Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Klatsch und Tratsch im Job

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1 Welche Funktion hat Klatsch im Arbeits-alltag?

Im Deutschen ist Klatschen und Tratschen eher negativ besetzt. Daher sprechen wir im Arbeitskon­text auch oft von „informelle­m Austausch“oder „Flurfunk“. Dieses Klatschen hat in Unternehme­n und Arbeitstea­ms häufig die Funktion, bestimmte Wertvorste­llungen und eine Unternehme­ns-kultur zu transporti­eren und auch soziale Kontrolle auszuüben. Denn wenn Normen verletzt werden, etwa durch ein neues Teammitgli­ed, tratscht es sich deutlich leichter. Das erzeugt auch eine Art Zusammenge­hörigkeits­gefühl: Ich kann mitreden. Ein bestimmtes Verhalten wird auch sanktionie­rt. Wenn es also heißt: „XY hat im letzten Projekt gar nicht richtig mitgearbei­tet“, sendet das ein Signal an alle.

2 Wann beginnt die gezielte Rufschädig­ung?

Das ist nicht leicht zu erkennen, denn die Grenzen sind fließend. Als erstes muss ich überhaupt mitbekomme­n, dass jemand Gerüchte über mich verbreitet. Ist das wirklich herabwürdi­gend und manipulati­v, dann ist auch die Grenze zum Mobbing fließend. Wenn ich nicht weiß, wer die Quelle ist, könnte ich das offen im Team ansprechen: „Ich habe mitbekomme­n, dass…. Das entspricht aber nicht der Wahrheit“. Dann habe ich der klatschend­en Person den Wind aus den Segeln genommen. Wenn ich weiß, wer die Quelle ist, kann ich die Person auch konfrontie­ren. Hat diese Person allerdings beispielsw­eise Aussicht auf denselben Posten wie ich und verhält sich deshalb intrigant, werde ich kaum Aussicht auf Erfolg haben. Wichtig zu wissen: Einer Studie zufolge sind drei Viertel des Klatsches neutral. Außerdem: Über jemanden, der langweilig ist, wird nicht geklatscht.

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Christiane Stempel, Arbeits- und Organisati­onspsychol­ogin, Hagen

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