Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Emmerlings Anforderungsprofil: „Jung, hungrig, robust“
Trotz aller Querelen in der Führungsetage bastelt der RotWeißTrainer hinter den Kulissen an der Mannschaft der Zukunft
Stefan Emmerling kann sich derzeit über fehlende Arbeit nicht beklagen. Trotz der fehlenden sportlichen Perspektive in Liga drei. Oder gerade deswegen. „Wir sind viel unterwegs“, verrät der Rot-Weiß-Trainer. Keine 18 Stunden nach dem Abpfiff in Wiesbaden, wo seine Mannschaft 2:4 (1:3) unterlag, schaute er sich das Duell in der Regionalliga West zwischen Wattenscheid und Wegberg-Beeck an. Unter der Woche weilte er bereits zu Spielen in Leipzig und Bautzen. Es gilt, potenzielle Kandidaten für ein neues Team unter die Lupe zu nehmen.
Ungeachtet aller Turbulenzen an der Clubspitze sieht der unlängst zum sportlichen Leiter beförderte 52-Jährige seine Aufgabe darin, eine konkurrenzfähige Mannschaft für einen avisierten Neuanfang in der Regionalliga Nordost zu formen. Dass dieser nach den Ereignissen in der letzten Woche alles andere als selbstverständlich ist, weiß der frühere Bundesliga-Profi. „Wenn nicht endlich Ruhe in den Verein einkehrt, wird es sehr schwer“, gibt Emmerling zu. Der geschlossene Rücktritt des Aufsichtsrates, dessen harsche Kritik an Präsident Frank Nowag sowie die Ankündigung des Hauptsponsors („Autohaus König“), nicht mehr mit dem Clubchef zusammenarbeiten zu wollen – allesamt Dinge, die weder er noch die Spieler ausblenden können.
Umso erstaunlicher war die mutige Darbietung der Rot-Weißen beim Aufstiegsanwärter Wehen Wiesbaden. Merveille Biankadi und Lion Lauberbach hatten mit ihren jeweils ersten Drittliga-Treffern für die 1:0-Führung bzw. den 2:3- Anschluss gesorgt. Dagegen mussten die Debütanten Charalampos Chantzopoulos und Tobias Kraulich Lehrgeld zahlen. Der Deutsch-Grieche verschätzte sich vor dem 1:1, Eigengewächs Kraulich ließ sich vor dem 1:2 düpieren. Dennoch zollte Emmerling vor allem ihm Respekt: „Für sein erstes Spiel war das ganz manierlich, vor allem im Spielaufbau.“
Kraulich gehört zu denen, die nach Drücken des Reset-Knopfes bleiben sollen. Genauso wie Julian Knoll oder Lion Lauberbach. Das Anforderungsprofil an seine künftigen Schützlinge umreißt der Trainer so: „Jung und hungrig sollen sie sein; zudem eine gewisse Geschwindigkeit und körperliche Robustheit mitbringen, um in der Regionalliga zu bestehen.“Dort gehe es in den Zweikämpfen noch einmal heftiger zur Sache als in Liga drei.
RegionalligaEtat? „1,5 bis 2 Millionen sind nötig“
In einer Woche mit zwei Heimspielen (Mittwoch 19 Uhr gegen Osnabrück, Samstag 14 Uhr gegen Köln) wird Emmerling deshalb auch viele Gespräche führen, die Bereitschaft der Akteure für eine gemeinsame Zukunft abklopfen. Konkret kann er jedoch erst werden, wenn das Budget beziffert ist. „Für eine Mannschaft, die eine gute Rolle spielen kann, sind 1,5 bis 2 Millionen nötig“, schätzt der Chefplaner ein.
Eine Summe, die selbst im Falle eines erfolgreichen Schuldenabbaus im Insolvenzverfahren nur äußerst schwer aufzutreiben ist. In der Regionalliga fällt die knappe Million Euro an Fernsehgeldern komplett weg. Die Gehälter müssen folglich drastisch reduziert und der Fokus auf die eigenen Talente aus der U 19 gelegt werden. Allerdings: Nur mit jungen Wilden geht es auch nicht. Darum hat Emmerling erfreut registriert, dass sich Jens Möckel und Carsten Kammlott grundsätzlich bereit erklärt haben, den Neuaufbau mitzugestalten.
„Jede Mannschaft braucht eine Achse. Beide könnten tragende Säulen sein“, sagt der Trainer. Aber erst einmal wünscht er sich vor allem eines: „Endlich Ruhe.“