Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Wir versuchen, in entspannter Atmosphäre streng zu sein
Prüferin Anja Heilmann über die Aufgaben und Herausforderungen als „Geprüfter Netzmonteur“
Die Wahl des richtigen Berufes ist eine der grundlegenden Entscheidungen im Leben eines jungen Menschen – aber auch mit die schwierigste, denn bundesweit sind derzeit 350 verschiedene Ausbildungsberufe im Angebot. Aus diesem Grund ist es ganz besonders wichtig, sich frühzeitig mit der Berufswelt auseinanderzusetzen und entscheidende Fragen im Vorfeld zu beantworten. In Kooperation mit der IHK Erfurt kommen Prüferinnen und Prüfer zu Wort, die über die Anforderungen in den jeweiligen Berufen und ihre ehrenamtliche Tätigkeit berichten. „Ob Fernwärme, Gas-, Wasser- oder Stromversorgung: Netzmonteure sind die Spezialisten für die Montage, den Betrieb und die Wartung von Verteilungsanlagen in den verschiedensten Versorgungsbereichen.“ Anja Heilmann arbeitet bei der Thüringer Energie AG, dem größten kommunalen Unternehmen in Thüringen. Die studierte Diplom-Ingenieurin ist seit 1991 berufstätig. Die Leitung der ersten Baustellen war für die damals 23-Jährige eine Herausforderung. „Das Freischwimmen war hart, aber herzlich“, erklärt sie. Seit zehn Jahren engagiert sich Anja Heilmann als ehrenamtliche Prüferin. Sie ist Vorsitzende im Prüfungsausschuss für den Beruf zum Netzwerkmonteur – Handlungsfeld Gas – und prüft selbst in den Fächern Technologie, Funktionsanalyse und in der fachpraktischen Prüfung inklusive des Fachgespräches mit.
Was hat Sie bewogen, diese ehrenamtliche Tätigkeit auszuüben?
Nun ja, es gehört zu meinem Job, mich um den gesamten Lehrgang zu kümmern, der unsere Fachkräfte auf die Prüfung zum „Geprüften Netzmonteur Gas“vorbereitet. Dies nicht mit der ehrenamtlichen Tätigkeit abzurunden, wäre für mich nicht stimmig.
Brauchten Sie eine zusätzliche spezielle Ausbildung für das Ehrenamt?
Jein. Zunächst muss man natürlich sattelfeste Kenntnisse in dem zu prüfenden Fach besitzen, muss stets auf dem Laufenden bleiben, sich informieren, sich selbst weiterbilden. Das versteht sich von selbst. Wichtig sind aber auch ein klares Urteilsvermögen für eine korrekte Bewertung und Einfühlungsvermögen im Umgang mit den Prüfungsteilnehmern. Alles Weitere bringen die Schulungen, die man als Prüfer seitens der IHK angeboten bekommt.
Wie dürfen wir uns den Ablauf der Prüfung in diesem Beruf vorstellen?
Die schriftlichen Prüfungen kann sich sicher jeder vorstellen. Das kennt man weitestgehend aus der Schule. Die Fächer, die hier absolviert werden müssen, heißen „Betriebswirtschaftliches und rechtsbewusstes Handeln“, „Kundenorientiertes Handeln“, „Technologie“und „Funktionsanalyse“. Diese Prüfungen dauern jeweils 90 Minuten. Hinzu kommt eine umfangreiche Fachpraxisprüfung mit einer Prüfungsdauer von zwei Stunden, in der wir bis zu acht Teilnehmer gleichzeitig prüfen. Zum Beispiel muss ein Hausanschluss in Betrieb genommen, ein Zähler gesetzt, eine Schadstelle behoben werden. Hier gibt es diverse Möglichkeiten, die wir allesamt den Anforderungen aus der Praxis entnommen haben. Nach der Fachpraxis folgt ein Fachgespräch. Das läuft wie jede bekannte mündliche Prüfung ab und dauert 15 bis 30 Minuten.
Prüfungssituationen sind für niemanden einfach und die Teilnehmer sicher aufgeregt. Wie gehen Sie damit um?
Wir versuchen, in einer entspannten Atmosphäre streng zu sein. Natürlich müssen wir unserer Verantwortung als Prüfer gerecht werden und kontrollieren, ob das notwendige Fachwissen und das fachliche Können auch vorhanden sind. Letztlich muss jeder, der die Prüfung bestanden hat, in der Lage sein, die täglich anfallenden Arbeiten im Gasnetz unseres Versorgungsbereiches fachgerecht auszuführen.
Wie sollte man sich auf die Prüfungen vorbereiten? Was empfehlen Sie?
Kontinuierlich lernen – nicht erst kurz vor der Prüfung. Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, das Wissen praktisch zeitnah umzusetzen, das bedeutet Handlungssicherheit durch umfangreiches Arbeiten im zu prüfenden Handlungsfeld, also im Gasnetz, an Gasanlagen, zu erlangen. Das ist die große Herausforderung bei der Fortbildung zum Netzmonteur – dies neben der „eigentlichen“Arbeit einzufordern und eben auch zu tun. Im Übrigen lassen wir zur Prüfung auch nur diejenigen zu, die eine ausreichende praktische Erfahrung und Handlungsfähigkeit nachweisen können. Wichtig ist auch, über den Ablauf der Prüfungen Bescheid zu wissen. Deshalb informieren wir die Teilnehmer genauestens über den Ablauf, die Anforderungen und die Schwerpunkte der Prüfung. So können sie sich dann hundertprozentig auf den Inhalt konzentrieren.
Was wird in der Prüfung häufig falsch gemacht?
Meiner Erfahrung nach ist der größte Fehler der, dass die Aufgaben nicht richtig gelesen werden und in der Fachpraxis nicht strukturiert genug und zu hastig an die Aufgabe herangegangen wird. Diese Fehler sind meistens der Aufregung geschuldet.
Unterstützt Sie Ihr Arbeitgeber bei der ehrenamtlichen Tätigkeit?
Ja, ich werde zu allen Prüfungen freigestellt und bekomme hierfür genügend Freiraum.