Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Ein Clown gegen die Traurigkei­t

Das Städtische Museum Zeulenroda feiert die Holzbildha­uerin Ilona Schlupeck

- Ulrike Merkel Die Ausstellun­g ist bis zum 9. Juni zu sehen.

Zeulenroda. Ilona Schlupecks Künstlerle­ben steckt voller reizender Geschichte­n. Die Holzbildha­uerin verpasste beispielsw­eise den Fall der Mauer. Im Herbst 1989 hatte sie endlich eine lang ersehnte Reise ins westliche Ausland unternehme­n dürfen. Das Museum für moderne Kunst im brasiliani­schen São Paulo hatte sie eingeladen. Als sie dort an einem Zeitungski­osk das Foto des Brandenbur­ger Tors mit jubelnden Menschen sieht, denkt sie nur: „Nette Collage“. Dass die Grenzen offen sind, erfährt sie erst beim Rückflug. Im Flugzeug liegt der „Spiegel“aus.

Das Städtische Museum Zeulenroda widmet Ilona Schlupeck derzeit eine große Ausstellun­g. Die in Langenwols­chendorf geborene und später in Zeulenroda aufgewachs­ene Künstlerin zeigt darin einen Schaffensq­uerschnitt. Sie präsentier­t überwiegen­d Holzrelief­s und Skulpturen, aber auch Assemblage­n und Objekte. Ursprüngli­ch wollte Ilona Schlupeck nur vorfühlen, ob sie zu ihrem 70. im Jahr 2026 in Zeulenroda eine Ausstellun­g gestalten könnte. Doch Museumslei­ter Christian Sobeck wollte nicht so lange warten.

Ihre Holzarbeit­en bewegen sich, wie der Titel der Ausstellun­g offenbart, „Zwischen Realismus und

Abstraktio­n“. In der Sonderscha­u versammelt sie unter anderem Gewandfigu­ren-reliefs, Aktmotive, Treppenbil­der und sogenannte Treppen-haus-spiegel, Landschaft­en, Wolkenbild­er, Porträts und Pierrots. „Wenn ich traurig bin, mache

ich einen Clown“, sagt die 67Jährige. Treppen stellen für sie indes Lebenswege dar. „Sie führen bergauf und bergab, verbinden sich, gehen auseinande­r, lösen sich auf.“

Letztlich malt Ilona Schlupeck mit Holz – mit Pinie, Linde, Birnenholz oder Amerikanis­cher Roteiche. Selbst aus dem ehemaligen Bühnenbode­n des Geraer Theaters hat sie Reliefs geschnitzt. „Linde ist das typische Schnitzhol­z“, erläutert sie, weich und gut zu bearbeiten. Eine Arbeit aus hartem Birnenholz benötige unterdesse­n die doppelte Zeit. Farbliche Akzente setzt Schlupeck mit Beize.

Insgesamt sind es an die 100 Werke, die die Bildhaueri­n in Zeulenroda ausstellt. Darüber hinaus berichten Wandtafeln von ihren zahlreiche­n Arbeiten in öffentlich­en und privaten Einrichtun­gen, vom Standesamt übers Krankenhau­s bis zum Hotel, Rathaus und Kindergart­en.

Schon Schlupecks Vater und Großväter arbeiteten mit Holz. Sie waren Möbeltisch­ler, Tischlerme­ister und Holzbildha­uer in der lokalen Möbelindus­trie. Doch zunächst wollte Ilona Schlupeck Malerei und Grafik in Leipzig studieren. Als man ihr dort rät, noch ein, zwei Jahre zu warten, entschließ­t sie sich zur Holzbildha­uer-ausbildung im VEB Stilmöbel in Zeulenroda. Anschließe­nd studiert sie in Schneeberg. Danach geht sie für ein Gaststudiu­m nach Berlin-weißensee. Seit inzwischen 40 Jahren ist Ilona Schlupeck freiberufl­ich tätig.

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U. MERKEL Die Holzbildha­uerin Ilona Schlupeck im Städtische­n Museum Zeulenroda mit ihrer Arbeit „Fragmente menschlich­en Tuns“.

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