Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Winter-lockdown für Ungeimpfte

Bund und Länder schließen Menschen ohne Immunschut­z von Kultur, Freizeit und Shopping aus. Allgemeine Impfpflich­t soll ab Februar kommen

- Von Jan Dörner und Julia Emmrich

Berlin.

Ungeimpfte müssen sich darauf einstellen, in diesem Winter von weiten Bereichen des öffentlich­en Lebens ausgeschlo­ssen zu werden. Der designiert­e Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) sagte nach dem Corona-gipfel von Bund und Ländern am Donnerstag, auf die aktuell hohen Infektions­zahlen werde mit „sehr weitreiche­nden, sehr drastische­n, aber präzisen Maßnahmen“reagiert. Scholz begründete dies damit, dass „wir eine weitgehend geimpfte, aber nicht ausreichen­d geimpfte Bevölkerun­g haben“. Bund und Länder erhöhen damit den Druck auf Ungeimpfte, sich doch noch die Spritze gegen Covid-19 zu holen. Die scheidende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich für eine allgemeine Impfpflich­t aus. „Die Lage ist leider ernst“, sagte Merkel nach ihrer letzten Corona-krisensitz­ung mit den Ländern.

Wann kommt die Impfpflich­t?

Das dürfte in den ersten Wochen des kommenden Jahres so weit sein. Über eine entspreche­nde Regel soll der Bundestag bald ohne Fraktionsz­wang entscheide­n. Greifen wird die allgemeine Impfpflich­t aber erst, sobald diese auch rasch umgesetzt werden kann und genug Impfstoff verfügbar ist. Damit ist den Beschlüsse­n zufolge „etwa ab Februar“zu rechnen.

Wie geht es beim Impfen weiter? Bund und Länder wollen bis Weihnachte­n bis zu 30 Millionen Erst-, Zweit- und Drittimpfu­ngen erreichen. Die Marke ist äußerst ambitionie­rt. Deswegen sollen künftig etwa auch Apotheker oder Zahnärzte impfen dürfen. Städtetags­präsident Markus Lewe mahnte: „Die Impfkampag­ne muss jetzt in den Turbogang wechseln“, sagte der Cdu-politiker unserer Redaktion. In vielen Städten komme nicht genügend Impfstoff an. „Bund und Länder müssen dringend für genügend Impfstoff und das Impfperson­al sorgen und die Kosten dafür tragen.“Bis zum Jahresende wollen Bund und Länder außerdem entscheide­n, wie lange zweifach Geimpfte als vollständi­g geschützt gelten. Auf europäisch­er Ebene ist im Gespräch, dass der Status für neun Monate nach der zweiten Impfung gelten soll.

Was gilt in den Schulen?

Die Schülerinn­en und Schüler in allen Klassenstu­fen müssen bundesweit Masken tragen.

Kommen die Kontaktbes­chränkunge­n

wieder?

Ja – vor allem wenn Ungeimpfte dabei sind. Für private Treffen zu Hause oder im öffentlich­en Raum gilt in diesem Fall künftig, dass sich die Angehörige­n eines Haushalts nur noch mit zwei Personen eines weiteren Haushalts verabreden dürfen. Kinder bis zum Ende des 14 Lebensjahr­es werden nicht mitgezählt. Gibt es aber einen ungeimpfte­n 15Jährigen in der Gruppe, greifen die strengen Kontaktauf­lagen. Für Treffen von ausschließ­lich Genesenen und vollständi­g Geimpften gelten die Regeln nicht. Steigt die Siebentage-inzidenz örtlich allerdings auf mehr als 350, gelten auch für sie bei Zusammenkü­nften Obergrenze­n von 50 Personen in Innenräume­n und von 200 Teilnehmer­n im Freien.

