Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Serbische Künstlerin Nina Galić hinterfragt Fashion-Strategien
Dritte Stipendiatin im 23. Atelierprogramm von Stadt und ACCGalerie arbeitet bis Monatsende im Atelierhaus
Ihre „Romanze mit der Revolution“geht Nina Galić (30) ganz pragmatisch an: Sie näht eine Uniform „für ein neues revolutionäres Subjekt“, wie die dritte Stipendiatin im 23. Atelierprogramm von Stadt und ACC Galerie am Donnerstag bei Vorstellung ihrer Arbeit im Atelierhaus berichtet. Die Nähmaschine ist ihr wichtigstes Werkzeug. Eine Kleiderpuppe trägt bereits das Uniform-Modell. Fotografiert werden darf es nicht. Seit Oktober und noch bis zum 31. Januar arbeitet die aus Belgrad (Serbien) gebürtige Künstlerin an ihrem Modell. Danach setzt sie die Arbeit in ihrer Heimat fort.
Wenn am 18. Mai die Ausstellung mit Werken des 23. Internationalen Atelierprogramms verschiedene Aspekte der titelgebenden „Romanze mit der Revolution“herausstellt, wird Nina Galić erstmals ihre Exponate der Öffentlichkeit präsentieren. Das Thema Revolution treibt die Serbin seit Jahren um. „Weiß ist neutral und steht für Frieden und Unschuld“, erklärt sie die Farbwahl. Eine weiße Uniform mit Hut war immer auch das Symbol des ehemaligen serbischen Staatspräsidenten Josip Broz Tito (1892-1980), zeigt Nina Galić assoziative Ursprünge auf. In ihrem Wohn- und Arbeitsviertel in Belgrad fand 1961 die von Tito angeregte Gründungskonferenz der Bewegung Blockfreier Staaten statt, zeigt Nina Galić auch direkte Bezugspunkte auf.
Ihre Uniform trägt das Logo eines berühmten Sportartikelherstellers. Damit erinnert sie an Kubas Regierungschef Fidel Castro und seine letzte Rede. Damals trug Castro (1926-2016) keine Militäruniform, sondern einen Trainingsanzug. Was wollte er uns damit mitteilen?, fragt sich Nina Galić. Mit ihrer Uniform für einen Revolutionär möchte die Künstlerin nicht provozieren, sondern anregen, hinter die Kulissen zu schauen. Und sie möchte motivieren – zum Nachdenken über den Umgang mit Kommerz, Konsum und der Marketingwelt.
Nina Galić beeindruckt mit ihrer künstlerischen Perspektive, die den Blick auf Revolutionen durch eine heiter ironische Komponente bricht. Ihr konzeptioneller Ansatz, „Fidel Castros Adidas Jacke“als Ausgangspunkt einer neuen Uniform für Revolutionäre zu kreieren, vereint Revolutionskritik mit einer subkulturell inspirierten Fashion-Strategie.
Das Thema Revolution steckt in allen von Nina Galić’ Arbeiten, hat ACC-Galerist Frank Motz erfahren. Sie sieht sich als Künstlerin in der Verantwortung und Pflicht, mit ihren künstlerischen Aussagen Mitmenschen zu sensibilisieren. Das wird die serbische Künstlerin auch in ihrem Vortrag am Montag, 15. Januar, in der ACCGalerie an Beispielen aus ihrer bisherigen künstlerischen Arbeit erläutern.
Ganz andere thematische Ansätze hatten im 23. Internationalen Atelierprogramm Nina Galić‘ Vorgänger gezeigt: Karl Heinz Jeron (Jahrgang 1962, Deutschland) entwickelte ein absurdes Theaterstück von kleinen Roboterkreaturen, das sich mit den Parallelen zwischen George Orwells Farm der Tiere und der Oktoberrevolution auseinandersetzt. Mona Aghababaee und Hawreh Danesh (bei de Jahrgang 1982, Iran) reflektierten in ihrem Projekt „Footnote” unterschiedliche Dimensionen und ephemere Grenzen der Revolution als Phänomen. Ausgehend von der islamischen wie anderen Revolutionen werden Grenzbereiche anhand verschiedener Medien untersucht.
• ACC-Galerie, Montag, . Januar, Uhr, Vortrag von Nina Galic