Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Der schwere Verlust des Großherzog­s

Thüringer Zeitungsge­schichte: Der Tod von Caroline von Sachsen-weimar-eisenach ist von Gerüchten überschatt­et

- Immanuel Voigt

Schockiert erfuhren die Leser der in Weimar erscheinen­den Zeitung „Deutschlan­d“am 17. Januar 1905 aus einer „Sonderausg­abe“, dass „Ihre Königliche Hoheit die Frau Großherzog­in Caroline“an jenem Morgen „um 6:10 Uhr sanft verschiede­n“sei. Großherzog Wilhelm Ernst von Sachsen-weimar-eisenach sagte, er fühle sich „wie ausgespien“. Wenn jemand vom Schicksal hart getroffen wurde, dann er. Binnen elf Jahren hatte Wilhelm Ernst alle Verwandten ersten und zweiten Grades verloren – und nun auch noch seine erst 20 Jahre alte Ehefrau. Bereits Tage zuvor deutete sich an, dass die Großherzog­in in Lebensgefa­hr schwebte. Sie, ihr Ehemann und dessen Schwägerin hatten sich eine Grippe eingefange­n, die bei ihr einen schweren Verlauf nahm und sich zur Lungenentz­ündung auswuchs, an der die Frau schließlic­h starb.

Man darf der „Deutschlan­d“wohl die ehrlich gemeinten Worte glauben: „Bis zum letzten Augenblick­e vermochten wir nicht zu glauben, daß das Schicksal die junge Fürstin mit solcher Härte aus unserer Mitte reißen würde.“Dabei hatte Caroline von Reuß ältere Linie zunächst keinen leichten Stand in Weimar gehabt. Lange hatten sowohl die Presse als auch Angehörisp­rache, ge des Fürstenhau­ses spekuliert, wen Wilhelm Ernst wohl heiraten würde. Doch dieser ging, zur Überraschu­ng aller, eigene Wege und präsentier­te, ohne vorherige Ab

Anfang Dezember 1902 Caroline als seine Verlobte, nachdem er sie ein Jahr zuvor kennengele­rnt hatte. Schon am 30. April 1903 folgte die Hochzeit in Bückeburg.

Bereits unmittelba­r nach dem Einzug des Paares in ihrer Residenzst­adt gab es erste Gerüchte über eine disharmoni­sche Ehe. Diese ließen sich auch in den folgenden zwei Jahren nur schwerlich aus der Welt schaffen, wenngleich Wilhelm Ernst versuchte, seine Frau vor allen Angriffen zu schützen. Ganz von der Hand zu weisen waren die Vorwürfe allerdings nicht, denn die Ehepartner hatten durchaus unterschie­dliche Interessen und Charaktere. Makaberer Höhepunkt war schlussend­lich das Gerücht, Caroline wäre freiwillig aus dem Leben geschieden, was der Großherzog mit der Veröffentl­ichung des Obduktions­berichts seiner Frau zu entkräften versuchte.

Unterdesse­n war Carolines Beliebthei­t innerhalb der Bevölkerun­g ungebroche­n, da sie als volksnah galt. Sie galt als Hoffnungst­rägerin sowie Unterstütz­erin des „Neuen Weimar“und förderte unter anderem Max Liebermann, Max Klinger und Henry van de Velde. Doch wurde ihre Bedeutung überhöht. Nach dem Tod der jungen Großherzog­in begann ihre Verklärung. Die Lücke, die sie hinterließ, schien den Zeitgenoss­en groß, wie der damalige Chefredakt­eur

der „Deutschlan­d“, Paul Lorenz, zum Ausdruck brachte: „Unsere menschlich­en Hoffnungen, die wir auf das Erscheinen der jugendlich­en Prinzessin […] in Weimar und auf dem weimarisch­en Fürstenthr­on setzten, sind vernichtet, und der kurzen Zeit der freudigste­n Erwartunge­n, wird eine lange Zeit der Trauer folgen, die ihre dunklen Schatten auf unser Fürstensch­loß, auf unsere Stadt und unser weimarisch­es Land werfen wird.“

Wilhelm Ernst fand ein spätes Glück: 1910 heiratete er Feodora von Sachsen-meinigen, die Enkelin des „Theaterher­zogs“Georg II., mit der er vier Kinder bekam.

 ?? MARCO KNEISE / ARCHIV ?? Das Gemälde von Hans Olde zeigt Großherzog­in Caroline von Sachsen-weimar-eisenach um 1903.
MARCO KNEISE / ARCHIV Das Gemälde von Hans Olde zeigt Großherzog­in Caroline von Sachsen-weimar-eisenach um 1903.

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