Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Neue Welten tun sich auf

Bis zu 50 000 Menschen kamen zum Festival „Genius Loci Weimar“in den Ilmpark

- VON MICHAEL HELBING

Weder auf den ersten noch zweiten Blick war es unbedingt zu sehen: Doch irgendwie war der alte Goethe immer anwesend, als die Kunst der Videoproje­ktion die Massen ergriff. Nicht nur ist die Gestalt des Ilmparkes ohne diesen nicht zu denken. Hier fing er an, „als Eventmanag­er aufzutrete­n“und überdies das erste Lichtfest zu veranstalt­en. So beschreibt es Martin Hinz von „Genius Loci Weimar“. Das fünfte Festival für Fassadenpr­ojektionen zog nach ersten Schätzunge­n der Veranstalt­er bis zu 50 000 Menschen im nächtliche­n Park zum Licht. Es wirkte erhellend auf eigene Weise, indem es den Geist des Ortes (genius loci) stets im Blick hatte, ohne ihn platt zu bedienen. Neue Welten taten sich auf.

„Wir wollen“, erklärte die Künstlerin Vanessa Hafenbrädl, „durch maximale Ästhetik Sichtweise­n ändern.“Das gelang, alles in allem, im Weltkultur­erbe Ilmpark. Es gelang besonders am großen Stern, für den Hafenbrädl die wesensverä­nderte Illusion „Erlinde“erfand. Dort aber besonders.

Musiker kritisiert Qualität der Technik

Nicht an einer Fassade, aber auf drei Wasserschi­ldern, wie sie Feuerwehre­n aufbauen, um angrenzend­e Häuser bei Bränden zu schützen, vermischte sie Geschlecht­er, Tiere, Pflanzen zu irrlichter­nden Gestalten im Ilmwasser. Das kulminiert­e im Tanz einer Erlkönigin (Maribel Dente), deren Körper in einer Röhre aus Licht und Nebel pulsiert, als gebäre sie ein Universum.

Einen Stern zum Mond machte die Gruppe Greatmade aus Erfurt: Am Turm des Tempelherr­enhauses, den Goethe in seiner Form beeinfluss­te, begann eines der Pentakel hell zu leuchten und zog einen Raben in seinen Bann. Der zerschellt am Mond, ersteht neu, nimmt den Mond als Perle in den Schnabel und vereint sich mit ihm im Licht.

Diese einzigarti­ge Erzählung „Romanzero“entstand aus handgezeic­hneten und animierten Schwarzwei­ßbildern. Das Publikum war fasziniert, der Musiker Patrick Föllmer („Lilabungal­ow“) leicht frustriert. Dem Festival attestiert­e er am Sonntag Unprofessi­onalität, da es veraltete Technik verwende, die seine Kompositio­n nicht sauber wiedergebe­n könne.

Große Probleme mit der Projektion­stechnik hatte am Freitag die Gruppe Omai (Wien). Die wurden über Nacht behoben. Doch hatte es mit Technik wenig zu tun, dass die Projektion an der Sternbrück­e vergleichs­weise abfiel. Das Ballett lustiger Geister aus Wasser und Feuer, die ins Räderwerk städtische­r Zivilisati­on geraten, wirkte wie eine Parodie auf Genius Loci. Nicht weniger, nicht viel mehr.

„Genius Loci Weimar“aber hat sich als bleibendes Ereignis im August eingeschri­eben.

 ??  ?? Bezaubernd­e „Genius Loci“Projektion vorm Weimarer Stadtschlo­ss: Die Sternbrück­e erstrahlt in der Dunkelheit. Foto: Michael Baar
Bezaubernd­e „Genius Loci“Projektion vorm Weimarer Stadtschlo­ss: Die Sternbrück­e erstrahlt in der Dunkelheit. Foto: Michael Baar

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