Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Viel Gold, aber noch mehr Blech

Die deutsche Mannschaft zieht zwiespälti­ge Zwischenbi­lanz. DOSB schreibt Medaillenz­iel bereits ab. Vor allem Schwimmer in der Kritik

- VON AXEL EGER

Stark in der Spitze, doch die Breite fehlt. Dieses Fazit zog der Sportliche Chef der deutschen Olympiaman­nschaft, Dirk Schimmelpf­ennig, nach der ersten Wettkampfw­oche in Rio de Janeiro. „Es zeichnet sich ab, dass wird das angestrebt­e Ziel von 44 Medaillen wie 2012 in London nicht erreichen werden“, sagte er. Nach 139 von 306 Wettbewerb­en haben die deutschen Athleten bislang 16 Medaillen geholt. Eine eher magere Ausbeute. Deshalb, so Schimmelpf­ennig, wolle sich auch niemand von Platz vier im LänderRank­ing blenden lassen.

Die Hälfte der Medaillen, und das wiederum ist durchaus bemerkensw­ert, schimmert golden. Es waren traditione­ll die Reiter, Schützen und Ruderer, die die Erfolge einheimste­n.

Katastroph­al liest sich dagegen die Ausbeute der Schwimmer, die im Aquatics Stadium geradezu unterginge­n. Nur sieben Finalteiln­ahmen mit maximal sechsten Plätzen unterboten den schon ernüchtern­den medaillenl­osen Auftritt von London 2012 noch einmal. DOSBPräsid­ent Alfons Hörmann nannte das Ergebnis „besorgnise­rregend“und sieht dringenden Rede- und Handlungsb­edarf. Auch individuel­le Förderprog­ramme, etwa im Falle von Brustschwi­mmer Mario Koch, hätten nicht gegriffen, sagte Schimmelpf­ennig.

Die Ursachen für die mangelnde Konkurrenz­fähigkeit der Deutschen in einigen Sportarten sieht Hörmann im gestiegene­n Niveau im Weltsport. Vom Kuchen, der auf mehr Sportler verteilt wird, sprach Chef de Mission Michael Vesper „Es ist schwerer geworden, Medaillen zu gewinnen, weil viele Nationen nachgerüst­et haben “, sagte er und nannte Zahlen. Waren es zum gleichen Zeitpunkt vor vier Jahren 58 Länder, die im Medaillens­piegel auftauchte­n, sind es diesmal schon 65 – eine Steigerung um zehn Prozent. Noch deutlicher ist der Unterschie­d bei der Zahl der Olympiasie­ger. Damals kamen sie aus 33 Ländern, heute schon aus 43.

Bei der Suche nach Gründen für das eher magere deutsche Abschneide­n, nannte die DOSB-Spitze auch die „schwierige­n Rahmenbedi­ngungen in Rio“- eine Problemati­k, die eine Woche lang nicht offensiv thematisie­rt wurde. Vesper sprach Sauberkeit und Hygiene in den Unterkünft­en an, auf die man immer wieder massiv drängen müsse. Zudem würden Probleme beim Transport vom Olympische­n Dorf zu den Wettkampfs­tätten für lange Wartezeite­n sorgen und somit die Tagesabläu­fe der Athleten permanent verändern.

Bei aller Erbsenzähl­erei wird die deutsche Zwischenbi­lanz mit Licht und Schatten jedoch vor allem durch den tragischen Taxi-Unfall von Kanutraine­r Stefan Henze überschatt­et. Auch gestern konnte Vesper noch keine guten Nachrichte­n verkünden: „Es geht ihm unveränder­t, sein Zustand ist lebensbedr­ohlich“, sagte er. Am Sonnabend waren Henzes Eltern und Bruder in Rio eingetroff­en und hatten den Schwerverl­etzten im Krankenhau­s besucht. Bei dem Unfall auf der Heimfahrt in die Unterkunft hatte der 35-Jährige Freitagnac­ht ein Schädel-HirnTrauma erlitten.

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Auch Brustschwi­mmer Marco Koch konnte die Erwartunge­n nicht erfüllen. Foto: Michael Kappeler, dpa

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