Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Kein Olympiasie­ger der Herzen: Harting sorgt für Affront

Leichtathl­etik Diskuswurf­Sieger verscherzt sich mit seinem despektier­lichem Verhalten viele Sympathien

- VON ANDREAS SCHIRMER

Nach dem größten Triumph seines Lebens geriet Christoph Harting wegen seines Affront-Auftritts auf dem Gold-Podest von Rio in große Erklärungs­not. „Wie bereitet man sich darauf vor, Olympiasie­ger zu werden? Ich meine, selbst bei aller Tagträumer­ei, die man irgendwie vollziehen kann sowas kannst du dir nicht vorstellen, sowas kannst du dir nicht ausmalen“, sagte der 26 Jahre alte Berliner in einem Interview der ARD und versuchte, sich zu rechtferti­gen: „Stillstehe­n war nicht so meins, deswegen ist das vielleicht falsch angekommen.“

Empörte Reaktionen aus der Heimat

Es kam nicht nur falsch an, Christoph Hartings despektier­liches Verhalten nach seinem sensatione­llen Olympiasie­g im Diskuswerf­en sorgte für einen Shitstorm aus der Heimat und Entrüstung im deutschen Lager. „Seine sportliche Leistung war großartig, aber sein Verhalten bei der Siegerehru­ng ist unwürdig gewesen“, tadelte der deutsche Leichtathl­etik-Präsident Clemens Prokop den jüngeren Bruder von Weltmeiste­r Robert Harting nach dessen GoldCoup.

Harting hatte während der Medaillenz­eremonie Faxen gemacht, die Arme verschränk­t, Grimassen geschnitte­n und beim Abspielen der Nationalhy­mne geschunkel­t. „Ich bin ein Mensch, der Rhythmus braucht, der Rhythmus liebt“, meinte er bei einer nicht minder skurrilen Pressekonf­erenz. Lachen konnte Michael Vesper über diesen Auftritt gar nicht. „Was Christoph Harting bei der Siegerehru­ng gezeigt hat, war nicht gut“, kritisiert­e der Chef de Mission. „Er ist Teil unserer Mannschaft und Botschafte­r unseres Landes.“Harting meinte in der ARD, dass er auf dem Podium noch halb im Wettkampfm­odus gewesen sei. „Du bist im Kopf eigentlich völlig woanders, du bist hormontech­nisch völlig übersteuer­t“, sagte er. Allerdings hatte er auch nach der Siegerkür sein befremdlic­hes Verhalten fortgesetz­t. „Schönen guten Tag, ich freue mich, Sie zur Pressekonf­erenz, die relativ schweigend verlaufen wird, begrüßen zu dürfen“, sagte er. „Ich bin Sportler und kein PR-Mensch, ich beantworte echt ungern Fragen.“

Mit Blick auf den nicht gerade geliebten Bruder Robert, einen der Wortführer der deutschen Athleten, fügte er an: „Extroverti­erte Menschen wollen wahrgenomm­en werden. Ich bin ein introverti­erter Mensch und fühle mich völlig unwohl hier.“

Selbst Hartings Trainer Torsten Lönnfors war einfach nur entsetzt. „Keine Ahnung, was das sollte, ich verstehe es nicht. Christoph muss aufpassen, dass er jetzt nicht frei dreht“, sagte der Coach der „Bild“-Zeitung. Sein Kollege, der Schnellfeu­erpistolen-Bundestrai­ner Detlef Glenz, hatte ebenfalls kein Verständni­s für die Respektlos­igkeit. „Es ist ein absolutes No-Go, das geht gar nicht“, sagte er.

Jasinski nach Bronze in JubelLaune

Empörte Reaktionen gab es auch aus der Heimat. „Gold im Diskus ist echt super geil!!! Aber für dieses Verhalten schäme ich mich in Deutschlan­d vor dem TV!“, schrieb der frühere Weitsprung-Europameis­ter Sebastian Bayer auf seiner FacebookSe­ite. Der ehemalige HandballNa­tionalspie­ler Pascal Hens ätzte: „Das Verhalten bei der Nationalhy­mne ist einfach nur peinlich und respektlos!“

In Schutz genommen wurde Christoph Harting von seinem Vater. „Wir haben die Siegerehru­ng auf der Großleinwa­nd mitverfolg­t. Das ist Christoph und seine Art, Erfolge zu feiern“, sagte Gerd Harting der Deutschen Presse-Agentur. „Christoph will seinen Spaß haben.“

Nur, kaum jemand fand den Auftritt lustig. „Aus meiner Sicht war das nicht optimal“, sagte der Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s, Alfons Hörmann.

Bezeichnen­d war auch Christoph Hartings Einordnung seines Erfolgs mit etwas Abstand. „Ich bin zur Legende geworden. Ich denke, ich bin in jedem Sportgesch­ichtsbuch. In allen sportpolit­ischen Magazinen kann man nachlesen, wer wann Olympiasie­ger war“, sagte der 2,07 Meter große Athlet.

Erst im letzten Versuch hatte Harting mit 68,37 Meter sensatione­ll den Polen Piotr Malachowsk­i vom Gold-Rang verdrängt und sich damit zum Nachfolger seines Bruders Robert gekürt. Gehandicap­t durch einen Hexenschus­s war der Olympiasie­ger von 2012 in der Ausscheidu­ng gescheiter­t.

Nicht vermiesen lassen wollte sich der Wattensche­ider Daniel Jasinski seine Jubel-Laune nach Bronze. „Seine Leistung war wahnsinnig, den Rest muss er selbst wissen“, kommentier­te er das Geschehen um Harting.

 ??  ?? Christoph Harting gewinnt mit seinem letzten Versuch die Goldmedail­le und benimmt sich später völlig daneben. Foto: Sascha Fromm
Christoph Harting gewinnt mit seinem letzten Versuch die Goldmedail­le und benimmt sich später völlig daneben. Foto: Sascha Fromm

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