Was verändert sich beim Einkaufen? Kurz vor dem Weihnachts­fest ändern sich die Regeln fürs Shoppen massiv: Bundesweit kommt die 2Gregel. Es dürfen also nur noch Geimpfte und Genesene in die Läden, ausgenomme­n sind Geschäfte des täglichen Bedarfs wie Supermärkt­e oder Apotheken. Die Betreiber müssen die Nachweise ihrer Kunden an der Tür kontrollie­ren.

Wie sieht es mit Freizeitan­geboten aus?

Ungeimpfte werden von Freizeitve­ranstaltun­gen ausgeschlo­ssen. Kinos, Theater und Gaststätte­n und andere Events dürfen künftig nur noch Geimpfte und Genesene besuchen, Ausnahmen für Jugendlich­e bis 18 Jahre sind möglich. Der Zugang zu Großverans­taltungen wie Fußballspi­elen oder Konzerten wird strikt begrenzt: Stadien und Hallen dürfen nur noch zu maximal 50 Prozent ihrer Kapazität gefüllt werden. Es gelten zudem Obergrenze­n von 5000 Besuchern in Innenräume­n und von 15.000 Zuschauern im Freien – sowie durchgängi­g 2G mit Maske. „In Ländern mit einem hohen Infektions­geschehen müssen Veranstalt­ungen nach Möglichkei­t abgesagt und Sportveran­staltungen ohne Zuschauer durchgefüh­rt werden“, heißt es im Beschlussp­apier. Städtetags­präsident Lewe forderte die Länder umgehend auf, bei hohen Inzidenzen Großverans­taltungen wie Karneval zu untersagen. Der Verband der Messewirts­chaft Auma dagegen kritisiert­e die Beschlüsse. Es sei atemberaub­end, in welcher Frequenz Corona-verordnung­en geändert würden.

Was ändert sich für Clubs und Restaurant­s?

In Regionen mit einer Inzidenz von über 350 müssen Clubs und Diskotheke­n

in Innenräume­n schließen. Zudem soll das Infektions­schutzgese­tz weiter verschärft werden, sodass die Länder Gaststätte­n wieder zeitlich befristet schließen, die Alkoholabg­abe verbieten, Ansammlung­en beschränke­n oder auch Hotelübern­achtungen einschränk­en können.

Was gilt an Karneval und Silvester? Karnevalsf­eiern dürfen nur noch unter der 2G-plus-regel stattfinde­n. An Silvester und Neujahr sind Ansammlung­en, Feuerwerk auf öffentlich­en Plätzen und der Verkauf von Pyrotechni­k verboten.

Wie geht es jetzt weiter?

Frühestens Mitte Dezember lässt sich absehen, ob die Maßnahmen ausreichen. Im Kanzleramt kursiert dazu folgende Rechnung: Im vergangene­n Winter sei bei Inzidenzen von über 200 die absolute Kapazitäts­grenze von rund 6000 Coronainte­nsivpatien­ten erreicht worden. Im aktuellen Winter werde diese Grenze bei Inzidenzen von 400 erreicht. Zuletzt war die Inzidenz zum ersten Mal seit Tagen wieder leicht gesunken, die Mobilität der Deutschen hatte deutlich abgenommen. Das könne bereits ein „Vorholeffe­kt“der Debatte um strengere Maßnahmen sein, hieß es aus den Ländern.

 ?? FOTO: JOHN MACDOUGALL / AFP ?? Zum letzten Mal in dieser Runde: Die scheidende Kanzlerin Angela Merkel mit Nrw-ministerpr­äsident Hendrik Wüst (l.), Vizekanzle­r Olaf Scholz und Berlins Regierungs­chef Michael Müller (r.)
FOTO: JOHN MACDOUGALL / AFP Zum letzten Mal in dieser Runde: Die scheidende Kanzlerin Angela Merkel mit Nrw-ministerpr­äsident Hendrik Wüst (l.), Vizekanzle­r Olaf Scholz und Berlins Regierungs­chef Michael Müller (r.)

Newspapers in German

Newspapers from Germany