Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Neue Welten tun sich auf
Bis zu 50 000 Menschen kamen zum Festival „Genius Loci Weimar“in den Ilmpark
Weder auf den ersten noch zweiten Blick war es unbedingt zu sehen: Doch irgendwie war der alte Goethe immer anwesend, als die Kunst der Videoprojektion die Massen ergriff. Nicht nur ist die Gestalt des Ilmparkes ohne diesen nicht zu denken. Hier fing er an, „als Eventmanager aufzutreten“und überdies das erste Lichtfest zu veranstalten. So beschreibt es Martin Hinz von „Genius Loci Weimar“. Das fünfte Festival für Fassadenprojektionen zog nach ersten Schätzungen der Veranstalter bis zu 50 000 Menschen im nächtlichen Park zum Licht. Es wirkte erhellend auf eigene Weise, indem es den Geist des Ortes (genius loci) stets im Blick hatte, ohne ihn platt zu bedienen. Neue Welten taten sich auf.
„Wir wollen“, erklärte die Künstlerin Vanessa Hafenbrädl, „durch maximale Ästhetik Sichtweisen ändern.“Das gelang, alles in allem, im Weltkulturerbe Ilmpark. Es gelang besonders am großen Stern, für den Hafenbrädl die wesensveränderte Illusion „Erlinde“erfand. Dort aber besonders.
Musiker kritisiert Qualität der Technik
Nicht an einer Fassade, aber auf drei Wasserschildern, wie sie Feuerwehren aufbauen, um angrenzende Häuser bei Bränden zu schützen, vermischte sie Geschlechter, Tiere, Pflanzen zu irrlichternden Gestalten im Ilmwasser. Das kulminierte im Tanz einer Erlkönigin (Maribel Dente), deren Körper in einer Röhre aus Licht und Nebel pulsiert, als gebäre sie ein Universum.
Einen Stern zum Mond machte die Gruppe Greatmade aus Erfurt: Am Turm des Tempelherrenhauses, den Goethe in seiner Form beeinflusste, begann eines der Pentakel hell zu leuchten und zog einen Raben in seinen Bann. Der zerschellt am Mond, ersteht neu, nimmt den Mond als Perle in den Schnabel und vereint sich mit ihm im Licht.
Diese einzigartige Erzählung „Romanzero“entstand aus handgezeichneten und animierten Schwarzweißbildern. Das Publikum war fasziniert, der Musiker Patrick Föllmer („Lilabungalow“) leicht frustriert. Dem Festival attestierte er am Sonntag Unprofessionalität, da es veraltete Technik verwende, die seine Komposition nicht sauber wiedergeben könne.
Große Probleme mit der Projektionstechnik hatte am Freitag die Gruppe Omai (Wien). Die wurden über Nacht behoben. Doch hatte es mit Technik wenig zu tun, dass die Projektion an der Sternbrücke vergleichsweise abfiel. Das Ballett lustiger Geister aus Wasser und Feuer, die ins Räderwerk städtischer Zivilisation geraten, wirkte wie eine Parodie auf Genius Loci. Nicht weniger, nicht viel mehr.
„Genius Loci Weimar“aber hat sich als bleibendes Ereignis im August eingeschrieben.