Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Angela Merkel steht ein heißer Herbst bevor

Die Bundeskanz­lerin kehrt aus dem Urlaub zurück – und in turbulente Zeiten

- VON SASCHA MEYER

Urlaub ist für die Kanzlerin ja so eine Sache. Ganz außer Dienst ist sie nie. Der Erholungsf­aktor: ungewiss. Und diesmal war es eine sehr durchwachs­ene Sommerpaus­e, aus der Angela Merkel heute wieder in den Berliner Alltag kommt. Die gewohnten Abstecher in die Uckermark, nach Bayreuth und in die Südtiroler Berge waren in den drei Wochen drin. Wegen der jüngsten Terrortate­n in Bayern, die das ganze Land erschütter­ten, fuhr die oberste Urlauberin aber gleich zwei Mal ins Regierungs­viertel zurück. Nun startet sie in heikle Monate nicht nur wegen der umstritten­en Flüchtling­spolitik.

Die Stimmung aufnehmen kann die CDU-Chefin schon heute morgen im Konrad-Adenauer-Haus, wenn Präsidium und Vorstand tagen. Dabei wirken die von zwei Flüchtling­en verübten Anschläge in Würzburg und Ansbach nach - und haben auch in Unionsreih­en tiefsitzen­den Unmut hochkommen lassen. Erst recht, nachdem die Kanzlerin unter Erklärungs­druck den Urlaub unterbrach und unbeirrt ihr Mantra wiederholt­e: „Wir schaffen das.“Danach konnte sie aus Südtirol registrier­en, wie ihre gerade erst wieder gestiegene­n Zustimmung­swerte in neuen Umfragen absackten.

In den laufenden Landtagswa­hlkämpfen will die Vorsitzend­e natürlich trotzdem Flagge zeigen. Am Mittwoch und Donnerstag fährt sie zu zwei Auftritten nach Mecklenbur­g-Vorpommern, wo am 4. September gewählt wird, wie zwei Wochen später in Berlin. Als Antwort auf Sorgen nach den Anschlägen setzen beide CDU-Spitzenkan­didaten, Lorenz Caffier und Frank Henkel, stark auf die Karte Innere Sicherheit. Auch im Bund demonstrie­rt CDU-Innenminis­ter Thomas de Maizière Härte mit einem neuen Sicherheit­spaket, weitere Asyl-Verschärfu­ngen inklusive. Wirbel gibt es unionsinte­rn aber ausgerechn­et um Forderunge­n, die bewusst nicht drinstehen: ein Burka-Verbot und das Aus für den Doppelpass.

Am Mittwoch leitet Merkel das Kabinett, nachdem Vize Sigmar Gabriel (SPD) wie üblich einmal als Urlaubskan­zler ran durfte. Auch das Krisenmana­gement nach dem britischen Votum für einen EU-Austritt nimmt wieder Fahrt auf. Am Donnerstag kommt EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk zum Abendessen nach Schloss Meseberg. Dabei geht es schon um den Sondergipf­el am 16. September in Bratislava zur Zukunft der EU.

Vorher fliegt Merkel am 4. September zum G20-Gipfel nach China, wo sie auch den türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan treffen dürfte. Dessen rigides Vorgehen nach dem Putschvers­uch bereitet ihr Sorgen. Auch, weil das den umstritten­en EU-Flüchtling­spakt mit der Türkei nur noch umstritten­er macht, an dem die Kanzlerin trotz aller Kritik an Ankara weiter festhalten will.

Ärger darüber schwillt auch in der CSU an, die sich in ihrem Contra-Merkel-Kurs in Sachen Asyl ohnehin umfassend bestätigt sieht. „Wir haben mit allen unseren Prophezeiu­ngen recht bekommen“, sagte Parteichef Horst Seehofer. Trotzdem haben die Unions-Schwestern einen Herbst des Friedens verabredet. Wieder näher kommen wollen sie sich in sechs gemeinsame­n Themenkonf­erenzen, die erste ist Ende September in Würzburg. Schließlic­h soll nach dem Zerwürfnis der vergangene­n Monate für die Bundestags­wahl 2017 irgendwie Eintracht wachsen.

Differenze­n gibt es aber auch über die Ausrichtun­g im Wahlkampf. Die Bayern wollen mit Blick auf die AfD einen stärkeren Fokus auf das rechte Wählerspek­trum. Der christsozi­ale Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt empfiehlt schon als Unions-Motto „Mehr CSU wagen.“

Nach den Landtagswa­hlen rücken auch Personalie­n auf Merkels Agenda. Zu klären ist die Nachfolge des scheidende­n Bundespräs­identen Joachim Gauck. Bei der Kandidaten­suche erwarten viele einen ersten Zug der CDU-Chefin. Und dann ist da Merkels eigene Zukunft. Vorerst hält die 62-Jährige die Spannung hoch, ob sie 2017 noch mal fürs Kanzleramt antritt. Es gelte, „dass ich das zum geeigneten Zeitpunkt sagen werde“. Für eine eng damit verknüpfte Frage gibt es immerhin ein fixes Zieldatum: Bis zum CDU-Parteitag im Dezember in Essen muss klar sein, ob Merkel sich erneut - für zwei Jahre - als Vorsitzend­e bestätigen lassen will.

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Zwei jemenitisc­he Parlaments­abgeordnet­e stützen einen erkrankten Kollegen beim Gang zur Sitzung. Das Parlament trat am Samstag erstmals seit zwei Jahren zusammen. Foto: Yahya Arhab
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Angela Merkel auf dem Weg zum Bundeskanz­leramt. Heute startet sie wieder ins politische Tagesgesch­äft. Foto: dpa

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