Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Recht auf ewige Ruhe
Muslimischer Bestattungsritus contra Thüringer Bestattungsgesetz
Der Innenausschuss des Landtags berät gerade Änderungen im Thüringer Bestattungsgesetz. Es geht darum, den geltenden Friedhofszwang zu lockern. Immer mehr Menschen wünschen sich die Ruhe ihrer Asche in Fried- oder Bestattungswäldern.
Gänzlich unbeachtet lassen die Abgeordneten bei ihrer Gesetzesnovelle ein anderes Problem: Muslime bestatten ihre Verstorbenen zwar im Grab, allerdings gehüllt in Leichentücher. Ohne Sarg.
Paragraph 23 Thüringer Bestattungsgesetz indes verfügt: „Erdbestattungen dürfen nur auf Friedhöfen und unter Verwendung eines Sarges vorgenommen werden.“Der nächste Satz lässt Ausnahmen „im Einzelfall“zu. Aber nur, wenn „ein wichtiger Grund“vorliegt und die Ordnungsbehörde sich mit der unteren Gesundheitsbehörde darauf einigen kann. Es geht also auch ohne Sarg, aber der Verwaltungsaufwand ist hoch.
In Thüringen, hieß es kürzlich, habe es bisher nur in Erfurt Bestattungen nach muslimischem Ritus gegeben. Der dortige Hauptfriedhof verfügt seit 2001 über ein entsprechendes Grabfeld. Vier bis fünf Beerdigungen pro Jahr finden hier statt. Ohne Sarg? Nein, sagt Jens Kratzing, Abteilungsleiter Friedhofsund Bestattungswesen bei der Stadtverwaltung. Man habe sich bisher mit Angehörigen und der Glaubensgemeinde einigen können. Rückfragen bei religiösen Autoritäten hätten ergeben, dass das Erdmöbel nicht unbedingt als Hindernis für den Einzug ins Paradies anzusehen sei.
Da es im Islam aber verschiedene Strömungen gibt, muss das keineswegs die Standardantwort sein. Einige Bundesländer, sagt Kratzing, hätten inzwischen klare Regelungen für Erdbestattungen ohne Sarg.
Hinzu kommt, dass in muslimischen Gesellschaften Verstorbene ein Recht auf ewige Ruhe haben. Auch das passt nicht zu deutschen Friedhöfen. Hier werden Grabstellen nach 15 bis 25 Jahren eingeebnet und neu vergeben.