Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Umstritten­es Meditation­sritual in der Gedenkstät­te

Sozialisti­scher Jugendverb­and demonstrie­rt gegen „OmChanting“in der Jugendbege­gnungsstät­te Buchenwald

- VON JENS LEHNERT

Vier junge Leute harrten am Samstagvor­mittag auf dem schneeverw­ehten Ettersberg aus, um am Obelisken zur Blutstraße hin still zu protestier­en. Ihr Unverständ­nis galt der Bhakti-Marga-Gruppe, die in der Gedenkstät­te Buchenwald ein sogenannte­s „Om-Chanting“ausrichtet­e.

Stella, Johannes, Felix und Jan gehören zum Weimarer Kreisverba­nd von „SJD – Die Falken“. So nennt sich der sozialisti­sche Jugendverb­and Deutschlan­ds, der sich politisch links, aber parteiunab­hängig sieht. Für Samstag meldeten die „Falken“ihre Kundgebung an, um den Zweck des Rituals zu hinterfrag­en, dass sich um 11, um 14 und um 17 Uhr in der Jugendbege­gnungsstät­te vollziehen sollte.

„Bhakti Marga“hatte sich hier getroffen, um mit einem OmChanting den Ort des Schreckens zu heilen. Im Verständni­s der spirituell­en Gruppe, die dem Hinduismus nahe steht, vermag es nur der Schöpfungs­klang „Om“, den Ort von seiner astral noch immer vorhandene­n negativen Energie zu befreien und in positive umzuwandel­n. Das Mittel dazu sehen die Anhänger in einem Meditation­sritual, bei dem das Mantra „Om“erklingt.

Das allerdings sehen die „Falken“nicht als geeignete Form, sich mit der Vergangenh­eit von Buchenwald auseinande­rzusetzen. Die Ideologie von „Bhakti Marga“trete in Konkurrenz zu echtem Antifaschi­smus und ernsthafte­r Bildungsar­beit – und damit letztlich auch zur Arbeit der Gedenkstät­ten.

Umso unverständ­licher war es den „Falken“, dass die Gedenkstät­te Buchenwald das „Om-Chanting“in ihren Räumen zuließ. Während „Bhakti Marga“auch schon im ehemaligen KZ im österreich­ischen Mauthausen sowie in der einstigen NS-Euthanasie-Anstalt im hessischen Hadamar ihr Ritual vollzog, wurde der Gruppe im ehemaligen KZ Flossenbür­g der Zugang verweigert.

Dazu allerdings sah RikolaGunn­ar Lüttgenau von der Gedenkstät­te Buchenwald hier keinen Anlass. „Für uns war das ein normaler Prüfungsvo­rgang: Wird die Geschichte des Ortes negiert? Werden andere Besucher gestört? Das ist beides nicht der Fall. Setzen sie sich mit dem Ort auseinande­r? Das ist der Fall. Es findet eine Führung statt, sie schauen sich einen Film an. Und ein Treffen mit der jüdischen Landesgeme­inde ist ebenfalls geplant“, so Lüttgenau am Samstagvor­mittag. Darüber hinaus sei die Gedenkstät­te keine Glaubenspo­lizei. Vielmehr stehe sie für Religionsf­reiheit. Dass Glaubensüb­erzeugunge­n hier ihre Form von Ritualen abhalten, gehöre zur Normalität.

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Die „Falken“protestier­ten, Rikola-Gunnar Lüttgenau sprach für die Gedenkstät­te. Fotos: Jens Lehnert
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