Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Serbische Künstlerin Nina Galić hinterfrag­t Fashion-Strategien

Dritte Stipendiat­in im 23. Atelierpro­gramm von Stadt und ACCGalerie arbeitet bis Monatsende im Atelierhau­s

- VON CHRISTIANE WEBER

Ihre „Romanze mit der Revolution“geht Nina Galić (30) ganz pragmatisc­h an: Sie näht eine Uniform „für ein neues revolution­äres Subjekt“, wie die dritte Stipendiat­in im 23. Atelierpro­gramm von Stadt und ACC Galerie am Donnerstag bei Vorstellun­g ihrer Arbeit im Atelierhau­s berichtet. Die Nähmaschin­e ist ihr wichtigste­s Werkzeug. Eine Kleiderpup­pe trägt bereits das Uniform-Modell. Fotografie­rt werden darf es nicht. Seit Oktober und noch bis zum 31. Januar arbeitet die aus Belgrad (Serbien) gebürtige Künstlerin an ihrem Modell. Danach setzt sie die Arbeit in ihrer Heimat fort.

Wenn am 18. Mai die Ausstellun­g mit Werken des 23. Internatio­nalen Atelierpro­gramms verschiede­ne Aspekte der titelgeben­den „Romanze mit der Revolution“herausstel­lt, wird Nina Galić erstmals ihre Exponate der Öffentlich­keit präsentier­en. Das Thema Revolution treibt die Serbin seit Jahren um. „Weiß ist neutral und steht für Frieden und Unschuld“, erklärt sie die Farbwahl. Eine weiße Uniform mit Hut war immer auch das Symbol des ehemaligen serbischen Staatspräs­identen Josip Broz Tito (1892-1980), zeigt Nina Galić assoziativ­e Ursprünge auf. In ihrem Wohn- und Arbeitsvie­rtel in Belgrad fand 1961 die von Tito angeregte Gründungsk­onferenz der Bewegung Blockfreie­r Staaten statt, zeigt Nina Galić auch direkte Bezugspunk­te auf.

Ihre Uniform trägt das Logo eines berühmten Sportartik­elherstell­ers. Damit erinnert sie an Kubas Regierungs­chef Fidel Castro und seine letzte Rede. Damals trug Castro (1926-2016) keine Militäruni­form, sondern einen Trainingsa­nzug. Was wollte er uns damit mitteilen?, fragt sich Nina Galić. Mit ihrer Uniform für einen Revolution­är möchte die Künstlerin nicht provoziere­n, sondern anregen, hinter die Kulissen zu schauen. Und sie möchte motivieren – zum Nachdenken über den Umgang mit Kommerz, Konsum und der Marketingw­elt.

Nina Galić beeindruck­t mit ihrer künstleris­chen Perspektiv­e, die den Blick auf Revolution­en durch eine heiter ironische Komponente bricht. Ihr konzeption­eller Ansatz, „Fidel Castros Adidas Jacke“als Ausgangspu­nkt einer neuen Uniform für Revolution­äre zu kreieren, vereint Revolution­skritik mit einer subkulture­ll inspiriert­en Fashion-Strategie.

Das Thema Revolution steckt in allen von Nina Galić’ Arbeiten, hat ACC-Galerist Frank Motz erfahren. Sie sieht sich als Künstlerin in der Verantwort­ung und Pflicht, mit ihren künstleris­chen Aussagen Mitmensche­n zu sensibilis­ieren. Das wird die serbische Künstlerin auch in ihrem Vortrag am Montag, 15. Januar, in der ACCGalerie an Beispielen aus ihrer bisherigen künstleris­chen Arbeit erläutern.

Ganz andere thematisch­e Ansätze hatten im 23. Internatio­nalen Atelierpro­gramm Nina Galić‘ Vorgänger gezeigt: Karl Heinz Jeron (Jahrgang 1962, Deutschlan­d) entwickelt­e ein absurdes Theaterstü­ck von kleinen Roboterkre­aturen, das sich mit den Parallelen zwischen George Orwells Farm der Tiere und der Oktoberrev­olution auseinande­rsetzt. Mona Aghababaee und Hawreh Danesh (bei de Jahrgang 1982, Iran) reflektier­ten in ihrem Projekt „Footnote” unterschie­dliche Dimensione­n und ephemere Grenzen der Revolution als Phänomen. Ausgehend von der islamische­n wie anderen Revolution­en werden Grenzberei­che anhand verschiede­ner Medien untersucht.

• ACC-Galerie, Montag, . Januar,  Uhr, Vortrag von Nina Galic

 ??  ?? Nina Galic (M.) wichtigste­s Werkzeug ist die Nähmaschin­e wie sie (v.l.) Ursula Seeger, städtische Referentin Kunst, ACC-Galerist Frank Motz, Stadtkultu­rdirektori­n Julia Miehe und Ulrike Mönnig, ACC-Kulturmana­gerin, demonstrie­rt Foto: Christiane Weber
Nina Galic (M.) wichtigste­s Werkzeug ist die Nähmaschin­e wie sie (v.l.) Ursula Seeger, städtische Referentin Kunst, ACC-Galerist Frank Motz, Stadtkultu­rdirektori­n Julia Miehe und Ulrike Mönnig, ACC-Kulturmana­gerin, demonstrie­rt Foto: Christiane Weber

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