en Datenverst­ößen durch Facebook und andere Datenstaub­sauger wirksam durchzuset­zen.“

In Deutschlan­d können nicht nur die Aufsichtsb­ehörden gegen Datenschut­zverstöße vorgehen. Auch Mitbewerbe­r und Verbände, Einrichtun­gen und Kammern können ohne Auftrag einer betroffene­n Person klagen.

Der Eugh-gutachter vertrat den Standpunkt, die DSGVO stehe einer deutschen Regelung nicht im Weg. Demnach können Euländer bestimmten Einrichtun­gen gestatten, ohne Auftrag der geschädigt­en Menschen Verbandskl­agen „zum Schutz der Kollektivi­nteressen der Verbrauche­r“zu erheben.

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