Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Sorge wegen immer mehr Kinderehen

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Nach Recherchen der „Welt am Sonntag“steigt die Zahl der Kinderehen in Deutschlan­d deutlich an. Seit 2015 hätten die Bundesländ­er mehr als 1 000 Fälle gezählt, die Dunkelziff­er sei aber deutlich höher. Viele der minderjähr­igen Verheirate­ten kämen als Flüchtling­e ins Land. Allerdings würden auch etliche Ehen erst in Deutschlan­d geschlosse­n, etwa in Roma-Familien oder nach islamische­m Scharia-Recht.

Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) kündigte im Gespräch mit der Zeitung die Einrichtun­g einer Bund-LänderArbe­itsgruppe an, die sich ab September mit dem Thema befassen soll. Nach geltendem Recht sollen Ehen in Deutschlan­d nicht vor der Volljährig­keit geschlosse­n werden, Ausnahmen sind bisher aber ab vollendete­m 16. Lebensjahr möglich mit Einwilligu­ng der Eltern.

Der Deutsche Kinderschu­tzbund fordert ein striktes Mindesthei­ratsalter von 18 Jahren. Die Regierung müsse alle Ausnahmere­gelungen abschaffen, sagte Präsident Heinz Hilgers. Zudem müsse das Strafrecht so geändert werden, dass auch Ehen, die nicht vor einem Standesamt geschlosse­n werden, „als Zwangsverh­eiratung und damit als Straftatbe­stand erfasst werden können, der mit bis zu fünf Jahren Haft belegt ist.“

Auch Irmgard Schwaetzer, Präses der Synode der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD), kann sich „eine generelle Anhebung des Mindestalt­ers für beide Ehepartner auf 18 Jahre gut vorstellen“. Ausnahmere­gelungen sollten fallen.

Der Chef der Deutschen Polizeigew­erkschaft, Rainer Wendt, nannte den Begriff Kinderehe verharmlos­end, denn „es sind keine Ehemänner, sondern oft Kinderschä­nder, die bestraft werden müssen“. (KNA)

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