Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Kircheisen beendet Karriere
Nordische Kombination: Bei Rießles Siegen in Klingenthal gibt der Altmeister seinen Abschied bekannt
Grandioser Start-Ziel-Sieg am Samstag, fulminante Aufholjagd am Sonntag: Olympiasieger Fabian Rießle ist mit einem Doppelerfolg zum Kombinations-König von Klingenthal geworden. Der überragende Schwarzwälder ließ bei seinem zweiten Coup binnen 24 Stunden selbst Rekordweltmeister Johannes Rydzek und dem neuen Gesamtweltcup-Sieger Akito Watabe im Schlussspurt keine Chance. Emotionaler Höhepunkt des Heimweltcups war der Abschied des 25. – Altmeister Björn Kircheisen. Kircheisen beendet seine lange sportliche Karriere. Der Johanngeorgenstädter kündigte dies am Sonntag an, kommende Woche nach dem Weltcup-Finale in Schonach soll es dann offiziell werden. „Es fällt mir sehr schwer, aber ich trage den Gedanken schon länger mit mir herum“, sagte der 34-Jährige. Bundestrainer Hermann Weinbuch bedauerte den Rücktritt. „Ich habe eineinhalb Jahrzehnte mit Björn zusammengearbeitet und verbinde sehr viel mit ihm. Der Mannschaft geht ein großer Athlet und ein Vorbild verloren“, bemerkte der Trainer. Der mittlerweile am Chiemsee lebende Kircheisen möchte als Trainer dem Sport erhalten bleiben.
Kircheisen war 17 Jahre im Weltcup aktiv. 2017 krönte er seine Laufbahn mit dem Gewinn des Weltmeistertitels mit dem Team. Von fünf Olympischen Winterspielen brachte er Abtritt von der großen Bühne: Björn Kircheisen verabschiedet sich in Klingenthal von seinem Heimpublikum. Nach dem Weltcup in Schonach am kommenden Wochenende beendet er seine aktive Laufbahn. Foto: dpa
drei Silbermedaillen sowie einmal Bronze jeweils im Team mit nach Hause. In Pyeongchang kam der Oldie, der erst kurz vor den Spielen die Qualifikation geschafft hatte, allerdings nicht über die Rolle des Ersatzmanns hinaus.
Kircheisen galt als eines der größten Talente in der Nordischen Kombination. Sechs Junioren-WM-Titel deuteten seine Fähigkeiten an, die er auch in den Erwachsenenbereich übertrug. Seine Stärken hatte er im Laufen. Für Aufsehen sorgte er, als er im Dezember 2002 in Trondheim drei Weltcup-Siege innerhalb von 48 Stunden feierte. Insgesamt war er 17 Mal bei Einzel-Weltcups erfolgreich. Elf Silbermedaillen bei Olympischen
17 Jahre lang im Weltcup aktiv
Winterspielen und Nordischen Weltmeisterschaften brachten ihm den Spitznamen „Silbereisen“ein.
Doch zurück zum sportlichen Geschehen in Klingenthal: Rießle unterstrich mit seinem dritten Sieg in Serie binnen fünf Tagen seine herausragende Spätform. Hätte er nicht wie der Rest der deutschen „Dominierer“in den ersten Saisonwochen geschwächelt, wäre Rießle wohl der Gewinner der großen Kristallkugel und damit Nachfolger von Eric Frenzel geworden. Diese sicherte sich am Sonntag durch Platz drei hinter Rießle und Rydzek, der eine Sekunde zurücklag, erstmals der Japaner Watabe, der damit die Serie von Frenzel nach fünf Gesamtweltcup-Siegen
in Folge knackte. Zwei Rennen vor Schluss ist Watabe nicht mehr vom Norweger Jan Schmid abzufangen. Rießle wird wohl Dritter werden vor Rydzek, der am Samstag durch einen Sturz ein besseres Ergebnis als Platz sechs verspielt hatte. Frenzel, der 2008 in Klingenthal den ersten seiner 43. Weltcupsiege gefeiert hatte, gab ebenfalls eine unglückliche Figur ab. Am Samstag hatte er als Vierter knapp das Podest verpasst, am Sonntag machte ihm das wegen der starken Winde abgesagte Springen einen Strich durch die Rechnung, Im provisorischen Wertungsdurchgang, der damit als Renngrundlage herangezogen wurde, hatte Frenzel am Freitag nur Platz 41 belegt
und lief deshalb chancenlos an der Seite von Kircheisen dem Feld hinterher.
Rießle hatte am Samstag den wohl besten Wettkampf seiner Karriere abgeliefert. Erstmals in seiner Karriere lag er bereits nach dem Springen vorne, lief den Vorsprung souverän ins Ziel und hatte sogar noch – absoluter Seltenheitswert in einem Einzelrennen – die Zeit, sich die Deutschland-Flagge zu schnappen. „Ich habe kurz überlegt, ob ich mir das noch erlauben kann“, sagte Rießle, den die unerwartete Spitzenposition zur Halbzeit vor neue Probleme stellte: „Ich weiß jetzt gar nicht, was ich als Führender im Langlauf machen soll.“Letztlich wusste er es aber genau. (dpa)