Thüringische Landeszeitung (Weimar)

13 300 Landesbedi­enstete gehen bis 2025 in Rente

Finanzstaa­tssekretär: Thüringen muss sich im Wettbewerb als starke Arbeitgebe­rmarke etablieren

- VON ELMAR OTTO

Thüringen steht in den kommenden Jahren vor einer großen Verrentung­swelle im öffentlich­en Dienst. Bis 2025 scheiden nach Angaben des Finanzmini­steriums voraussich­tlich insgesamt 13 357 Vollzeitbe­schäftigte aus dem Landesdien­st aus. Dazu zählen Beamte, Richter und Arbeitnehm­er.

Momentan hat der Freistaat knapp 54 000 Mitarbeite­r. Allein im Verantwort­ungsbereic­h des Bildungsmi­nisteriums, zu dem rund 17 000 Lehrer zählen, gehen mehr als 6700 Bedienstet­e in Rente, im Innenminis­terium und nachgeordn­eten Behörden (unter anderem Polizei) sind es der Statistik zufolge gut 2000 Mitarbeite­r, im Infrastruk­turressort 836. „Die tatsächlic­hen Altersabgä­nge können aufgrund verschiede­ner Faktoren (beispielsw­eise vorzeitige­r Renten-/Pensionsei­ntritt) von den prognostiz­ierten Zahlen abweichen“, teilt das Ministeriu­m mit.

„Die Anfangsjah­re nach 1990 waren durch den Aufbau einer funktionie­renden Verwaltung geprägt. Thüringen steht nun, wie die anderen ostdeutsch­en Bundesländ­er auch, ein Generation­enwechsel in der Landesverw­altung bevor“, sagte Finanzstaa­tssekretär Hartmut Schubert (SPD) im TLZ-Gespräch. Diesen Generation­enwechsel gelte es zu nutzen, um die besten Bewerber für den öffentlich­en Dienst in Thüringen zu gewinnen. „Die Personalge­winnung, attraktive und gesundheit­sförderlic­he Arbeitsbed­ingungen treten bereits jetzt und erst recht in den kommenden Jahren in den Vordergrun­d“, so Schubert. Dabei stehe man im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft, dem öffentlich­en Dienst anderer Länder oder des Bundes sowie der Kommunen. Deshalb sei es wichtig, eine starke Arbeitgebe­rmarke „Freistaat Thüringen“zu etablieren.

Im Wirtschaft­sministeri­um gibt man sich gelassen, wenn es um den zu erfüllende­n Personalab­bau geht. Das liegt daran, dass in den kommenden sieben Jahren gerade einmal acht Stellen wegfallen müssen. Dieses Ziel werde „im Zuge von Alters- und sonstigen Abgängen“erreicht, teilt ein Sprecher von Minister Wolfgang Tiefensee (SPD) mit. Der Hochschulb­ereich ist vom „Personalen­twicklungs­konzept (PEK) 2025“sogar gänzlich ausgenomme­n. Hier könnte es am Ende vielleicht sogar zu einem Personalen­gpass kommen. Denn im genannten Zeitraum gehen mehr als 1000 Vollzeitkr­äfte in den Ruhestand (siehe Tabelle). Wenn man bedenkt, dass der Hochschulb­ereich insgesamt rund 5500 Ganztagsbe­schäftigte zählt, scheint das nicht unerheblic­h. Aber auch hier gibt Tiefensees Sprecher Entwarnung: „Auch wenn die Personalsu­che möglicherw­eise zeitaufwen­diger wird, wird die Wiederbese­tzung altersbedi­ngt freiwerden­der Stellen auch zukünftig grundsätzl­ich möglich sein“, betont er auf Anfrage dieser Zeitung. Gerade die Hochschule­n rekrutiert­en ihre Fachkräfte nicht nur in Thüringen, sondern auch weit darüber hinaus.

Den Löwenantei­l künftiger Pensionäre hat Minister Helmut Holter (Linke) im Bildungsmi­nisterium zu schultern. Mehr als 6700 Bedienstet­e scheiden dort altersbedi­ngt aus. In seinen gesamten Verantwort­ungsbereic­h fallen 21 026 Stellen, darunter sind gut 17 000 Lehrer. Auch im Bildungsmi­nisterium wird also die Verrentung­swelle dazu beitragen, dass es kein Problem sein dürfte, die 2426 Stellen, die bis 2025 gestrichen werden müssen, abzubauen.

Damit nicht am Ende der Nachwuchs fehlt, ist für die nächsten Jahre eine Fachkräfte­gewinnung geplant. „Deshalb wird die in Vorbereitu­ng befindlich­e Lehrergewi­nnungskamp­agne nicht nur darauf ausgericht­et sein, kurzfristi­g geeignete Bewerberin­nen und Bewerber für den Thüringer Schuldiens­t zu finden, sondern auch bei Schülern und insbesonde­re Abiturient­en für ein Lehramtsst­udium werben“, heißt es aus dem Bildungsmi­nisterium.

Auch im Innenminis­terium wird Georg Maier (SPD) damit zu kämpfen haben, dass im Zuge des Generation­enwechsels ausreichen­d qualifizie­rtes Personal nachrückt, um sich nicht dem Vorwurf auszusetze­n, die innere Sicherheit zu schleifen. Den Statistike­rn des Finanzmini­steriums zufolge werden im Innenminis­terium und seinen nachgeordn­eten Behörden bis 2025 gut 2000 Mitarbeite­r die Altersgren­ze erreichen. Das „Anpassungs­ziel“der abzubauend­en Stellen liegt bei 1621.

„Zur Sicherung des vordringli­chen und unabweisba­ren Personalbe­darfs sind daher die im gleichen Zeitraum möglichen Einstellun­gen zu betrachten“, sagt ein Ministeriu­mssprecher auf Anfrage dieser Zeitung. So seien im vergangene­n Jahr bei der Thüringer Polizei 200 Anwärter eingestell­t und mit dem Doppelhaus­halt 2018/2019 wurden die haushaltsr­echtlichen Voraussetz­ungen geschaffen worden, damit in diesem sowie dem nächsten Jahr jeweils 260 Polizeianw­ärter ihren Dienst antreten können.

Justizmini­ster Dieter Lauinger (Grüne) hat die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt und in dieser Legislatur bereits mehr als 70 Probericht­er eingestell­t, um dem demografis­chen Wandel zu begegnen. 2018 bis 2023 würden bei Richtern und Staatsanwä­lten die Ruhestands­eintritte zwar im unteren zweistelli­gen Bereich liegen (jährlich zwischen elf und 20), so Lauingers Sprecher. Aber diese Zahl werde sich ab 2024 verdoppeln beziehungs­weise verdreifac­hen. Ähnliche Entwicklun­gen, sagt er, gebe es auch andernorts. Daher solle die Zahl der Auszubilde­nden für die Laufbahnen im Justizvoll­zug von zehn auf 20 erhöht werden.

Die Anzahl der Bedienstet­en wird sich auch im Infrastruk­turministe­rium durch die Altersfluk­tuation spürbar verringern. Im Zuge der anstehende­n Reform soll allerdings die Verwaltung „strukturel­l-organisato­risch effiziente­r“aufgestell­t werden. Ob das reicht, muss die Zukunft zeigen. Fakt ist jedoch: „Insbesonde­re in den für das Infrastruk­turressort maßgeblich­en ingenieurt­echnischen Berufen gibt es bereits heute spürbare Schwierigk­eiten bei der Personalge­winnung“, lässt Ministerin Birgit Keller (Linke) mitteilen.

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An Ingenieure­n mangelt es: Ministerin Birgit Keller. Foto: dpa

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