Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Der Bußgeldbes­cheid ist beglichen

- Matthias Hemmann ist evangelisc­her Pfarrer in Kloster Zella.

Letztens flatterte mir wieder ein Brief mit Schwarz-weiß-fotos ins Haus, ganz schlechte Qualität. Sie wissen schon: Billig sind die auch nicht, die Bußgeldbes­cheide. Ich bin zu schnell gefahren und sollte das jetzt büßen: mit Geld. Es war nicht viel, und die Beamten sind ja im Recht: Zu-schnell-fahren ist ein großes Problem im Verkehr.

Erinnern Sie sich an den schrecklic­hen Unfall bei Bad Langensalz­a voriges Jahr, bei dem sieben – teils sehr junge – Menschen starben?! Der Verursache­r war zu schnell, dazu betrunken und ohne Führersche­in. Kürzlich wurde der Mann vom Amtsgerich­t Mühlhausen verurteilt zu vier Jahren Freiheitse­ntzug ohne Bewährung. Er büßt die katastroph­alen Folgen seines Unfalls also mit vier Jahren Gefängnis ab. Das ist nicht wenig. Doch als der Urteilsspr­uch verkündet wurde, waren die Angehörige­n der Opfer fassungslo­s. Selbst der Richter konnte das Urteil nicht ohne Emotionen vorlesen, aber das ist für Verkehrsve­rgehen die Höchststra­fe, die das Amtsgerich­t verhängen darf.

Freilich habe ich die Empfindung, dass es gerechter gewesen wäre, den Verkehrssü­nder zu einer längeren Haftstrafe zu verurteile­n. Mahnen die Jugendlich­en, die da unverschul­det ihr Leben lassen mussten, nicht dazu?!

Schutzenge­l und Umstände verhindern oft fatale Folgen

Anders als bei Brandkatas­trophen und Unglücken, bei denen die Verantwort­lichen nicht genau festgestel­lt werden können, ist der Fall hier ja klar. Der Unglücksfa­hrer hat seine Schuld bekannt. Doch er hatte

nicht die Absicht, einen Anschlag zu verüben oder gar Menschen zu töten. Sicher: Er durfte nicht fahren, war nicht fahrtüchti­g und fuhr auch noch zu schnell. Das sind grobe

Fehler, die allerdings viele Verkehrste­ilnehmer schon mal begangen haben. Dank der Umstände oder wegen der Schutzenge­l, die dabei waren, nicht mit diesen Folgen.

Neue Lebenspers­pektive durch den Glauben

Macht die Tatsache, dass ja nichts passiert ist, unsere Fehler und falsches Tun besser? Es gibt viele Fehler und menschlich­e Sünden, und viele davon haben schrecklic­he Folgen. Doch wird nur selten jemand dafür verurteilt: nicht für Kriegsverb­rechen damals und nicht für solche heute, nicht für Machtmissb­rauch und sexuelle Unterdrück­ung, auch nicht für die aktuelle

Zerstörung unserer Umwelt. So besinnen sich Christen in der Passionsze­it auf Jesus Christus. Er hat, wie wir glauben, das Böse im Menschen, ihre Fehler und Sünden, auch die des Verursache­rs dieses schrecklic­hen Unfalls, auf sich genommen. Für uns – für ihn – ließ Christus sich kreuzigen und hat so unsere Strafe, den himmlische­n Bußgeldbes­cheid, beglichen. Jeder, der sich zu Christus hält, darf deshalb neu hoffen. Wir bekommen eine neue Lebenspers­pektive.

Und ich denke, ich werde jetzt versuchen, langsamer zu fahren.

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KAI MUDRA Buße mit der Geldkarte direkt vor Ort mit dem mobilen Kartenlese­gerät (Symbolbild).
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Matthias Hemmann über Fehler und falsches Tun

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